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Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition)

Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Woon
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machen, gar nichts.
    Mein Großvater bedeutete Dustin, seinen Teller abzuräumen, und erhob sich von seinem Stuhl. In der Tür blieb er plötzlich stehen. »Am Freitag werden wir Annette LaBarge nach Wächtertradition beisetzen. Ich rechne mit deiner Anwesenheit. Der Tod ist jetzt dein Beruf. Es wird Zeit, dass du das akzeptierst.«
     
    Die Küste von Maine war gesäumt von zerklüfteten Klippen und seltsam geduckten, knotigen Bäumen. Als wir freitags nach fünfstündiger Fahrt am Hafen von Friendship ankamen, hatte sich schon eine Menge Menschen in schwarzer Trauerkluft am Ufer versammelt. Hinter ihnen lag ein großes Holzboot vor Anker.
Le Prochain Voyage
stand an den Bug gepinselt.
    Brandon Bell, Eleanors großer Bruder, stand daneben und verteilte Gartenschaufeln an die Gäste, während er ihnen an Bord half. Neben ihm stand seine Mutter, eine elegante Blondine. Ich erkannte sie sofort, aber nicht nur,weil ich sie letzten Winter am Gottfried kennengelernt hatte, als Eleanor verschwunden war. Ich hatte sie gerade erst gesehen. Sie war eine ältere Ausgabe des dritten Mädchens auf dem Foto in Miss LaBarges Häuschen. Cindy Bell. So wie ich sie jetzt vor mir hatte, perfekt geschminkt in makellosem schwarzem Anzug, schien es unvorstellbar, dass die beiden Freundinnen gewesen sein konnten. Aber wenn Cindy hier war, hieß das auch, dass Eleanor aus Europa zurück sein musste.
    Brandons Blick blieb kurz an mir hängen, bevor er sich nach einer Schaufel bückte.
    »Danke fürs Kommen«, sagte er und reichte sie mir, ohne mich anzusehen. »Die Zeremonie wird vor Wreck Island stattfinden.«
    Ich hatte eine etwas herzlichere Begrüßung erwartet; schließlich war ich eine der engsten Freundinnen seiner Schwester.
    »Wo steckt Eleanor?«, fragte ich und spähte ihm über die Schulter, auf der Suche nach ihrem blonden Lockenkopf. Ich wollte ihr von meinem Traum berichten, von Miss LaBarges Häuschen und von dem Brief, den meine Mutter geschrieben hatte.
    Brandon sah mich verwundert an. »Sie ist nicht hier«, sagte er, als wäre das eine Selbstverständlichkeit.
    »Was? Warum nicht?«
    »An einer Wächterbeerdigung können nur Wächter teilnehmen.«
    »Oh. Klar«, murmelte ich. Eleanor war kein Wächter mehr; sie war jetzt der Feind. »Wie geht es   –«, wollte ich gerade fragen, aber Brandon ließ mich nicht ausreden.
    »Wäre sehr hilfreich, wenn du jetzt weitergehen würdest«,sagte er und reichte dem Paar hinter mir zwei Schaufeln.
    »Ja, okay«, stammelte ich, getroffen von seiner feindseligen Haltung.
    Auf Deck drängten sich die Lehrer des Gottfried und eine Handvoll älterer Leute, die ich nicht kannte. Genevieve Tart und ein paar andere Gottfried-Schülerinnen standen in geschniegelten Kleidchen am Weintresen und plauderten. Als sie mich sahen, hielten sie inne und drängten sich aneinander, um besser flüstern zu können. Schwarz befrackte Kellner glitten mit Vorspeisentabletts durch die Menge und das leise Murmeln der Gespräche. »
Ohne Partner gearbeitet.
« »
Purer Leichtsinn.
« »
Die Untoten.
« »
Noch nicht mal eine Schaufel hatte sie dabei.
«
    Keine Schaufel? In meinem Traum hatte ich sie ihr entrissen und in den See geworfen. Konnte das wirklich passiert sein? Ich lauschte weiter, aber es kam immer nur das Gleiche. Es war ungewohnt, das Wort »untot« so aus aller Munde zu hören, doch da die Wächter hier unter sich waren, gab es keinen Grund für Heimlichkeiten. Eleanors Mutter war die Einzige, die nicht in eine Unterhaltung verwickelt war. Ganz allein saß sie neben dem Mast, nippte an einem Drink und blickte zum Horizont hinaus. Ein Kellner bot ihr ein Cocktailhäppchen an, aber sie wedelte ihn fort.
    Hinter ihr brach sich die Brandung an der Felsküste und auf einer der Klippen stand plötzlich eine Frau. Sie hatte braunes Haar und trug ein wild flatterndes Kleid, das sich im Wind so um ihren Körper wickelte, dass sie beinahe wie einer der krüppeligen Bäume aussah. Ich duckte mich durch die Spannleinen der Segel, um besser sehen zu können, aber die Leute drängten sich an mir vorbei und versperrtenmir den Blick. Als ich wieder die Küste erkennen konnte, war die Frau verschwunden.
    »Miss LaBarge?«, flüsterte ich und starrte auf die Stelle, wo ich sie zu sehen gemeint hatte. Die Salzluft zerzauste mir das Haar und ich blinzelte. Unsinn, dachte ich und ließ meinen Blick zum geöffneten Sarg auf der anderen Seite des Boots wandern. Ich war derart verstört durch ihren Tod und durch

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