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Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition)

Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Woon
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seine Brust. »Hör zu«, sagte er. »Ich werde dich nicht verlieren. Ich finde einen Weg.«
    Ich nickte. Ich wollte ihm so gerne glauben. Dann lehnte ich mich neben ihm an den Grabstein und hörte zu, wie die Vögel zwischen den Bäumen und der Kathedrale umherflatterten, sah, wie hinter den hellroten Fenstern das Kerzenlicht flackerte. Quer über den Friedhof drang Gesang zu uns, eine Hymne, und zum ersten Mal seit Monaten vernahm ich Musik und Harmonie statt schlichten Lärms. Dante rutschte ganz dicht an mich heran, so als wollte er unsere zerbrochene Seele wieder zusammensetzen. Ich schloss die Augen. Als die Nacht sich auf uns herabsenkte, drückte ich mein Ohr gegen seine Brust und lauschte seinem unregelmäßigen Herzschlag, ganz im Einklang mitmeinem, während sich in mir die Muskeln erwärmten. Als würde ich endlich erwachen aus meinem tiefen Schlaf.
     
    Als die Kirchturmglocken elfmal schlugen, richtete Dante sich auf. »Ich muss gehen.«
    Ich schob mir das Haar aus dem Gesicht. »Warum?«
    »Immer um Mitternacht machen die Wächter einen Kontrollgang durch die Stadt. Ich muss weit fort sein, wenn es so weit ist.« Er nahm meine Hand und führte mich zur Friedhofspforte.
    »Wann sehe ich dich wieder?«, fragte ich, als er auf die andere Seite schlüpfte.
    Er warf einen misstrauischen Blick auf die Tür der Kathedrale, um sicherzugehen, dass uns niemand belauschte. »Hier kann ich mich nicht aufhalten, viel zu gefährlich. Aber ich komme zurück, sobald ich kann. Zwei Wochen? Vielleicht eher. Wirst du mich spüren können?«
    Ich umklammerte die Eisenstäbe und nickte. »Was tust du in der Zwischenzeit?«
    »Ich suche nach einer Möglichkeit für uns, zusammenbleiben zu können«, sagte er und umfasste meine Hände.
    »Ich auch«, flüsterte ich. Dante ließ meine Hände aus seinen gleiten und verschwand in der Nacht.
    Der Weg zurück zum St. Clément zog sich viel länger als der Hinweg. Nachts waren die Straßen breit und leer, nur dann und wann lungerte ein Raucher vor einer Bar herum. Ich rekonstruierte meine Route und schaffte es schließlich zur Kreuzung vor dem Schulgelände. Es war Viertel vor zwölf. Eben wollte ich die Straße überqueren, die zu der Gasse Richtung St. Clément führte, als zwei Personen verstohlen den Gehweg hinunterhuschten. Sie hielten sichhinter den Straßenlaternen, um nicht gesehen zu werden. Ich duckte mich in den Schatten einer Ulme und beobachtete, wie sie nach links abbogen. Sie trugen lange, dunkle Mäntel, die auch ihr Gesicht verbargen. Einige Augenblicke später erschien ein zweites Paar und dann ein weiteres. Die Wächterpatrouille.
    Ich wartete ab, bis sämtliche Paare sich in verschiedene Richtungen zerstreut hatten. Als die Luft rein war, wollte ich meinen Weg fortsetzen, doch in diesem Moment hielt ein grauer Peugeot vor der Ampel. Am Steuer saß eine Frau mit versteinerten Zügen und braunem Haar, mit einem dicken Strickschal um den Hals.
    »Miss LaBarge?«, stieß ich hervor und sah, wie ihr Gesicht im Schein der umspringenden Ampel erst rot, dann grün aufglühte. Sie machte an einem Knopf an ihrem Armaturenbrett herum und sah stur geradeaus, als wollte sie mich nicht sehen.
    »Warten Sie«, brüllte ich, aber es war schon zu spät. Ich sprintete zur Straßenmitte und beobachtete hilflos, wie ihr Auto um die Ecke bog. Ich erhaschte einen Blick auf ihr Nummernschild, in Quebec zugelassen, doch erkennen konnte ich es nicht. Das musste ich mir wieder eingebildet haben. Miss LaBarge war tot; ich selbst hatte ihren Sarg im Atlantik versinken sehen. Was geschah mit mir? Ich rieb mir die Augen, riss meinen Blick von der Stelle, wo ihr Auto gewartet hatte, und rannte den Rest des Wegs zu meinem Wohnheim.
    Als ich mein Stockwerk erreicht hatte, machte ich wieder den gleichen Fehler und bog falsch ab. Erneut vor der Besenkammer angelangt, fluchte ich leise und wollte gerade auf dem Absatz kehrtmachen, als ich aus AnyaPinskys Zimmer ein Kreischen hörte. Ich schlich darauf zu.
    Die Tür stand einen Spaltbreit offen und drinnen saß   – mit dem Rücken zu mir   – Anya. Halb schrie sie, halb schluchzte sie in schnellem, schrillem Russisch in den Telefonhörer. Dann hielt sie inne, machte ein paar tiefe, hysterische Atemzüge, stieß ein abschließendes Wort in den Hörer und rammte ihn auf die Station.
    Alles wurde wieder ruhig, doch dann, völlig ohne Vorwarnung, schnappte sie das Telefon und schleuderte es durchs Zimmer. Ich sog scharf Luft ein, als es an die

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