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Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition)

Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Woon
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sie dort ungenießbar geworden. »Und wie die Sprache, so die Sprecher. Die Untoten sind ein elendiger Haufen.«
    Ich hatte nicht vor, mir das weiter anzuhören, denn im Gegensatz zum letzten Jahr war mein Latein jetzt praktisch perfekt. Plötzlich hatte ich Vokabeln verinnerlicht, die ich nie gelernt hatte, und konnte Verben konjugieren, ohne mein Hirn einzuschalten. Stattdessen widmete ich mich also der Zeitung auf meiner Tasche und überflog einen Artikel über den Tod zweier Touristen in British Columbia.
    Der Lehrer unterbrach meine Gedanken. »Was fürchten die Untoten am meisten?«
    Als sich in der Klasse Schweigen ausbreitete, kroch ein Schaudern durch meinen Körper. Plötzlich fror ich, der Schweiß brach mir aus, mein Herz wummerte schnell und unregelmäßig. Angst   – sie war in mir, überwältigte mich, als wüsste ich, wovon der Lehrer sprach   …
    »Hey, alles okay mit dir?«, wisperte Brett mir zu. »Du siehst irgendwie blass aus.«
    Bevor mir klar war, was ich da tat, platzte ich mit der Antwort heraus. »Die Île des Sœurs.«
    Alle Köpfe schnellten in meine Richtung. Verwirrt ließ ich mich tiefer in meinen Stuhl sinken. Was hatte ich da gerade gesagt? Etwas Französisches? Ich konnte ja kaum Französisch und die Wendung, die da aus meinem Mund gekommen war, hatte ich vorher noch nie gehört.
    Monsieur Orneaux nagelte mich mit seinem Blick fest. »Was haben Sie gesagt?«
    Ich zerrte am Kragen meiner Bluse, der sich auf einmal feucht und viel zu eng anfühlte. »Ich   – ich weiß es nicht mehr«, entgegnete ich. Meine Worte waren verschwunden, als hätte ein anderer sie geäußert.
    Von der anderen Seite des Raums antwortete Clementine mit hochgezogener Augenbraue, wie um mich herauszufordern. »Sie hat gesagt, die Île des Sœurs.«
    Der Lehrer ließ seinen Blick auf mir ruhen. »Das ist korrekt.«
    »Was ist das?«, fragte Brett und ließ seinen Blick von mir zum Lehrer wandern. Ich versuchte, mein Gesicht hinter einem Vorhang aus Haaren zu verstecken, damit niemand bemerkte, dass ich keine Ahnung hatte.
    »Das ist die Insel direkt vor   –«, hob Arielle an, doch Monsieur Orneaux brachte sie mit einer Handbewegung zum Schweigen.
    »Für uns Wächter die Schwesterninsel«, übersetzte Monsieur Orneaux. »Dem Durchschnittskanadier als Nun’s Island bekannt. Eine Montreal vorgelagerte Insel, in der Wächtergeschichte vor allem deshalb von Bedeutung, weil dorthin die Untoten zur Bestrafung überführt wurden.
    Es war ein barbarischer Ort. Er wurde ausschließlich vonweiblichen Wächtern geleitet, die von einem alten Kloster aus die Fäden in der Hand hielten. Sie taten schreckliche Dinge. Folter, Isolationshaft, Exorzismus. Sie ließen die Untoten mit Blutegeln zur Ader, experimentierten mit medizinischen Instrumenten an ihnen herum im Versuch, sie vom Bösen zu heilen   …« Während Monsieur Orneaux all diese Methoden der frühen Wächter zur »Heilung« der Untoten abspulte, verzog er keine Miene.
    »Die Insel hat bei den Untoten einen gewissen Ruf, auch wenn das den wenigsten Wächtern bekannt ist.« Sein Blick traf meinen, als wollte er begreifen, wie ich die Antwort hatte wissen können. »Das ist einer der Gründe, weshalb sich selten ein Untoter nach Montreal verirrt. Neben der Tatsache, dass Montreal historisch gesehen eine Wächterstadt ist, selbstverständlich.«
    »Davon hab ich schon gehört«, sagte ein Junge mit französischem Akzent. »Das Kloster ist noch da, aber es steht jetzt leer. In der Grundschule gab es so ein Gerücht, dass es da spukt, obwohl ich nie verstanden hab, warum. So eine Geschichte, dass jedes Kind, das dort durch die Pforte geht, für immer verschwindet. Wir haben Mutproben veranstaltet, wer sich da reintraut   –«
    Monsieur Orneaux ließ ihn nicht ausreden. »Das reicht. Das ist keine Geschichtsstunde hier.«
    Gerade wollte er seinen Vortrag über Latein wieder aufnehmen, als Clementine aufzeigte. Monsieur Orneaux ignorierte sie, bis sie schließlich einfach unaufgefordert sprach.
    »Warum wurde die Insel nur von Wächterinnen geleitet?«, fragte sie und hob das Ende ihres Bleistifts an ihre Lippen.
    Monsieur Orneaux biss die Zähne zusammen. »Der weibliche Wächter ist nicht gerade mein Spezialgebiet. Wenn Sie sich für die Neun Schwestern interessieren, gehen Sie in Ihrer Freizeit in die Bibliothek.«
    Clementine setzte sich auf. »Wer sind denn die Neun Schwestern?«
    Monsieur Orneaux blinzelte und man sah ihm an, dass er die Worte am

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