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Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition)

Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Woon
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Geländebereich nachspurte.
    Ich brach auf. Der Himmel war so weit, dass es sich anfühlte wie auf dem offenen Meer. Als ich an eine kleine, von einer eisernen Kette umgebene Rasenfläche kam, wusste ich, dass ich mein Ziel erreicht hatte. Die Grabsteine hier waren kleiner als die, an denen ich vorbeigekommen war, und weitaus weniger aufwendig   – meist einfach nur rechteckige, überwucherte Steine.
    Ich sprang über die Kette und richtete den Lichtkegel auf jeden einzelnen Grabstein, um die Inschriften zu entziffern. Es mochten gerade zwei Dutzend sein und alle waren sie knapp, nur Namen und Lebensdaten, die die letzten zweihundert Jahre abdeckten. Keiner der Namen kam mir bekannt vor und ich spürte, wie Ungeduld in mir hochstieg.
    Als ich mich dem letzten Stein näherte, stieg Panik in mir hoch. Es musste hier sein. Gerade als ich mich umdrehte, stieß mein Fuß gegen etwas Hartes; ich stolperte und landete im Gras. Der steinige Erdboden stach mir in die Handflächen und ich konnte ein Stöhnen nicht unterdrücken. Gerade wollte ich mich aufrappeln, als ich den Grabstein entdeckte, der mir den Weg verstellt hatte.
    Er ragte kaum über den Boden hinaus, war flach und so bewachsen, dass ich ihn anders gar nicht bemerkt hätte.Hingekauert fegte ich das Unkraut beiseite und leuchtete auf die Oberfläche. Kein Name, kein Datum. Nur das Wort SŒUR und die folgende Inschrift:
     
    zur Ruh’ gebettet ist’s bewahrt,
    denn nur dem Besten unsrer Art
    sei es vermacht.
     
    Unter die Worte war das Wappenbild eines Vögelchens gemeißelt.
    Wieder las ich die Inschrift und blieb an der ersten Zeile hängen. Ich spürte, wie mir das Herz zum Hals schlug, unregelmäßig, hastig, wie das Gepolter, mit dem jemand die Treppe hinunterfällt. Ich musste eine Schaufel finden.
    Auf dem Hinweg war ich an einem Arbeitsfahrzeug mit offener Ladefläche vorbeigekommen. Möglich, dass es darauf eine Schaufel gab. Ich erhob mich und ging den gleichen Weg zurück.
    Der kleine Laster war nicht weit. Daneben standen die verschiedensten Mülltonnen sowie eine Mistgabel, ein Rechen und ein Spaten.
    Ich zögerte, bevor ich den Spatengriff berührte. Ich verabscheute ihn. Ich wollte ihn nicht anfassen. Doch heute Nacht blieb mir keine Wahl. Das Holz war rau, abgesplittert, und ich fuhr mit der Hand daran entlang, machte mich mit dem Gefühl vertraut. Dann legte ich mir den Spaten über die Schulter und trug ihn zurück zum namenlosen Grabstein.
     
    zur Ruh’ gebettet ist’s bewahrt,
     
    Ich war ganz auf diese Worte konzentriert, als ich den Spaten tief in die Erde rammte und zu graben begann. Der Mond senkte sich tiefer am Nachthimmel. Ich wischte mir die Stirn und trat einen Schritt zurück, um mein Werk in Augenschein zu nehmen. Das Loch war jetzt ein paar Fuß tief. Wollte ich tiefer graben, würde ich selbst hineinsteigen müssen.
    Ich begann, ums Loch herumzustreifen. Probieren konnte ich es. Einen Fuß hineinstecken und sehen, was passierte. Es war ja noch nicht mal ansatzweise sechs Fuß tief, wo die Sache langsam gefährlich wurde   … Langsam senkte ich einen Fuß ins Loch. Als er unter der Erdoberfläche verschwand, schoss ein Kribbeln durch meinen Körper. Rasch verschärfte es sich zu einem Stechen. Meine Zehen krümmten sich in den Schuhen und die Muskeln krampften, bevor sie jedes Gefühl verloren. Rasch zog ich das Bein heraus und brach auf dem Gras zusammen. Es ging nicht. Unmöglich. Mein Körper erlaubte es mir nicht, ins Loch zu steigen. Mein Blick jagte auf dem Friedhof hin und her, auf der Suche nach irgendeiner anderen Möglichkeit. Alles umsonst. Warum hatte ich das nicht vorhergesehen? Warum traf es mich so unvorbereitet? Mein Griff um den Spaten lockerte sich und leise fiel er neben mir zu Boden.
     
    Als ich erwachte, fand ich mich zwischen den mahagonigetäfelten Bürowänden von Dr.   Neuhaus wieder. Ich lag auf dem Sofa, in eine kratzige Wolldecke gewickelt. Ich rieb mir die Augen, warf die Decke ab und richtete mich auf. Meine Haare waren immer noch feucht vom Flusswasser.
    Dr.   Neuhaus stand am anderen Ende des Raumes, mit dem Rücken zu mir, und blickte aus dem Fenster. Als er mich hörte, wandte er sich um. Über Hemd und Krawatte trug er eine kastanienbraune Weste.
    »Miss Winters«, sagte er und legte die Fingerspitzen aufeinander. »Zurück aus der Unterwelt. Wie fühlen Sie sich?«
    »Etwas erledigt.«
    Bevor ich wusste, wie mir geschah, hatte ich schon ein Fieberthermometer im Mund, eine

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