Dead Cat Bounce
zuständigen Behörden jemals herausgefunden hätten, was passiert war, wären sie niemals in der Lage gewesen, die Transaktionen bis zur ursprünglichen Quelle zurückzuverfolgen.
Kloot nahm die SIM-Karte aus seinem Handy und trat mit der Zigarre in der Hand auf die Terrasse seiner Jagdhütte. Sein Leibwächter, Klaasens, folgte ihm und blieb ein Stück von ihm entfernt stehen. Bei seinem zweiten Zug an der Zigarre blies Kloot einen Rauchring in die Luft und bewunderte dessen perfekte Form, bevor er sich in der leichten Brise, die von Südwesten her wehte, auflöste. Er spekulierte mit Derivaten im Wert von fünfhundert Millionen darauf, dass der Aktienkurs von Allegro Home Finance im nächsten Monat steigen würde. Er ging davon aus, dass er mindestens drei Milliarden Dollar mit dem Deal verdienen würde, vermutlich würden es sogar fünf werden. Kloot blies noch einen Rauchring. Es war alles so einfach. Er warf die SIM-Karte in die verlöschende Glut des Feuers, auf dem er vorhin seine Steaks gegrillt hatte, und sah, wie sie sich zersetzte. »Noch ein Tag, noch eine Milliarde Dollar«, murmelte er.
In London ging Jonah noch einmal in den Bunker, um seinen Aktenkoffer zu holen, der Pub war nur zwei Häuser weiter. Dann wartete er vor der Bank auf ein Taxi. Es dauerte fünf Minuten, bevor eines kam, um jemanden abzusetzen, und Jonah wartete nur noch darauf, dass der Fahrgast ausstieg. Die Tür öffnete sich und heraus stieg Creedence Clearwater, in einem schwarzen Rock und einer Lederjacke, die überhaupt nicht nach Büro aussah.
Jonahs Herzschlag setzte für einen Moment aus. Vor ihm stand der einzige Mensch, der diesen Abend noch besser machen konnte.
»Du meine Güte, für einen Freitag machst du aber ganz schön spät Schluss«, sagte sie kopfschüttelnd. Dann fiel ihr die gelockerte Krawatte und das zerzauste Haar auf. »Und du siehst aus, als wärst du die ganze Woche über nicht ins Bett gekommen«, fügte sie noch hinzu.
Jonah lächelte sie müde an und verkündete dann mit theatralisch gequälter Stimme: »Ich kann nicht mehr. Ich habe genug. Ich gehe.« Als Creedence ein langes Gesicht machte, beeilte er sich zu sagen: »Nein, stimmt nicht. Aber ich gehe jetzt nach Hause, um eine Runde zu schlafen. Es war eine verrückte Woche.«
Ihr Gesicht hellte sich auf. »Oh! Musst du nach Barnes? Falls ja, können wir uns das Taxi teilen, und du lässt mich in Fulham raus. Ich muss das hier nur schnell am Empfang abgeben.« Sie hielt zwei Einkaufstüten von Louis Vuitton hoch. »Geburtstagsgeschenk für irgendeine Freundin. Gefallen muss es ihr nicht, Hauptsache, teuer.«
»Von mir aus gern, wenn du nichts dagegen hast«, erwiderte Jonah, der plötzlich gar nicht mehr müde war.
»Großartig. Ich bin gleich wieder da.«
Jonah stieg in das Taxi und sagte dem Fahrer, wo sie hinwollten, während Creedence in das Gebäude rannte, die Einkaufstüten abgab, wieder hinauslief und sich neben ihn setzte.
»Also? Wie war’s?«, fragte sie. »So, wie du erwartet hast?«
Jonah begann, ihr von seiner ersten Arbeitswoche zu erzählen. Er war angenehm überrascht davon, wie leicht es ihm fiel, sich mit Creedence zu unterhalten, sie konnte unglaublich gut zuhören und stellte ihm ständig Fragen.
»Ich verstehe diesen Mann einfach nicht«, meinte sie, nachdem Jonah ihr erzählt hatte, wie es war, für den Baron zu arbeiten. »Manchmal ist er sehr nett zu mir. Und manchmal bin ich Luft für ihn.«
»Ja, ich weiß, was du meinst. Ich glaube, das kommt daher, weil er so konzentriert arbeitet.«
Creedence wechselte das Thema und fragte Jonah, ob er noch Rennen lief. »Woher weißt du, dass ich laufe?«
»Ich habe deine Personalakte gelesen. Da sind auch Zeitungsausschnitte drin.«
»Großer Gott. Bei Hellcat gibt es wohl keine Geheimnisse.« Er versuchte, verärgert zu klingen, doch in Wahrheit freute er sich darüber. »Ich glaube nicht, dass ich nach dieser Woche noch oft in der Zeitung stehen werde. Morgen laufe ich ein Rennen. Aber das wird wehtun.«
»Wirklich? Und wo?«
»Richmond Park.«
Sie schien sich so für sein Leben zu interessieren, dass sie schon in Chelsea waren, bevor es ihm gelang, das Gespräch auf sie zu bringen. Er fand heraus, dass sie gerade ein Jahr aussetzte, bevor sie an die Universität ging, aber in der Schule eine Klasse übersprungen hatte. Ihr Hobby war Singen. Vor allem Jazz und Blues. Jonah erzählte ihr, dass er und die anderen Händler aus dem Bunker vorhin im Pub gesungen
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