Dead End: Thriller (German Edition)
erwartet«, ließ sich die Stimme des Bosses hinter ihm vernehmen.
Joesbury brummte etwas von einem Unfall auf der M1. »Der Wagen hat nichts ergeben«, fügte er rasch hinzu. Er meinte das Auto, in dem die drei Männer nach der Wasserattacke auf Lacey getürmt waren. »Ist auf einen Mensa-Angestellten Ende fünfzig zugelassen. Der hatte nicht mal gemerkt, dass jemand es sich ›ausgeborgt‹ hatte.«
»Also ’ne Studentennummer?«
»Höchstwahrscheinlich. Spärlich bekleidete junge Frauen einzuweichen, das scheint nach allem, was ich gehört habe, ziemlich oft vorzukommen. Und die hätten sie nie so schnell ins Visier nehmen können.«
Phillips rieb sich mit beiden Zeigefingern in kreisenden Bewegungen die Schläfen, als wolle er lästige Kopfschmerzen lindern. »Na ja, es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass sie sie überhaupt zur Zielscheibe machen.«
Joesbury schwieg. Das hatte er sich selbst auch schon mehr als einmal gesagt.
Der Kaffee lief ein, und die beiden Männer traten von der Maschine weg.
»Wissen Sie, Chef, wenn wir das Ganze jetzt publik machen, ist Schluss. Wenn die Behörden und auch die Studenten selbst erst mal wissen, was da gelaufen ist, dann wird das nicht weitergehen.«
»Wenn wir jetzt an die Öffentlichkeit gehen, kriegen wir sie nie. Dann gehen die in eine andere Stadt und fangen da mit derselben Nummer an. Da steckt für die viel zu viel Kohle drin, um einfach aufzuhören. Und von dem Mordszoff, den wir mit den Kollegen in Cambridge kriegen, will ich gar nicht reden. Stellen Sie sich vor, wir behaupten, denen wären x widerrechtliche Tötungsdelikte durch die Lappen gegangen, ohne irgendwelche Beweise in der Hand zu haben.«
»Ist Ihnen mal der Gedanke gekommen, dass die dortige Polizei vielleicht mit drinsteckt?«, fragte Joesbury. »Jeder sogenannte Selbstmord schön ordentlich abgeschlossen, sämtliche Beweise vorhanden, alles abgehakt. Wie wahrscheinlich ist denn so was in der realen Welt?«
Phillips schwieg einen Moment. »Na ja, damit wäre das Tor ein bisschen breiter gesteckt«, meinte er.
»So breit wie das ganze Scheißspielfeld«, knurrte Joesbury.
Etliche Minuten lang dachte ich, in meinem Zimmer wäre es dunkler als sonst. Dann wurde mir klar, dass ich einfach nur die Augen nicht aufbekam. Ein kleines Stück rechts von meinem Kopf, wo das Fensterbrett als Nachttisch fungierte, konnte ich das kratzende Geräusch hören. Vor meinem geistigen Auge sah ich lange, knochige Finger, lange gelbe Nägel, die Hand gekrümmt wie eine Klaue, als sie abermals an der Scheibe hinuntergezogen wurde. In Wirklichkeit konnte ich gar nichts sehen. Meine Augen wollten sich einfach nicht öffnen.
Ich versuchte, einen Laut hervorzubringen. Nur einen ganz kleinen, ganz hinten im Hals, um zu beweisen, dass ich meinen Körper noch unter Kontrolle hatte. Es war nichts zu hören außer dem unerbittlichen Kratzen. Dann verstummte das Geräusch. Es wurde durch das Quietschen ersetzt, mit dem der Fensterriegel von außen mit Gewalt hochgedrückt wurde. Dann das Geräusch des sich öffnenden Fensters.
Ich konnte kalte Luft auf meinem Gesicht spüren, dann noch etwas anderes; es könnten die Vorhänge gewesen sein, die dagegengeweht wurden. Und dann, am allerschlimmsten, ein Knarren, das Reibungsquietschen, das Glas beim Anfassen macht, dann ein leiser Aufprall. Die Geräusche, mit denen jemand durchs Fenster gestiegen kam.
»Ich lass das von jemandem überprüfen. Mal sehen, ob jemand von den Kollegen da unten vorbestraft ist. Oder ob irgendwelche von denen mit Kohle um sich werfen.«
Phillips kehrte in sein Büro zurück und Joesbury zu Flints Bericht. Ach du Scheiße, Falken! Für wen hielt dieser Vollidiot sich eigentlich? Für Robin Hood?
Joesbury seufzte. Es würde vielleicht noch eine Viertelstunde dauern, diese jüngste Episode von Krieg und Frieden zu Ende zu lesen und eine rasche Antwort zu tippen, dann konnte er gehen. Morgen sollte er seinen Sohn treffen, zum ersten Mal seit drei Wochen. Überhaupt Zeit mit Huck zu verbringen wurde in letzter Zeit immer schwieriger. Was eigentlich ja die blanke Ironie war, wenn man bedachte, dass die angebliche Vernachlässigung seines Kindes einer der Gründe gewesen war, weshalb seine Frau ihn verlassen hatte.
Joesbury las die Mail zu Ende, und ihm wurde klar, dass er fürs Erste nirgendwo hingehen würde. Er markierte einen Teil des Textes und leitete die Mail an seinen Boss weiter, mit dem Zusatz »Dringend«. Als er sah, wie PP seine
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