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Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition)

Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Woon
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überhaupt nichts bei dir wettmachen«, sagte ich fassungslos.
    »Jetzt mal Schluss mit den Unfreundlichkeiten«, meinte Anya. »Ich beiß dich schon nicht. Ich brauch ganz einfach Hilfe.«
    Ich zögerte und lauschte auf Clementines musikalische Stimme weiter unten auf dem Flur. »Hilfe wobei?«
    Sie winkte ab. »Ach, nur eine Winzigkeit.«
    Anyas Zimmer war schäbig, vollgestopft mit Amuletten, Federn und einer merkwürdigen Sammlung von Glücksbringern. An den Wänden hingen ein paar Poster, aber alle wirkten irgendwie seltsam, entweder zu klein oder einfach an die falsche Stelle gepinnt. Eine der Glühbirnen in ihrer Deckenlampe war ausgefallen. Zum Ausgleich hatte Anya ein riesiges Windlicht angezündet. Über ihrem Bett hing ein einsames Kruzifix, um das eine Kette mit neonfarbenen Perlen drapiert war.
    Ich setzte mich auf ihre Bettkante. »Was genau soll ich für dich tun?«, fragte ich und fingerte an einer Kette mit Talismanen herum, die von ihrem Bettpfosten herunterbaumelte.
    »Wart mal«, sagte Anya und wühlte sich durch ihre Schreibtischschublade, bis sie ein kleines Nähset gefunden hatte. »Warum bis du heute Morgen kollabiert?« Sie zog eine Nadel aus dem Set und hielt sie in die Kerzenflamme.
    »Keine Ahnung.« Ich hatte keine Lust, ihr von meinen Halluzinationen zu berichten.
    »Na komm schon. Ich bin doch nicht bescheuert«, sagte sie und reichte mir die Nadel. »Halt mal das hier.«
    »Ich mag nicht drüber reden.« Ich nahm ihr die Nadel ab.
    Sie öffnete ihre Schranktür und kramte unter ihren Schuhen herum, bis sie ein klobiges Plateaumodell gefunden hatte. »Ich halt dich eh schon für seltsam, also wird nichts, was du mir erzählst, mich schlechter von dir denken lassen. Und komm mir nicht mit diesem Mist, wie du dem Tod von der Schippe gesprungen bist. Ich glaub kein Wort davon.«
    Nachdem sie die Sohle mit Alkohol abgerieben hatte, platzierte sie den Plateauschuh direkt hinter ihrem Ohr. »Halt das genau hierhin«, sagte sie und ich legte meine Hände eben dorthin, wo ihre gewesen waren. Ich war überrascht, welche Last ihre Worte von mir genommen hatten.
Ich glaub kein Wort davon.
    »Sah es so schrecklich aus?«, forschte ich nach.
    »Du bist vom Stuhl geplumpst und hast dann angefangen zu blinzeln. Du hast einfach nur rumgezwinkert, in einem Wahnsinnstempo, eine Ewigkeit lang.«
    Ich wand mich vor Scham.
    Anya beugte sich hinunter und holte aus einem winzigen Kühlschrank am Boden einen Eiswürfel hervor. Sie rieb ihn sich gegen das Ohr. »Keine Sorge«, sagte sie. »Ich hab schon Schlimmeres gesehen, aber die anderen glauben im Grunde genommen, dass du besessen bist.«
    »Vielleicht bin ich das.«
    Anya schleuderte das Eis zu Boden, nahm mir die Nadel aus der Hand und schüttelte den Kopf. »Glaub ich nicht. Hast du schon mal jemanden gesehen, der besessen ist?«, fragte sie, als hätte sie das sehr wohl. »Du bist zu normal.«
    Anya blickte in den Spiegel und hielt die Nadel an ihr Ohr, das schon viermal durchstochen war. »Okay«, sagte sie. »Den Schuh gut festhalten.«
    »Wart mal, was gibt denn das?«
    »Ich mach mir ein Loch ins Ohr«, sagte sie.
    Ich fuhr zurück. »Nein. Ohne mich.«
    »Wie willst du einen Untoten begraben, wenn du noch nicht mal sehen kannst, wie ich eine Nadel benutze?«, sagte sie und führte meine Hand zurück an ihren Einsatzort. »Du brauchst gar nichts zu tun   – ich mach das. In einer Sekunde ist es vorbei. Halt einfach die Hand still.«
    »Bist du sicher, dass da nichts passieren kann?«, fragte ich, während ich den Schuh fester umklammerte.
    »Na klar.«
    Ich wappnete mich innerlich und versuchte, meine Hand zum Ruhighalten zu bewegen, während ich im Spiegel Anya beobachtete. Ihre Augen waren rot umrändert und wild entschlossen. Sie holte tief Luft und begann, auf Russisch zu zählen.
»Raz, dva   …«
Kurz bevor sie
»tri«
sagen konnte, presste ich meine Augen fest zu und das ganze Zimmer erbebte unter Anyas ohrenbetäubendem, gellendem Schrei.
    Nachdem die Blutung gestillt und der silberne Stecker an Ort und Stelle war, öffnete Anya eine Mandelkeksdose, die sie von ihrem Vater hatte, und wir saßen auf ihrem Flokatiteppich, bis wir ganz zappelig vom Zucker waren. Sie versuchte mir zu erklären, weshalb sie vorhin so in die Luft gegangen war. Sie sprach hastig, in unzusammenhängenden Schüben, und als sie schließlich fertig war, hatte ich es immer noch nicht ganz begriffen. Irgendetwas mit einem Freund, oder vielleicht einem Exfreund, und

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