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Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition)

Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Woon
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Gesicht.
    Jetzt musste ich wegschauen, völlig überwältigt.
    »Sie ist es.« Ich versuchte, Noah zuliebe meine Stimme unter Kontrolle zu bringen.
    »Wer?«
    »Annette LaBarge. Meine alte Philosophielehrerin vom Gottfried. Die, die im August gestorben ist.«
    »Was?« Er ließ die Tür los. Sie flog so heftig zu, dass die Jalousie wackelte.
    Er folgte meinem Blick die Straße entlang, wo Miss LaBarge gerade in der Touristenmenge unterging.
    »Wie kann das sein?«, fragte Noah.
    »Weiß nicht«, rief ich über meine Schulter zurück, schon mitten in der Verfolgungsjagd.
    Er eilte hinter mir her. »Bist du dir sicher, dass sie’s ist?«
    »Ja.« Ich reckte meinen Hals, um über die Menschen hinauszuspähen. Miss LaBarge war ein paar Meter vor uns, zog mit ihrem bauschigen Wallerock zügig durch die Innenstadt.
    »Hat sie dich gesehen?«
    »Nein. Schien jedenfalls nicht so.«
    »Warte«, sagte Noah und hielt mich zurück, gerade als ich ihr in ein einsames Gässchen folgen wollte.
    »Was soll das?« Ich riss mich los. »So verlieren wir sie.«
    »Jetzt denk mal kurz nach«, sagte er. »Sie will doch eindeutig nicht, dass jemand weiß, dass sie hier lebendig rumläuft. Sonst hätte sie mit irgendwem Kontakt aufgenommen. Richtig?«
    Widerwillig nickte ich.
    »Also schalten wir einfach einen Gang zurück. Bleiben auf Abstand. Schauen mal, was sie macht.«
    Also taten wir genau das. Wir wahrten einen großzügigen Abstand und folgten ihr so bis in die Innenstadt von Montreal, was sich anfühlte wie eine Reise in die Zukunft. Anstatt der malerischen Gemäuer am alten Hafen umgaben uns hier gläserne Hochhäuser und teure Designertempel. Hier sah man nur Anzug- und Headsetträger, die möglichst schnell vonA nach B wollten.
    Wir folgten ihr, bis sie vor einem großen Gebäude stehen blieb. An einer Ecke nahe einer Bushaltestelle befand sich eine unauffällige Tür mit Scherengitter davor. Sie ging darauf zu, zog das Gitter auf, trat ein und schloss es wieder hinter sich.
    »Was ist das denn?«, fragte ich, als sie einen Knopf drückte und hinter ihr eine Schiebetür zufuhr.
    »Das ist ein Aufzug in den Untergrund«, erklärte Noah, als sie unter der Straße verschwunden war.
    »Dann kann sie nicht untot sein. Sie muss lebendig sein, völlig lebendig meine ich, um unter die Erde zu gehen. Wir müssen ihr nach.«
    »Da gibt’s noch einen anderen Weg hinunter.«
    Wir hasteten in einen
dépanneur
, einen echten Familienbetrieb. Der Laden quoll fast über; an den Fenstern stapelten sich Fertigmahlzeiten, Reinigungsmittel und ein paar billige Weine. Hinter der Theke sortierten zwei Chinesinnen Plastiktüten.
    »Hallo, Mrs Cho«, sagte Noah, während er an ihnen vorbeizog. »Nur auf eine Minute«, erklärte er etwas atemlos.
    Die Ältere der beiden nickte.
    Ich lächelte sie dankbar an, aber Noah zerrte mich weiter.»Hier geht’s lang.« Er fädelte sich durch die Regalreihen mit Cornflakes, Geschirrspültabs und Tee, bis wir im hinteren Bereich des Geschäfts angekommen waren. Hinter den Regalen befand sich eine angelaufene Glastür, genau wie die bei den Tiefkühlwaren im Supermarkt, nur größer, wie eine richtige Wohnungstür. Noah zog sie auf. »Bitte eintreten«, sagte er und schloss die Tür wieder hinter uns.
    Drinnen war es eisig. Ein lang gezogener, schmaler Raum, randvoll mit Bierflaschen. Ihr farbiges Glas reflektierte das schwache Licht.
    »Wo sind wir hier?«, fragte ich, kniete mich neben die Tür und wischte mir ein Guckloch ins Glas, um nach draußen zu blicken. Hinter dem Tresen waren die Frauen jetzt mit ihrer Kasse beschäftigt und wirkten nicht im Mindesten davon beeindruckt, dass wir gerade an ihnen vorbeigerannt und in ihren Eisschrank gestiegen waren.
    Noahs Brille war beschlagen. Er nahm sie ab, presste die Augen zusammen und rieb die Gläser an seinem Hemd. »Der Bierkühlschrank. Viele
deps
haben so einen
.
Komm.«
    Zwischen den Bierkästen gab es einen schmalen Durchgang. Noah schritt voran. »Das hier ist wirklich gut.« Er deutete auf ein dunkles Stout. »Oh, und das hier«, ergänzte er und lüpfte eine große rote Flasche mit Korkverschluss.
    Am Ende des Raums befand sich eine Stahltreppe. Noah schob uns ein paar Kisten aus dem Weg und ich folgte ihm, fegte mit den Händen den Staub vom Geländer.
    »Et voilà«
, deutete er auf den düsteren Tunnel am Fuß der Treppe. »Der Untergrund.«
    Ein unbehagliches Gefühl lähmte mich, als ich hinunterblickte und an meine Friedhofsvision denken musste,

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