Dead Man's Song
wollten, waren Einzelheiten, Mann, aber die einzigen, die Einzelheiten kannten, waren die vier anderen Cops, die an dem Einsatz beteiligt gewesen waren. Zwei von ihnen, Kling und Brown, hatten sich mit dem Lieutenant und Maxie Blaine eingeschlossen. Die anderen beiden, Carella und Meyer, waren bei Willis im St. Mary’s Hospital. Es war niemand verfügbar, der irgendwelche genauen Informationen zu haben schien, und daher ergingen sich die versammelten Detectives in Spekulationen.
Sie wußten nur, daß in der Wohnung irgend etwas furchtbar schief gegangen war. Und da Bert Kling den Einsatz angeführt hatte, kamen die herumrätselnden Cops auf die Idee, daß vielleicht er es gewesen war, der etwas falsch gemacht hatte und daher irgendwie dafür verantwortlich war, daß Willis jetzt im Krankenhaus lag. Andererseits äußerten einige Detectives die Vermutung, daß Willis vielleicht selbst für seinen »Unfall« verantwortlich war, und das führte zur nächsten Überlegung, daß er vielleicht ein Cop war, der das Pech anzog. Denn entweder machte er seinen Job nicht richtig - das wurde aber nur im Flüsterton geäußert -, oder er war verflucht. So oder so war er niemand, den man sich als Partner wünschte. Der Polizeidienst war gefährlich. Man hatte keine Lust, mit einem geborenen Pechvogel von Cop Dienst zu tun, der das Risiko für einen erhöhte. So dachten einige Detectives im Revier, und ein paar sprachen es an diesem trüben Dezembermorgen auch aus. Die Loyalität unter Polizisten glich der Loyalität unter Soldaten. Wenn ihnen die Scheiße um die Ohren flog, hieß es: einer für alle und alle für einen. Aber das bedeutete nicht, daß man gemeinsam einen trinken ging, wenn die Schlacht geschlagen und gewonnen war. Oder verloren, wie es in dieser Nacht der Fall gewesen zu sein schien, trotz der Tatsache, daß eine Verhaftung vorgenommen worden war. Alles in allem erzeugte der Umstand, daß Willis angeschossen worden war, eine düstere Stimmung im Dienstraum, die eine Rückkehr zur Tagesordnung längst nicht so musketiermäßig erscheinen ließ, wie das Fernsehen einen immer glauben machen wollte.
An diesem Morgen drängelte sich im Dienstraum die übliche Ansammlung von Übeltätern, die in der vorangegangenen Nacht aufgelesen worden waren: eine Kollektion Nutten, eine Kollektion Diebe, eine Kollektion Straßenräuber, eine Kollektion Drogendealer. Nutten wurden normalerweise durchaus freundlich behandelt, wobei die Cops gelegentlich schon mal die Hände wandern ließen, wenn sich die Gelegenheit ergab, und die Mädchen sich lautstark über polizeiliche Brutalität aufregten, wobei sie doch aus Erfahrung wußten, daß sie damit niemals weiterkämen. An diesem Morgen war es anders. Die Mädchen, die man in der Nacht festgenommen hatte, wurden ziemlich unfreundlich in die Transporter geschoben, die sie in die Innenstadt zur Registrierung bringen sollten. Diesmal gab es keine launigen Kabbeleien. Sie waren Huren, und ein Cop war angeschossen worden, und jetzt war nicht der Zeitpunkt für irgendwelche Nettigkeiten.
Diebe - solange sie keine Junkies waren - wurden gewöhnlich mit einem Mindestmaß an Respekt behandelt. Aus Gründen, die nur von Cops verstanden wurden, galt ein Dieb seltsamerweise als ein Art Gentleman, obgleich er in das Heim eines Menschen eindrang, seine Privatsphäre verletzte und sich an seinem persönlichen Eigentum bereicherte. Professionelle Diebe und Einbrecher waren nur sehr selten auch gewalttätig. Cops wußten das zu würdigen. Einen Junkie, der einen Einbruch verübt hatte, faßten sie gelegentlich ein wenig rauher an, aber einen Profi behandelten sie wie einen Gleichrangigen, der rein zufällig auf der anderen Seite des Gesetzes stand. Nicht an diesem Morgen. An diesem Morgen war ein Cop angeschossen worden, und es gab keine Vertraulichkeiten á la Hallo-George-seit-wann-bist-du-denn-wieder-draußen? An diesem Morgen war jeder ein verdammter Krimineller, und jeder war schuldig.
An diesem Morgen litten die Gewalttäter am meisten.
Körperverletzung war niemals ein besonders beliebtes Verbrechen, aber wenn man an diesem Morgen im Park eine alte Lady niedergeschlagen und ihre Handtasche geklaut hatte, war man fällig. Körperverletzung war nicht das gleiche, als würde man auf jemanden schießen, aber für die Cops des 87. Reviers kam es dem an diesem Morgen, an dem einer aus ihrer Reihe mit einer tödlichen Waffe attackiert worden war, doch verdammt nah. Aber wenn man an diesem Morgen
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