Dead Beautiful - Deine Seele in mir
den Nacken. Als ich im Schatten eines Baums Schutz suchte, stutzte ich. Lag da etwas im Gras? Irgendetwas Braunes, das aussah wie ein Stock, aber keiner war. Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn und beugte mich hinunter. Ich hörte, wie sich Eleanor näherte, als ich mit meiner Kelle die Wildblumen beiseiteschob. Und hier war es, das, von dem ich jetzt wusste, dass es mich zu sich gezogen hatte. Hinter mir schrie Eleanor auf.
Es war ein Rehkitz, tot und zusammengerollt im Gras.Seine Gliedmaßen lagen in unnatürlichen Winkeln verdreht. Um seinen Kopf schwirrten Fliegen und sein Fell hatte noch sein weiches, gepunktetes Braun.
Binnen Sekunden hatte sich der ganze Kurs um uns geschart und gaffte auf mich und das Kitz. Im Zickzackkurs bewegte sich Professor Mumm durch die Gruppe. Als sie mich erreicht hatte, nahm sie ihren Hut ab und sah erst auf das Kitz und dann auf mich.
»Ich … ich hab es einfach gefunden«, sagte ich. »Ich hab nach dem Boden gesucht …« Auch wenn das nicht die Wahrheit war.
Professor Mumms Gesicht wurde weich und sie nahm mich bei den Schultern. »Jetzt weg hier, Liebes«, sagte sie. »Hilft nichts, hinzuschauen. Man kann ohnehin nichts machen.«
Sie führte uns zurück zur Kapelle, wo sie unsere Kellen und Säckchen mit Erdboden einsammelte. Während sie jeden einzelnen Beutel durchsiebte, murmelte sie Kommentare vor sich hin – keiner war ein Treffer.
Als ich an der Reihe war, nahm sie mein Säckchen und schüttelte es herum. »Eine unorthodoxe Kombination«, sagte sie, fast zu sich selbst. »Krokusse gedeihen normalerweise auf trockenen Böden, kühl und salzig … aber das könnte klappen. Ja … interessant. Sehr interessant. Die Mischung aus rotem Lehm und Öl … das würde definitiv funktionieren.«
Professor Mumm warf mir einen neugierigen Blick zu. »Der Kurs ist für heute beendet.«
Als sich die Gruppe zerstreute, kam Eleanor an meine Seite gerannt. »Was war das eben?«
»Ich bin einfach rumgelaufen und hab’s gefunden«, sagte ich, denn mir war klar, dass es selbst am Gottfried nicht normal war, von einer unsichtbaren Kraft zu einem toten Tier gezogen zu werden.
»Komisch. Es sah so aus, als wüsstest du, wohin du gehst.«
»Wusste ich aber nicht«, sagte ich rasch.
»Wie hast du das übrigens mit dem richtigen Boden so schnell rausgekriegt? Das war ganz schön schlau.«
»Keine Ahnung. Ich dachte irgendwie, dass sich die Erde gut mit der Zwiebel ergänzen könnte. Ähnliche Farbe, und im Vergleich zu der trockenen Zwiebel war der Boden irgendwie fettig.« Ich zuckte mit den Achseln. »Schien mir logisch.«
»Eingebung!«, sagte Eleanor und machte Professor Mumms Stimme nach. »Dein Bauchgefühl!«
Ich musste lachen. »Die ist ziemlich ausgeflippt.«
»Sie unterrichtet Gärtnern . Die braucht ein bisschen Aufregung in ihrem Leben.«
Gerade als wir uns auf den Weg zu Philosophie machen wollten, kam Brett zu uns herübergerannt. »He, du bist ja ein Naturtalent«, sagte er zu mir.
»Hallo, Brett«, strahlte Eleanor und streckte sich ihm entgegen, um ihm mit dem Daumen die Erde vom Gesicht zu wischen.
»Jetzt siehst du aber echt aus wie ein Bauer«, sagte ich.
Er lachte. »So schlimm?«
Eleanors Lächeln wurde breiter. »Ein süßer Bauer.« Brett grinste und ich verdrehte die Augen. Nicht nur körperlich war er Wes ähnlich. Er hatte den gleichen unbekümmerten Gang, und wenn er redete, war alles Flirt und kaum Inhalt;er hatte sogar die gleichen Zähne. Das hätte eigentlich dazu führen müssen, dass ich ihn attraktiv fand, aber stattdessen ließ es ihn gewöhnlich und langweilig wirken.
»So, Mädels, was kommt jetzt?«
»Philosophie«, sagte ich, obwohl Gartenbau morgens derart früh losging, dass wir noch eine kurze Pause vor dem Frühstück hatten. Aber gerade als ich das sagte, kam von Eleanor: »Nichts.«
»Nichts?«, wiederholte Brett. »Daraus müssen wir doch dringend ein Etwas machen. Frühstück?«
Unfähig, mich zu beherrschen, prustete ich los und versuchte es, auf Eleanors drohenden Blick hin, als Husten zu verpacken. Bei wie vielen Mädchen hatte er schon diesen Spruch gebracht? Eleanor lächelte. »Das wär super. Renée hat grad schon gesagt, wie hungrig sie ist.«
»Äh, völlig am Verhungern, ja.«
Als wir ins Megaron eintraten, erzählte Brett von seinen Kursen, seiner Familie und seinen Freunden zu Hause. Manchmal vergaß ich völlig, dass wir uns mit Brett unterhielten, und redete mit ihm, als wäre er Wes. Deshalb war ich
Weitere Kostenlose Bücher