DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)
ihm heraus und überzog es mit einer Schicht aus Glibber.
Die Männer standen um die Erscheinung herum und starrten sie stumm an, angewidert von ihrer Form, ihrer bloßen Existenz.
Morse nahm sein Gaff und halbierte das Tier mit einem gezielten Schlag. Eine braune Flüssigkeit, die aussah wie Spinnenblut und stank wie eine Leiche, die man gerade aus dem Fluss gezogen hatte, spritzte auf den Boden. Das Biest gab ein feuchtes, gluckerndes Geräusch von sich, und an einem Ende öffnete sich so etwas wie ein runzliges schwarzes Maul, in dem sich etwas bewegte – eine Art Zunge. Morse hieb weiter mit dem Gaff darauf ein, bis das Biest in fünf oder sechs Stücke zerhauen war und in einer Lache aus schleimigem Glibber und braunem Blut reglos liegen blieb.
Morse atmete schwer, Schweiß stand auf seiner Stirn. »So was wie das«, keuchte er, »dürfte eigentlich gar nicht existieren.«
Und Gosling konnte nur daran denken, dass es die ganze Zeit in der Jacke gesteckt hatte. Verborgen in einem Ärmel oder einer Falte. Er hatte auf der Leiter gestanden und die Jacke mit der Stange nach oben gereicht, wo Marx sie ihm mit dem Haken abgenommen hatte. Jeden Moment hätte ihm dieses Ding ins Gesicht plumpsen können.
Normalerweise hätte Gosling sich jetzt ekeln müssen, aber dafür blieb keine Zeit.
Denn etwas rammte die Wartungsluke von unten und rammte sie noch einmal. Alles, woran er denken konnte, waren die Schrauben, die auf dem Deck verteilt lagen. Marx war noch nicht dazu gekommen, den Lukendeckel zu verschließen. Erneut schlug etwas von unten dagegen. Eilig schnappte Marx sich eine Schraube, kniete sich auf den Deckel und begann, sie festzudrehen – und wurde mitsamt dem Deckel mit großer Wucht zur Seite geschleudert.
Was aus dem Loch herausglitt, hatte nicht die Dicke eines Gartenschlauchs, sondern eher die eines kräftigen Oberschenkels. Ein Wurm. Aber bei diesem hier schien es sich um die Mutter aller Meereswürmer zu handeln, oben grau gesprenkelt und unten weiß triefend, mit Fäden aus transparentem Schleim, der von seinem faltigen Maul herabhing wie Sabber.
Marx gab einen undefinierbaren Laut von sich, aber Gosling hatte nicht den Atem dafür.
»Oh mein Gott«, flüsterte Morse.
Etwas mehr als ein Meter ragte aus der Luke heraus. Der Wurm war nass, schleimig und stinkend. Er wand sich auf eine abstoßende Weise in dem kalten elektrischen Licht. Sein schwarzes runzliges Maul öffnete sich und entblößte eine Art Zunge; eine Zunge, geformt wie ein Korkenzieher, dazu bestimmt, sich in das Fleisch seiner Opfer zu bohren. Wie ein Tiefsee-Schleimfisch, wie ein Schmarotzeraal konnte sich diese Monstrosität – genau wie das tote kleinere Exemplar auf dem Boden – in sein Opfer hineinbohren und es von innen verschlingen.
Jedenfalls malte Gosling es sich so aus. Aber er glaubte zu wissen, dass es der Wahrheit entsprach.
Der Wurm schwankte hin und her wie eine schwimmende Schlange. Er zischte, und die abscheuliche rosa Zunge schoss zehn, 15 Zentimeter aus dem Maul heraus. Es sah obszön und widerwärtig aus. Als Morse mit seinem Gaff zuschlug, gab der Wurm einen hohen, klagenden Laut von sich. Immer weiter schlug Morse darauf ein, und das Biest reagierte darauf, indem es seinen Körper wie einen Ballon aufblähte, wobei ganze Ströme dieses ekelhaften Schleimes aus seinen Poren strömten und es mit einem rotzigen Geflecht überzogen.
Morse hatte es wütend gemacht.
Ein weiterer halber Meter der Kreatur schob sich aus dem Mannloch, jetzt so aufgeblasen und geschwollen in seiner Abwehrhaltung, dass es so dick zu sein schien wie die Taille eines Menschen.
Gosling schnappte sich einen Schraubenschlüssel und schlug dort zu, wo er den Kopf des Wurms vermutete.
Morse hieb weiter mit dem Gaff nach dem Biest.
Aber Marx hatte eine bessere Idee. Er rannte los und kam gleich darauf mit einem CO2-Feuerlöscher zurück. Er zog den Sicherungsring ab und besprühte den Wurm mit kaltem weißem Nebel. Die Wirkung trat sofort ein. Die Kreatur hatte sich aufgebläht, wahrscheinlich zu Abwehrzwecken, und jetzt schrumpfte sie wieder auf ihre ursprüngliche Dicke. Sie wand sich und schlug um sich, um das Löschmittel abzuschütteln, das ihm seine Körperwärme entzog.
»Hier hast du noch mehr, du Mistvieh«, rief Marx und sprühte das Biest ein, bis man es nicht mehr sehen konnte, nur noch den weißen, wallenden Nebel und den Schleim, den es absonderte. Mit einem schrillen, ohrenbetäubenden Kreischen und einem
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