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Dead Beautiful - Deine Seele in mir

Dead Beautiful - Deine Seele in mir

Titel: Dead Beautiful - Deine Seele in mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y Woon
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Aufregung, doch die kam nicht. »Und …?«
    »Und das bedeutet, dass Cassandra auch tot sein könnte, wenn die Séance funktioniert hat«, sagte ich ungeduldig. »Und dass die Lehrer ihren Tod bewusst unter der Decke halten, indem sie allen erzählen, dass sie die Schule gewechselt hat. Warum sollten sie so was tun?«
    »Vielleicht tun sie’s ja gar nicht. Renée, das war eine Séance. Jeder weiß, dass das totaler Quatsch ist. Bei dir hat’s schließlich auch nicht geklappt.«
    »Wahrscheinlich nicht – trotzdem habe ich in der Nacht jemanden heraufbeschworen. Oder zumindest gehört. Und Eleanor auch. Schadet doch nicht, da mal nachzuforschen, oder?«
    »Du müsstest dich echt mal hören! Heraufbeschwören. Was ist bitte aus der sarkastischen, skeptischen Renée geworden, die ich gekannt habe?«
    Frustriert starrte ich auf den Hörer.
    »Geht’s hier darum, dass du deine Eltern vermisst?«
    »Was? Nein. Okay, ja, auch. Aber nicht nur darum. Wenn Cassandra tot ist, heißt das, dass an Benjamins Tod auch was faul ist. Es kann kein Zufall sein, wenn beide so kurz nacheinander sterben.«
    »Genau wie deine Eltern.«
    Ich umklammerte den Hörer fester und versuchte, mich zurückzuhalten. »Es geht nicht bloß um meine Eltern. Es geht um Leute, die sterben. Es geht darum, die Wahrheit rauszufinden.«
    »Renée, es ist okay, dass du deine Eltern vermisst und aus der Bahn geworfen bist wegen ihrem Tod. Ich meine, es ist schwer –«
    »Nein, es ist nicht okay. Wie gesagt, es geht nicht nur um meine Eltern. Warum muss alles mit meinen Eltern zu tun haben?«
    Ich konnte Annie am anderen Ende der Leitung atmen hören. »Weil sie gestorben sind. Und ich weiß, das ist total ungerecht. Mir fehlen sie auch; uns allen –«
    »Nein«, unterbrach ich sie. »Du weißt überhaupt nichts.« Und dann legte ich auf.Wie nennt man eine Geheimgesellschaft, die nicht geheim ist? In Griechenland nannte man sie Pythagoreer. In Deutschland nannte man sie Freimaurer. Und am Gottfried nannte man sie das Wächterkomitee.
    Laut dem Verhaltenskodex bestand seine offizielle Aufgabe darin, »die Stimme der Schülerschaft gegenüber dem Lehrkörper zu vertreten«. Als die Gottfried’sche Variante einer Schülervertretung sollten die Wächter »die Ordnung und den Frieden innerhalb der Schülerschaft bewahren«. Aber das meiste, was wir jemals von ihnen mitbekommen hatten, war das Antippen beim Herbsterwachen gewesen. Weder machten sie die Gangaufsicht noch diskutierten sie mit uns Schulbeschlüsse. Tatsächlich schienen sie nahezu nichts zu tun.
    Trotzdem sah ich sie immer zusammen; sie flüsterten, wenn sie einander im Speisesaal begegneten, oder gingen spätabends in der Gruppe über den Campus, da sie die Einzigen waren, die nach der Sperrstunde noch hinausdurften. Aber was trieben sie dort, wenn sie schon die Aufgaben nicht erfüllten, zu denen man sie bestellt hatte? Jeder wusste, dass sie Privattreffen veranstalteten, aber keiner wusste, wo oder wozu. Charlotte erzählte uns, dass Genevieve oft ohne eine Erklärung über Stunden verschwand. »Etwas Entsetzliches würde geschehen, wenn ich es dir erzählte«, sagte sie. Wir glaubten alle an einen Scherz, aber sie lächelte nie, wenn sie es sagte.
    Der Wandertag war der einzige Tag, an dem das Wächterkomitee eine erkennbare Funktion hatte, nämlich die, uns alle beim ersten Jahresausflug nach Attica Falls zu begleiten. Es war auch der einzige Tag im Semester, an demwir nicht an die Kleiderordnung gebunden waren, was noch spannender gewesen wäre, wenn ich nicht zur Abwehr der arktischen Novembertemperaturen drei Kleiderschichten gebraucht hätte.
    Am Abend zuvor hatte mich Dante angerufen: »Triff mich Attica Passing Nummer 46, um 17 Uhr.« Er verriet mir nicht, warum. Weshalb so spät, wollte ich ihn fragen, aber um nicht neugierig zu wirken, tat ich es nicht. Also notierte ich die Adresse und ging zu Bett.
    Als ich am nächsten Morgen erwachte, blühten an den Scheiben Eisblumen. Es war früh und Eleanor schlief noch, als ich meinen Koffer unter dem Bett hervorzog und meine alte Jeans herauskramte. Seit Monaten hatte ich sie nicht mehr in der Hand gehabt und beim Hineinschlüpfen weckte der abgetragene Stoff in mir eine Flut von Erinnerungen an Kalifornien. Eleanor aber zog nach dem Aufstehen Nylonstrumpfhosen und einen Rock an und stapelte Bücher in ihren Rucksack.
    »Was machst du denn?«
    »Zur Bibliothek gehen«, seufzte sie.
    »Aber heut ist Wandertag!«
    »Oje«, sagte sie. »Das

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