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Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition)

Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Woon
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sagen, aber er fiel mir ins Wort.
    »Wie konntest du mir das verschweigen?«
    »Dir was verschweigen?« Ich ballte die Faust. »Das ist mein Leben hier, nicht deins. Du hast eine Freundin, schon vergessen?«
    »Lass Clementine aus dem Spiel«, sagte er mit einer völlig fremden, entschiedenen Stimme.
    »Warum sollte ich das? Du bist jeden Tag mit mir zusammen. Hat sie das mitbekommen? Ist sie deshalb so fies zu mir?«
    »Ich weiß, du kannst sie nicht leiden, aber Clementinewürde nie was mit einem Untoten anfangen, während sie sich zum Wächter ausbilden lässt. Das ist einfach nicht richtig«, sagte er mit gesenkter Stimme.
    Jetzt machte ich einen Schritt zurück. »Also ist jetzt Clementine mein moralischer Standard? Was weiß die schon von Liebe? Von Verlust? Was willst
du
darüber wissen?«
    Bei meinen Worten schien sich Noah zu winden und sofort fühlte ich mich schuldig, weil ich ihm wehgetan hatte. »Letztes Jahr hat sie ihren eigenen Bruder begraben müssen. Er war untot. Ihr Vater hat sie gezwungen. Sie hat niemandem davon erzählt, aus genau den gleichen Gründen, aus denen du dein Geheimnis für dich behältst, schätz ich mal. Obwohl ihre Entscheidung ganz anders ausgesehen hat als deine.«
    Der dreißigste Juli, dachte ich. Das hatte Anya zu Clementine gesagt, damals auf dem Wohnheimflur. Das hatte sie gemeint. Mein Blick wanderte vom Flussufer zurück zu Noah, aber er war schon gegangen.
     
    Als ich an jenem Abend auf mein Zimmer zurückkehrte, konnte ich nur noch ohne Decke und mit aufgerissenem Fenster auf dem Bett liegen. Die kalte Nachtluft drang herein, umhüllte mich wie Dantes Gegenwart. Ich brauchte irgendetwas, um ihn mir in Erinnerung zu rufen, um mich zu ihm zurückzubringen. Also tat ich das Zweitbeste. Ich rief Eleanor an.
    »Du klingst depressiv«, sagte sie, nachdem ich ihr mein Herz ausgeschüttet hatte. »Vielleicht gehst du mal zum Arzt.«
    Das war der letzte Vorschlag, den ich aus Eleanors Mund erwartet hätte. »Bitte? Ich bin nicht depressiv«, gab ichzurück, rollte mich im Sessel am Fenster zusammen und sah zu, wie im Innenhof die aufflackernden Straßenlaternen die Nacht einleiteten.
    »Du hast ständig Visionen. Halluzinationen. Und dann triffst du dich mit einem anderen Typen? Was ist mit Dante? Der ist dein Seelenpartner.«
    »Noah ist nur ein Freund«, flüsterte ich, damit Clementine mich nicht hörte.
    Eleanor reagierte lange nicht. Durch die Wand konnte ich Clementine aufgebracht herumbrüllen hören. Vielleicht telefonierte sie mit Noah.
    »Ich geh jetzt zur Therapie und es hilft mir wirklich   … mich besser zu verstehen«, sagte Eleanor. »Und mich zu verstehen hilft, mich unter Kontrolle zu haben.«
    »Therapie?«, fragte ich. »Aber du bist doch genau richtig. Du brauchst keinen Arzt.«
    Eleanor senkte die Stimme. »Ich hab in letzter Zeit viel nachgedacht. Über Schlimmes nachgedacht.«
    Ich kräuselte die Stirn. »Was meinst du damit?«
    »Über das Leben und den Tod. Über mich und warum ich anders bin. Über die Dinge, die ich haben möchte.«
    Ich wartete ab, bis sie weiterredete.
    »Ich hab solche Angst«, sagte sie und die Worte zitterten durch den Hörer. »Ich will nicht sterben.«
    »Das wirst du auch nicht«, sagte ich ganz automatisch, ohne mich überhaupt darauf einlassen zu wollen.
    Eleanor lachte kalt auf. »Ach komm, Renée, du weißt, dass ich untot bin. Ich hab nur einundzwanzig Jahre.«
    »Nein«, sagte ich. »Wir finden einen Ausweg. Die Neun Schwestern. Die Visionen. Die Rätsel. Wenn ich das letzte finde, wirst du   –«
    Doch Eleanor schnitt mir das Wort ab mit einer Bestimmtheit, die ich zuvor noch nie bei ihr erlebt hatte. »Es gibt keine Antwort, Renée. Du verschließt die Augen vor der Wahrheit. Ich werde sterben. Dante wird sterben. Wir alle werden sterben.«
    Ich schluckte. »Nein«, sagte ich. »Dir gehen nur die Nerven durch. Es gibt eine Lösung, ich weiß es.«
    Ich hörte, wie Eleanor tief Luft holte. »Neulich, da bin ich zum Megaron gelaufen und da hab ich einen der Söhne von den Haustechnikern gesehen, wie er hinter den Büschen eine geraucht hat, statt zu gießen. Der sieht kaum älter aus als ich. Ich hab ihn dauernd anstarren müssen. Ich hab mir gedacht, wieso kriegt der ein ganzes Leben und ich nicht? Warum verdient der mehr Zeit als ich?«
    »Das tut er nicht«, sagte ich.
    »Ich wollte mir seine Seele holen, Renée. Ich wollte einfach hingehen und sie mir nehmen.«
    Ich wurde still.
    »Bist du noch da?«
    »Ja«,

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