Dead End: Thriller (German Edition)
Gebäude zu einzuschlagen. Er tat es mir nach und verstellte mir so den Weg.
»Was glauben Sie eigentlich, was Sie hier gerade machen?«, fragte ich ziemlich aufsässig, obwohl ich mittlerweile ein ganz klein wenig Angst vor ihm bekommen hatte. Er war Anfang sechzig, und obgleich er in keinerlei Hinsicht ein großer Mann war, wäre er mir wahrscheinlich kräftemäßig überlegen. Und da war irgendetwas in seinen Augen, das nicht so recht nach einem klaren Verstand aussah.
»Mein Land«, sagte er. »Ich kann machen, was ich will.«
»Nein, können Sie nicht«, widersprach ich. »Gehen Sie mir aus dem Weg.«
Er rührte sich nicht, zeigte lediglich nachdrücklich mit der Rechten. »Sie gehen da lang.«
»Wie heißen Sie?«, fragte ich.
»Und wie heißen Sie?«, gab er zurück.
Na ja, damit hatte er die Oberhand. Laura Farrow durfte sich nicht auf einen Streit mit einem Grundbesitzer aus der Gegend einlassen. Wenn die Polizei sich mit der Angelegenheit befasste, würden sie schnell herausfinden, dass Laura Farrow gar nicht existierte. Das konnte die ganze Undercover-Operation gefährden.
»Einen schönen Abend noch, Sir«, sagte ich, was bei genauerem Nachdenken wahrscheinlich nicht besonders schlau war. Jemandem einen schönen Abend zu wünschen und ihn Sir zu nennen, war eindeutig eine Polizistennummer. Ich machte kehrt und ging rasch zum Waldrand. Wieder über den Zaun, und ich befand mich auf der Wiese. Als ich mich umdrehte, beobachtete er mich immer noch.
Ich lief los. Und hielt nicht an, bis ich bei meinem Auto anlangte.
Zu Hause fand ich eine E-Mail von Evi vor, die wissen wollte, ob ich morgen Abend Zeit hätte, sie zu einer Party zu begleiten. Das wäre eine Gelegenheit für mich, Leute kennenzulernen, meinte sie, und vielleicht hätten wir dabei Zeit, uns zu unterhalten, falls sich etwas ergeben hätte.
Außerdem, ging mir auf, wäre das eine Chance, sie über Nick Bell auszufragen, ob sie ihn kannte, was sie von ihm hielt. Ich schickte ihr eine rasche Mail, dass ich gern mitkäme, und sie antwortete umgehend mit der Adresse. Ein Bauernhaus gleich außerhalb von Cambridge. Wir würden uns um acht Uhr dort treffen.
Ich verbrachte den Abend damit, mich abermals im Internet herumzutreiben und nach Seiten Ausschau zu halten, die gefährdete Personen wie Bryony, Nicole und Jackie vielleicht dazu verleiten könnten, sich das Leben zu nehmen. Wenn es dort draußen solche Websites gab, dann waren sie schwer zu finden. Allmählich war ich immer mehr davon überzeugt, dass Evis Theorie nicht stimmte. Als ich das Gefühl hatte, dass mir gleich die Augen aus den Höhlen fallen würden, schickte ich Joesbury meinen Bericht und ging ins Bett.
45
Joesbury stieß die Luft aus, von der er gar nicht gemerkt hatte, dass er sie angehalten hatte. Herrgott noch … mit welchem Teil von Sie sind nicht dort, um zu ermitteln tat diese Frau sich so schwer? Er lehnte sich zurück, reckte sich, rieb sich die Augen und las den Absatz noch einmal.
Das hier sind keine Vergewaltigungen während eines Dates, Sir. Diese vier Frauen, mit Bryony fünf, haben sich nicht von jemandem abschleppen lassen, den sie in einer Bar kennengelernt haben. Sie haben alle geglaubt, dass jemand nachts in ihr Zimmer gekommen ist und sie missbraucht hat. Die meisten Mädchen schließen im College nachts ihre Zimmertüren ab, was bedeutete, dass sich jemand durch verschlossene Türen Zutritt verschafft hat. Die meisten Frauen würden doch aufwachen und zetermordio schreien, wenn sie mitten in der Nacht von einem Fremden betatscht werden.
Außer dir, Lacey, dachte Joesbury, während er zum Fenster ging. Ein Fremder, der dich nachts betatscht, das ist für dich etwas völlig Normales. Großer Gott, er musste weg von diesem Fall. Nein, er musste sie von diesem Fall weghaben. Er konnte einfach nicht klar denken, wenn … und allmählich kam er sich in diesem Hotelzimmer vor wie ein Tier im Käfig. Er würde ja einen Spaziergang machen, nur war ihm vollkommen klar, wo er dann landen würde. Auf der Grünfläche vor dem Wohnheim des St. John’s College.
Stattdessen drehte er sich um und betrachtete die blaue Akte neben seinem Laptop auf dem schmalen Hotelschreibtisch. Er wusste ganz genau, wer die vier Frauen waren. Freya Robin, Donna Leather, Jayne Pearson und Danielle Brown. Er fing schon allmählich an, ihre Namen – und die all der anderen – im Schlaf herzusagen. Er seufzte und wandte sich wieder dem Bericht zu.
Grundgütiger, an einem einzigen
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