Dead Man's Song
Marokkanische Schlucktechnik beherrschte. Was auch immer das war. Als ob Betty das interessiert hätte.
Sie wollte nichts anderes, als daß die Cops ihn verhafteten und auf den elektrischen Stuhl schickten. War das für lausige fünfzigtausend Scheine etwa zuviel verlangt?
Das alles erzählte sie ihnen am Mittwoch morgen, dem 1. Dezember.
Um Viertel nach eins am nächsten Morgen fuhren fünf Detectives des 87. in die Stadt, um Maxwell Corey Blaines Wohnungstür aufzubrechen.
Nur einer von ihnen wurde angeschossen.
6
Sie kamen mit einem Haftbefehl, der ihnen erlaubte, auf das Anklopfen zu verzichten, und Kevlarwesten, weil der Kerl nach allem, was Betty Young ihnen erzählt hatte, kein harmloser Bäckerbursche war.
Das Problem mit den meisten Mietshäusern in vielen Teilen der Stadt war, daß sie nicht für komplizierte Polizeieinsätze gebaut waren. Maxwell Corey Blaine lebte nicht auf einer Farm in Beaucoup Acres, Louisiana, wo die Männer des Sheriffs eine mit Bäumen gesäumte, grasbewachsene Auffahrt heraufkommen und die Haustür mit einem Rammbock und je fünf Cops auf beiden Seiten aufsprengen konnten - du liebe Güte, was haben die Rinder sich erschreckt! Maxwell - oder Maxie, wie er noch immer von seiner ehemaligen, mittlerweile redselig gewordenen Freundin genannt wurde - wohnte in einem sechsstöckigen Haus ohne Fahrstuhl in einer engen Straße in Calm’s Point. Es war ein Teil der Stadt, der früher mal schön und friedlich gewesen, nun jedoch häßlich und barbarisch war und während der nächsten zehn Jahre saniert werden sollte, womit ein Kreislauf in Gang gesetzt wurde, der sich unweigerlich wiederholen würde, obgleich das niemand im Stadtrat im mindesten wahrhaben wollte.
Das Gebäude bestand aus roten Ziegeln, die vom Ruß der Jahrhunderte schwarz gefärbt worden waren. Die Treppen waren steil, die Flure eng. Auf jeder Etage befanden sich vier Apartments, und um diese frühe Morgenstunde - sie hatten sich draußen um Viertel vor zwei versammelt - drangen Schlafgeräusche durch doppelt verriegelte Türen nach draußen. Sie bewegten sich in den kugelsicheren Westen ein wenig schwerfällig. Außerdem trugen sie Winterkleidung unter den Westen. Die Handschuhe hatten sie innerhalb des Gebäudes abgestreift, und alle waren mit AR-15-Sturmgewehren bewaffnet. In diesen Fluren, in denen die Treppen aus der Jahrhundertwende sich steil nach oben wanden, war kein Platz für den Einsatz eines Rammbocks. Schließlich hatten die Männer den fünften Stock erreicht und postierten sich.
Diese Männer waren Kollegen und Freunde. Es gab keine lächerlichen Streitereien, keiner versuchte, den anderen auszutricksen und sich beim »Übernehmen der Tür« zu drücken, womit die zehn gefährlichsten Sekunden im Leben eines jeden Polizisten gemeint waren. Kling erklärte den anderen, daß er diesmal an der Reihe wäre. Es waren er und Brown gewesen, die zuerst in die Pizzeria gerufen worden waren, daher war dies offiziell ihr Fall und ihr Einsatz. Er würde daher die Tür übernehmen, flankiert von Carella und Brown und mit Willis und Meyer als Unterstützung. Es war sehr kalt auf dem Treppenabsatz im fünften Stock. Sein Atem fächerte als weiße Wolke aus seinem Mund, während er all dies den anderen im Flüsterton erklärte.
Er hatte den schweren Coltkarabiner mit beiden Händen gepackt. In der Wohnung befand sich ein Mann, der einen Mord begangen hatte, ein Mann, von dem der Richter meinte, daß er gefährlich genug war, um ihm einen Besuch abzustatten, ohne anzuklopfen. Das Team war gut. Diese Männer hatten schon des öfteren zusammengearbeitet und wußten genau, was sie hier und heute erwartete und was sie zu tun hatten. Carella und Brown würden die Tür sichern. Kling würde sie eintreten. In dem Moment, in dem das Schloß seinen Geist aufgab, würden die drei in den Raum stürmen, während Willis und Meyer hinter ihnen in Position gingen. Wenn sie Glück hatten, war in zwei oder drei Minuten alles vorbei.
Kling drückte das Ohr gegen das Holz und lauschte.
Er hörte nichts.
Er lauschte noch einen Moment länger, trat von der Tür zurück und vergewisserte sich mit einem leichten Kopfnicken, daß die anderen bereit waren. Er holte tief Luft, zog das rechte Knie an, streckte den linken Arm aus, um das Gleichgewicht zu bewahren, und packte mit der rechten Hand den Griff des Gewehrs fester. Die Wucht seines Tritts, kombiniert mit der Vorwärtsbewegung und dem Gewicht seines Körpers, sprengte das
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