DEAD SHOT
entdeckten aber sonst niemanden. Kyle zeigte auf die Treppe. Sybelle entledigte sich des hinderlichen Gewands, nahm das Tuch ab und folgte Kyle leise die Stufen hinauf.
Die Tür am oberen Treppenabsatz war zu. Langsam drückte Swanson sie auf. Da niemand zu sehen war, ging Kyle nach rechts, Sybelle nach links. Niemand. Auf dieser Etage gab es nur noch einen anderen Raum. Sybelle gab Kyle Deckung, während er mit voller Wucht gegen die Tür rannte und sich am Boden abrollte; die Tür flog auf, prallte aber nicht gegen die Wand. Sofort schoss Kyle mehrmals durch die Tür, hinter der sich ein Wächter versteckt hatte. Mit einem erstickten Laut sank der Mann zu Boden. Zur Sicherheit verpasste Kyle ihm noch eine Kugel in den Kopf.
Sie schlichen weiter. Im dritten Stockwerk war niemand. Und als sie bis zum Dach krochen, sahen sie den Posten keine zehn Schritte entfernt in der Morgensonne stehen. Er schaute immer noch durch den Feldstecher und verfolgte die Aktivitäten der herannahenden amerikanischen Panzer. Kyle schlich sich von hinten an den Mann, trat ihm in die Kniekehle und riss ihm im selben Moment den Kopf nach hinten. Sobald der ahnungslose Späher am Boden lag und nicht mehr von der Straße aus zu sehen war, schoss Kyle ihm ins Auge und schleifte den Toten dann ins Haus. Sybelle sprang über die Leiche, nahm noch schnell die beiden Handys mit, die auf der Brüstung der Dachterrasse lagen, und eilte zurück ins Innere.
Dort behandelte sie die Handys wie rohe Eier. Normalerweise war bei einer Fernzündung bereits eine Nummer gewählt. Dann brauchte man nur noch eine Taste zu drücken, und der Sprengsatz detonierte. »Puh«, murmelte sie. »Jetzt schön vorsichtig.«
»Sieh dir das an, Kyle«, sagte sie und zeigte auf die Zeichen und, die man mit schwarzer Farbe auf die Displays der Handys geschmiert hatte. »Die arabischen Zeichen für ›eins‹ und ›zwei‹. Dürfte sich auf die beiden Häuser beziehen.«
»Gut möglich«, erwiderte Kyle. »Ich hab derweil diesen Kerl hier durchsucht. Scheint unbedeutend zu sein. Vermutlich traut man ihm gerade noch zu, die Tasten auf den Handys zu drücken. An der Planung war er bestimmt nicht beteiligt.«
»Und wie kommen wir jetzt an die anderen ran?«, fragte sie.
Kyle grinste. »Wir lassen es richtig knallen und gucken, was passiert.«
»Okay«, meinte Sybelle, griff sich das Handy mit der arabischen zwei und drückte die SENDEN-Taste.
Die ganze Stadt schien zu erbeben, als ein greller Blitz über einem der Häuser zuckte, gefolgt von einem ohrenbetäubenden Knall. Die drei Wachen an dem Gebäude wurden von einem wahren Feuerball verzehrt, dessen Flammen in die Höhe schlugen und in die Straße schossen. Schutt und Steine wurden durch die Luft geschleudert und rissen alles mit sich, was ihnen in die Quere kam. Die nachfolgende Druckwelle war meilenweit zu spüren und ließ alle Fensterscheiben im Stadtviertel platzen.
Swanson und Summers hatten Schutz an einer Wand gesucht, als die Druckwelle mit voller Wucht über die Häuser hinwegfegte. Deckenbalken ächzten, der Putz rieselte von den Wänden. Geschirr und Möbel wurden durch den Raum geschleudert. Kyle und Sybelle atmeten durch den Mund, um den Druck auf den Trommelfellen auszugleichen. Eine umherfliegende Lampe traf Sybelle am Kopf; Kyle bekam ein Tischbein in den Magen.
Als die Hauptdetonation vorüber war, gingen kleinere Sprengsätze mit lautem Knall in die Luft, und als Kyle und Sybelle schließlich auf das Dach krochen, sahen sie, dass von dem verdächtigen Haus nichts mehr übrig war. Im Boden klaffte ein schwarzes Loch, aus dem Rauch aufstieg. Auch die benachbarten Häuser waren komplett zerstört und unbewohnbar. Hätte der Colonel den Befehl gegeben, das Haus zu stürmen, wären etliche seiner Männer ums Leben gekommen.
Drei Blocks entfernt wurde der Kommandant der Aufständischen von dem Druck der Explosion zu Boden geworfen. Doch er sprang gleich wieder auf und rief außer sich vor Zorn: »Er hat zu früh gezündet! Dieser dumme, ignorante Hurensohn! Die Amerikaner sind noch nicht mal in den Straßen, und jetzt sind sie gewarnt! Ich bringe diesen Hund mit eigenen Händen um!«
Juba lachte. »Du bist ein Narr. Wenn du zu dem Haus läufst, bist du es, der sein Leben verliert. Dein Hinterhalt ist gescheitert.«
Wütend wirbelte der Kommandant auf dem Absatz herum. »Nenn mich nicht einen Narren! Wie kannst du es wagen, die Gastfreundschaft meines Hauses anzunehmen und mich dann zu
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