Dead End: Thriller (German Edition)
kleines Lächeln nicht verkneifen. Er sah es im selben Moment, als ihm klar wurde, was er gerade gesagt hatte. »Siehst du, ich kann einfach nicht anders«, fuhr er fort. »Ich hätte doch lieber in die Forschung gehen sollen.«
Evi zeigte auf einen Sessel, der ganz in der Nähe stand. Er setzte sich und hielt sein Weinglas in beiden Händen.
»Das mit deinen Kollegen hättest du mir auch am Telefon sagen können«, bemerkte sie.
Er hob das Glas an die Lippen und stellte es dann sachte auf einem Beistelltisch ab. »Stimmt«, antwortete er. »Aber ich war neugierig genug, selbst mal einen Blick in die Aufzeichnungen zu werfen. Und da ist mir was aufgefallen.«
Evi schürzte die Lippen und zog die Brauen hoch.
»Einem Patienten von uns, der sich selbst verletzt, würde automatisch eine Therapie empfohlen werden«, erklärte Nick. »Natürlich nehmen nicht alle dieses Angebot an, und die Zahl der Abbrecher ist ziemlich hoch, aber es kommt selten vor, dass jemand gleich von Anfang an ablehnt.«
»Das klingt logisch«, meinte Evi. »Selbstverletzendes Verhalten ist oft ein Ruf nach Aufmerksamkeit. Die bietet eine Therapie.«
Nick nickte zustimmend. »Wenn ein Student, der bei uns Patient ist, so ein Verhalten an den Tag legt, verweisen wir ihn auf jeden Fall an dich und dein Team«, sagte er. »Ich hab mal ein paar andere Allgemeinarztpraxen hier in der Gegend angerufen und gefragt, wie die das handhaben. Genauso. Ich bin mir also ziemlich sicher, dass ein Student, der hier in der Stadt einen Suizidversuch unternimmt, an dich verwiesen werden würde.«
»Und dann sind die bei uns registriert«, sagte Evi. »Wir haben die Informationen, nach denen ich suche. Wieso habe ich nicht daran gedacht?«
»Wenn du in eurer Datenbank nach dem ursprünglichen Überweisungsgrund suchen kannst, kannst du sie wahrscheinlich ziemlich schnell finden.«
Er hatte recht. Wenn sie Zeit dafür hatte, würde sie sich schwarzärgern, dass sie nicht zuerst darauf gekommen war.
»Sekunde.« Evi drehte sich zu ihrem Bildschirm um und tippte ihren Usernamen und ihr Passwort ein, um sich bei der Datenbank des Psychologischen Beratungsdienstes einzuloggen. Noch ein paar Sekunden, und sie gab Selbstverletzendes Verhalten als Suchbegriff ein.
»Da haben wir’s ja«, stellte sie fest und überflog rasch die Einträge. »Neun in den letzten fünf Jahren. Sieben davon Frauen.«
37
Von: DC Lacey Flint
Betreff: Einsatzbericht 2
Datum: Mittwoch, 16. Januar, 21 Uhr 17
An: DI Mark Joesbury, Scotland Yard
Grüße vom Planeten Starbucks, DI Joe. Uups, Verzeihung, Sir, ich hab die letzte Stunde damit verbracht, Prosecco zu inhalieren, und der ist mir zu Kopf gestiegen.
Jedenfalls, hier die große Neuigkeit. Nicole Holt war Ende Oktober vier Tage lang verschwunden. Laut den Mädchen aus ihrem Flur ist sie freitags zu einer Vorlesung gegangen und kam das ganze Wochenende nicht wieder. Sie sind sich ziemlich sicher, wann das war, sie wissen nämlich noch, dass sie die Halloweenparty verpasst hat. Zuerst haben sich ihre Freundinnen nicht allzu viele Gedanken gemacht. Sie sind einfach davon ausgegangen, dass sie sich zu ihrem Freund im Peterhouse College abgeseilt hat, aber dann ist der am Sonntagabend aufgekreuzt und hatte sie auch das ganze Wochenende nicht gesehen.
Sie werden jetzt fragen, ob sie bei der Polizei waren, nicht wahr? Waren sie nicht. Verdammte Vollidioten! Anscheinend war das schwierig, sie wollten keinen Riesenaufstand machen oder Nicole in Verlegenheit bringen, falls sie einfach nur mit jemand anderem losgezogen war. Sie haben ein paar von ihren Freunden abtelefoniert, aber niemand hatte etwas gehört. Und dann, um zwei Uhr morgens, als sie so langsam dachten, dass sie das Ganze vielleicht doch melden sollten – Was meint ihr, Mädels, holen wir die netten Jungs in Uniform? –, haben zwei Mädchen aus dem Erdgeschoss sie im Treppenhaus gefunden.
»Im Treppenhaus?«, sage ich verdutzt.
»Jawohl, im Treppenhaus«, antworten sie. »Natürlich kann sie nicht den ganzen Abend da gewesen sein, sonst hätte sie ja jemand gesehen. Sie war gar nicht richtig wach. Hat überhaupt nichts gerafft.« (Da war sie wohl nicht die Einzige, würde ich sagen!)
Also, meine neuen besten Freundinnen Schnarchbacke, Torfnase und Schlafmütze haben ein Mädchen im Treppenhaus gefunden, das unter Drogen stand und nur halb bei Bewusstsein war, konnten nichts Verständliches aus ihr rauskriegen und wollten gerade den Notarzt rufen, als sie wieder zu
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