Dead Cat Bounce

Speer seine Hand verließ, sah, wie Kugeln seinen Körper fanden und ihn nach hinten schleuderten, sah, wie bei jeder Kugel, die traf, Blut spritzte, sah, wie ihm das halbe Gesicht weggerissen wurde, sah, wie er in sich zusammensank.
    Die Schüsse hörten auf, doch ihr Echo dauerte noch mehrere Sekunden an, bis es schließlich verstummte und wieder Stille einkehrte. Jonah zog die Knie zur Brust, sein Herz raste. Chippy und David lagen beide am Boden – Chippy stumm, sein Vater stöhnend. Das grelle Licht bündelte sich zu einem einzigen Strahl, der über die Körper der beiden Männer zuckte und schließlich auf einem dritten Mann verharrte, aus dessen Brust ein langer Speer ragte. Es war der Mann, den Jonah im Camp des Barons gesehen hatte, der Mann, den Chippy zur Polizei gebracht hatte. Er hätte jetzt dort sein müssen, er hätte nicht tot vor Jonah liegen sollen.
    Der Lichtstrahl wanderte durch die Höhle, während sich Jonah noch weiter in die Schatten schob. Der Strahl streifte den Baron und plötzlich erschien jemand im schwachen Schein des verglühenden Feuers, den er kannte. Amelia. Sie hielt eine Waffe in der erhobenen Hand.
    Jonah sah, wie sein Vater sich bewegte, wie er versuchte, von Amelia wegzukriechen, zu der Stelle, an der seine Waffe lag. Die Frau marschierte am Baron vorbei, der in irgendeiner anderen Welt war, und ging dann auf David Lightbodys wehrlosen, am Boden kriechenden Körper zu.
    Erst jetzt begann Jonah, sich zu bewegen, weil ihn etwas tief in seinem Innern dazu trieb, weil es ihm sagte, dass sein Vater sterben würde, wenn er jetzt zögerte. Mit zitternden Händen zog er die Pistole aus seinem Gürtel. Obwohl er wusste, dass er Amelia von der Stelle aus, an der er jetzt war – etwa dreißig Meter von ihr entfernt –, nicht mit Sicherheit treffen würde, musste er es versuchen. Er würde den Baron als Köder benutzen.
    Lautlos richtete er sich auf, ging in die Hocke und rannte los, auf den Baron zu. Dann zielte er mit seiner Waffe in die Richtung, in der er Amelia vermutete, und drückte ab. Sie fiel zu Boden. Hatte er sie getroffen? »Noch ein Schritt und er ist tot«, brüllte er. Er war immer noch drei Meter vom Baron, aber so schnell, dass er bei ihm war, bevor Amelia aufstand und sich umdrehte.
    Jonah hatte sie verfehlt. Sie hatte sich nur zu Boden geworfen, um der Kugel auszuweichen. Jetzt richtete sie ihre Waffe auf Davids Kopf. »Jonah, Schätzchen«, sagte sie fast amüsiert, »was hast du gerade gesagt? Vor lauter Aufregung habe ich dich gar nicht gehört.« Sie waren zehn Meter voneinander entfernt. Ihre Waffe war auf Davids Kopf gerichtet, die des Jungen auf den des Barons. »Ich hatte mich schon gefragt, wo du abgeblieben bist. Dabei warst du die ganze Zeit hier. Das erleichtert mir meine Arbeit ganz ungemein.« Sie war um David herumgegangen, sodass sie Jonah jetzt gegenüberstand. Sie starrte ihn an. »Leg die Waffe weg, Jonah. Das hier ist kein Spiel für Kinder«, sagte sie mit einer Stimme, die so verführerisch klang wie noch nie.
    Jonah starrte zurück. Nein, das hier war kein Spiel für Kinder. Es war ein Handel, ein Handel für Erwachsene, ein Handel mit zwei Leben.
    Er sah sie noch ein paar Sekunden lang an, bevor er antwortete. »Wenn Sie meinen Vater töten, töte ich den Baron«, sagte er kalt.
    Amelias sorgfältig gezupfte Augenbrauen schossen in die Höhe. Auch ihre Hand ging nach oben. Jetzt zielte sie auf ihn. »Ich glaube, der Baron ist inzwischen nicht mehr so wichtig. Er hatte in letzter Zeit einfach kein Glück mehr, findest du nicht auch, Schätzchen? Mir ist es egal, ob du ihn umbringst oder nicht. Und angesichts des Zustands, in dem sich dein Vater gerade befindet, sollte dieses Ding hier wohl besser in eine andere Richtung zeigen«, säuselte sie.
    Jonah überlegte blitzschnell. Dann richtete er seine Pistole auf die Frau. »Sie werden mich nicht erschießen, Amelia«, sagte er. »Und den Baron brauchen Sie lebend. Er ist der Einzige, der die Transaktionen rückgängig machen kann, die ich begonnen habe. Damit ist euer Apollyon-Spiel zu Ende. Ohne ihn haben Sie verloren.« Es war natürlich nur ein Bluff, doch er hatte so eine Ahnung, dass Amelia nicht genug von der Materie verstand, um zu wissen, dass er gar keine Transaktionen für den Apollyon-Fonds durchführen konnte.
    »Ich glaube dir nicht«, erwiderte sie, doch in ihrer Stimme war ein leichtes Zögern zu hören.
    »Was glauben Sie nicht?« Jonah lächelte spöttisch. »Dass ich auf den