Dead - Ein Alex-Cross-Roman
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Ich ließ mich neben Brian Kitzmiller auf die Knie sinken. Die Kompressen an seinem Hals konnten das viele Blut gar nicht aufnehmen. Es war ein trauriger und grässlicher Anblick.
»Kitz!« Ich griff nach seiner Hand und drückte sie sanft. »Ich bin’s, Alex. Hilfe ist schon unterwegs.«
Seine Finger zitterten leicht in meiner Hand, nicht mehr als die Andeutung eines Händedrucks, aber er war immer noch da.
Endlich schlug er die Augen auf und schien zunächst verwirrt.
Als er mich jedoch erkannte, versuchte er, etwas zu sagen. Er bewegte die geschwollenen und mit Blasen übersäten Lippen, aber ich konnte nicht einmal hören, ob er überhaupt einen Laut von sich gegeben hatte.
»Nicht aufgeben«, sagte ich. »Wir sind da. Du kommst wieder ganz in Ordnung. Nicht aufgeben, Kitz.«
Er versuchte erneut etwas zu sagen, aber ich konnte nichts verstehen.
Dann nahm er, so hatte es den Anschein, all seine Kräfte zusammen und blinzelte zweimal. Danach klappten seine Pupillen nach hinten. Die Sanitäter bemühten sich weiter um ihn, aber als die Trage endlich eintraf, war es vorbei.
Kitz war tot. Er war vor laufenden Kameras gestorben, genau so, wie DCPK es geplant hatte.
Ich wandte mich an Bree. Mein Verstand arbeitete auf Hochtouren. »Kitz hat zweimal geblinzelt. Zwei Killer?«
87
Noch bevor die Hubschrauber der Polizei und der Fernsehsender da gewesen waren, hatte DCPK sich auf das übernächste Dach vorgearbeitet. Dann war er an einem wackeligen Malergerüst hinuntergeklettert und auf einem Parkplatz auf der Rückseite des Hauses gelandet. Hier war er sicher.
Er war heute mit schwerem Gepäck unterwegs, hatte sich eine Schultertasche mit einem Laptop und einer Kamera umgehängt, aber das war nichts, womit er nicht fertig wurde. Er war ziemlich aufgedreht und ging eindeutig schon voll in seiner neuen Rolle auf … und in seiner Geschichte .
Er zog die Latexhandschuhe ab und holte ein silbernes Feuerzeug aus der Hosentasche. Wenige Sekunden später waren die Handschuhe nur noch ein Klümpchen geschmolzenes Gummi auf dem Zementboden. Sollen die Bullen ruhig versuchen, Fingerabdrücke darauf zu finden und das Häufchen bis zu mir zurückzuverfolgen.
Alles andere ließ er so, wie es war: die langen, blonden Haare zu einem Pferdeschwanz geflochten, ein helles Bärtchen, passend zu den gefärbten Augenbrauen, braune Kontaktlinsen, Brille mit Drahtgestell und eine White-Sox-Mütze, die verkehrt herum auf seinem Kopf saß.
Heute nannte er sich Neil Stephens und spielte einen AP-Fotographen aus Chicago. Seine Kamera war eine nagelneue Leica. Er würde sich in dieser Umgebung wunderbar einfügen. Ohne jede Schwierigkeit. Außerdem würde er mit eigenen Augen sehen, wie die ganze Sache ihrem Höhepunkt entgegenstrebte. Konnte alle Beteiligten aus der Nähe beobachten, konnte überprüfen, wie sie unter Druck reagierten. Niemand
hätte das besser hingekriegt als er, nicht einmal Kyle Craig in Höchstform.
Als er aus der A-Street auf die Neunzehnte trat, wirkte der ganze Straßenzug wie der reinste Zirkus - und das war gut so . Er stellte sich auf die Stoßstange eines parkenden Autos und machte ein paar Weitwinkelaufnahmen - hin und her fahrende Streifenwagen, Notarztwagen, der Mannschaftsbus einer Spezialeinheit, der auf dem Parkplatz des Armory stand, ein Dutzend oder noch mehr Übertragungswagen von diversen Fernseh- und Radiosendern. Hunderte von Anwohnern. Sie standen überall auf der Straße in Grüppchen zusammen und versuchten rauszukriegen, was, zum, Teufel, hier eigentlich los war.
Wusste es denn schon jemand? Waren sie schon dahintergekommen? DCPK war gerade dabei, ihr piefiges, kleines Wohnviertel ins Bewusstsein der Weltöffentlichkeit zu befördern. Bald schon würden sie alle anfangen, Gott zu danken, dass das nicht ihnen passiert war.
O ja, heute Abend würden etliche Kleingeister auf Wolke sieben schweben. Er gehörte jetzt zum Kreis der Besten aller Zeiten, oder etwa nicht? Auf einer Stufe mit Kyle Craig.
Als die Hubschrauber eintrafen, hatte die Polizei es wenigstens geschafft, die Menschenmassen in einen sicheren Abstand zum Tatort abzudrängen. Alex Cross war da - und Bree Stone auch. Langsam spielt sie eine größere Rolle, als ihr eigentlich zusteht , dachte er. Vielleicht war es an der Zeit, etwas dagegen zu unternehmen.
Das könnte seine nächste Geschichte werden.
88
Neil Stephens, AP, drängte sich Schulter an Schulter mit den anderen Presseleuten, die alle um das eine
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