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Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition)

Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Woon
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Alibi, um möglichst rasch zu Ophelia Cœur und dem letzten Teil des Rätsels überzuschwenken. Dazu vertilgten wir einen Riesenteller ungarischer Kekse und bedeckten unsere Bücher mit einer Schicht aus Bröseln und Puderzucker.
    »Nur die Daten passen nicht zu Ophelia Cœur«, sagte ich. »Aber wenn sie nicht die neunte Schwester ist, wer dann?«
    Noah rührte seinen Kaffee um. »Keine Ahnung. Es scheint schon viel auf sie hinzudeuten. Das vernarbte Gesicht   – deshalb könnte sie einfach niemand erkannt haben, selbst wenn alle nach ihr suchten. Und ihre Wasserforscherei, besonders das mit den Inseln und dem Salzwasser   …« Er schüttelte den Kopf.
    »Ich weiß.« Ich trommelte nervös auf dem Tisch herum.
    Anya fuhr mit dem Finger durch den übrig gebliebenenZucker auf dem Teller und leckte ihn ab. »Also, ganz so zwangsläufig finde ich das nicht. Das Mädchen auf dem Gruppenbild ist sowieso kaum zu erkennen, da ist das mit dem vernarbten Gesicht auch schon egal. Und wie viele Krankenschwestern gab’s wohl am Royal Victoria? Viele, viele.«
    Noah lehnte sich zurück. »Da ist was dran«, sagte er und trank einen Schluck Kaffee.
    Anya fuhr fort. »Ich gebe zu, die Verbindung mit dem Eriesee ist komisch, aber das ist auch der einzige Punkt, der wirklich passt. Der Rest muss gar nichts heißen.«
    »Und was jetzt?«, fragte ich.
    Anya versuchte noch, sich beim Niesen die Hand vors Gesicht zu halten, doch es war zu spät, sodass der ganze Puderzucker über den Tisch stob.
    »Wir suchen einfach weiter«, sagte Noah und bot ihr seine Serviette an. »Wir finden den letzten Teil des Rätsels.«
    »Aber wie?«
    Noah zuckte die Achseln. »Vielleicht wieder durch eine Vision?«
    Ich stützte meinen Kopf auf die Handfläche. »Weiß nicht. Die letzte ist jetzt schon Monate her. Vielleicht bin ich damit durch.«
    »Oder sie kommt, wenn du es am wenigsten erwartest«, sagte Anya. »So läuft das doch, oder?«
     
    Ein paar Tage darauf betrat Dr.   Neuhaus unser Psychologieklassenzimmer, ohne ein Wort zu sagen. Er sah nur kurz auf die Uhr über der Tür, schaltete das Licht aus und ging ans Ende des Raums. Dort legte er einen Schalter um. Ein Filmprojektor warf ein helles Lichtquadrat auf die Leinwandvor uns. Ein paar Augenblicke später erschienen dort die Worte:
     
    KIND UND TOD
    INTERVIEWS VON F.   H.   NEUHAUS
    OKTOBER 1998
     
    In der Bildmitte hielt eine Hand ein kleines weißes Schild in die Höhe, auf dem PROBAND 003 stand. Als es hinabsank, blickten wir in ein Klassenzimmer. Alle Tische waren verwaist, bis auf einen ganz vorne, wo ein Junge saß und an einer Sammlung von Gummibändern an seinem Handgelenk herumzupfte.
    Irgendwer außerhalb des Bildes hustete. »Wie alt bist du?«, ertönte die Stimme von Dr.   Neuhaus hinter der Kamera.
    Der Junge schwieg, als hätte er die Frage nicht gehört. Dr.   Neuhaus wiederholte sie in etwas schärferem Ton.
    »Hab ich vergessen«, sagte der Junge und nestelte an seinem Hemd herum. Hinter ihm hing eine Weltkarte an der Wand.
    »Bist du sieben?«, fragte Dr.   Neuhaus. Der Junge antwortete nicht. »Bist du sieben Jahre alt?«
    Der Junge schüttelte den Kopf. »Viel älter.«
    »Warum hast du letzte Woche versucht, wegzulaufen?«, fragte Dr.   Neuhaus.
    »Hier gefällt’s mir nicht.«
    »Hier an der Schule?«
    Der Junge schüttelte den Kopf.
    »Wo gefällt es dir nicht?«
    »Ich fühl mich falsch«, sagte der Junge.
    »Könntest du bitte in die Kamera schauen, wenn du antwortest?«
    Der Junge sah zum ersten Mal auf und starrte auf irgendetwas unmittelbar links von der Linse. In der Klasse erhob sich ein Raunen. Das Gesicht des Jungen war eingefallen und verhärmt, mit schwerem Blick, als wäre er ein viel älterer Mensch, der im Körper eines Kindes feststeckte.
    »Was hast du gestern gemacht?«
    Der Junge antwortete nicht.
    Dr.   Neuhaus wiederholte: »Was hast du gemacht?«
    »Ich hab jemandem die Seele genommen.« Seine Stimme war kaum zu hören.
    »Wem hast du die Seele genommen?«
    »Meinem Bruder.«
    »Warum hast du das getan?«
    Der Junge zögerte und kaute auf seinem Finger herum.
    Dr.   Neuhaus wiederholte die Frage.
    »Weil er mir nicht verraten hat, wo er meinen Laster versteckt hat.«
    »Aber warum solltest du ihn deshalb umbringen?«
    »Weil ich’s wissen wollte.« Der Junge sagte es, als wäre das doch offensichtlich.
    »Warum hast du ihn nicht einfach gefragt?«, fragte Dr.   Neuhaus.
    »Hab ich doch und er hat’s mir nicht verraten. Also hab

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