Dead - Ein Alex-Cross-Roman
Konferenztisch stand, der mit Papieren, Akten und Laptops überhäuft war. Hier wurde gearbeitet - ein gutes Zeichen.
Eine Glaswand trennte den Raum von dem geschäftigen Treiben draußen auf dem Flur.
Bree, Sampson und ich schnappten uns jeweils einen Stuhl und setzten uns in Kitzmillers Büroabteil. Er war ungefähr in meinem Alter, sah fit aus und besaß diesen leuchtenden Haarschopf.
»Die Audiodateien kann ich keiner konkreten Quelle zuordnen«, sagte er, »aber ich habe die Schreie aus dem ›Zweiten Programm‹ des Bloggers mit dem Video vom Tatort verglichen und bin mir so gut wie sicher, dass es sich um dieselben Schreie handelt. Aber das bedeutet nicht automatisch, dass eine Verbindung zwischen dem Blog und dem Killer besteht. Theoretisch hätte jeder diese Datei ins Netz stellen können.«
»Sie meinen, jeder, der Zugang zu der Aufnahme hatte«, sagte ich. »Wir sind uns doch einig, dass es sich bei der Audioaufnahme um das Original handelt, oder?«
»Sicher«, meinte er. »Also handelt es sich entweder um Ihren Tatverdächtigen oder jemanden, der das Material vom Verdächtigen bekommen hat. Genaueres lässt sich im Augenblick noch nicht sagen.«
»Konzentrieren wir uns immer auf eine Sache zur Zeit«, sagte Bree. »Sie haben mir am Telefon gesagt, dass der Blog von der Georgetown University ins Netz gestellt wurde. Ist das richtig?«
»Zumindest über die Georgetown. Daran zeigt sich das grundsätzliche Problem, Bree. Wer immer diesen Blog verfasst hat, er oder sie weiß sehr genau, wie man seine Spuren verwischen kann.«
»Proxy-Server?«, fragte Sampson. Seine kleinen Wissensinseln überraschten mich immer wieder.
Kitzmiller lächelte Sampson anerkennend zu, doch dann schüttelte er den Kopf. »Negativ. Schlimmer , um ehrlich zu sein. Er hat einen offenen Proxy benutzt. Universitäten sind bekanntermaßen für so etwas besonders anfällig. Jeder Vollidiot kann sich von irgendwoher dort anmelden und seine Inhalte darüber verschicken und bumm: Schon haben Sie eine Seite, deren Ursprung nicht zurückverfolgt werden kann. Sie können sie nur lokalisieren, ohne jedoch etwas über die Identität des Verfassers zu erfahren.«
»Irgendwelche Vorschläge?«, fragte Bree. »Wir haben Ihre Hilfe dringend nötig.«
»Na klar. Ich kann Ihre Enttäuschung gut verstehen, Detective. Ich schlage vor, Sie stürzen sich voll und ganz auf Ihre eigentliche Ermittlungsarbeit. Springen wir gemeinsam ins kalte Wasser. Wir tun hier auf unserer Seite, was wir können, aber es wäre bestimmt hilfreich, wenn Sie die eine oder andere Spur auftreiben könnten. Glauben Sie mir, im Netz kommt eine Menge Müll zusammen. Sie wären überrascht, was man da alles zu Tage fördern kann.«
»Ehrlich gesagt, ich habe keine Ahnung von Computerfahndungen«, sagte Bree.
»Das brauchen Sie auch gar nicht. Ich rede hier nicht von geknackten Passwörtern. Ich rede von einer riesigen Community, deren Mitglieder alle überprüft werden müssen. Die ganze Blogosphäre.«
»Blogosphäre?«
Kitzmiller ließ auf seinem Bildschirm eine ganze Reihe neuer, einander überlagernder Fenster aufklappen, um uns zu erklären, was er meinte.
»Zunächst einmal haben wir hier diejenigen, die auf den
Original-Blog geantwortet haben, zum Beispiel die ›MEINE-REALITÄT‹-Seite. Sie ist zwar bereits wieder deaktiviert, aber mindestens drei Dutzend Personen haben unter einem individuellen Pseudonym auf mindestens einen seiner Einträge reagiert. Das ist schon mal ein ziemlich guter Anfang. Erinnern Sie sich noch an diesen Werbespot für Fabergé-Shampoo? Ich erzähle es zwei Freundinnen, und die erzählen es zwei Freundinnen und so weiter und so fort? Hier haben wir genau das gleiche Prinzip. So und so viele Leute lesen das hier, nehmen es auf, verbreiten es über ihre eigenen Blogs weiter, und die Zahl der Leser wird exponential größer. Genau wie die der Chat-Rooms.
Und jetzt berücksichtigen Sie außerdem noch, dass der Killer ganz offensichtlich gerne im Rampenlicht steht. Gut möglich, dass er sich selbst irgendwie in der Community äußert. Auf der Datenautobahn begegnet man sich immer wieder. Wenn Sie die richtige Abfahrt finden, dann lösen Sie vielleicht diesen Fall, entdecken den Killer und landen in der Ruhmeshalle für Detectives.«
»Das sind aber ziemlich viele Wenns «, sagte Bree. »Ich mag keine Wenns und keine Vielleichts .«
Seit Jahren wurde darüber geredet, dass der Cyberspace eine neue Dimension für die
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