DEAD SHOT
Stufe zwei übergehen.«
»Okay, einverstanden. Sollen wir den Dienstweg einhalten?«
»Noch nicht. Stufe zwei kann ich allein anordnen. Lass uns diesen Typen knacken.«
»Ein gefährliches Spiel, Carolyn«, warnte Hunt. »Ich sehe uns schon vor einer unabhängigen Expertenkommission Rede und Antwort stehen. Wir sollten in zwei, drei Sätzen andeuten, dass unser Herr Mustermann wahrscheinlich auf einer Terroristenliste steht, damit wir auf der sicheren Seite sind.«
»Das Leben war einfacher, als wir noch nicht so viel Macht besaßen«, sagte sie und erinnerte sich an die Zeit, als die Agency sich mit solchen Dingen nicht aufhielt. »Okay. Schreiben wir den kurzen Bericht, aber ich halte mich bedeckt, damit wir Zeit gewinnen.«
Die großen Agenten Evan Brown und Kealoha Kepo’o waren speziell für erweiterte Verhörmethoden ausgebildet: Sie wussten, wie man Leute einschüchterte und Schmerzen hervorrief, ohne dass die Opfer äußere Verletzungen davontrugen. Beide hatten Football im College gespielt, Brown für Florida State, und Kepo’o für Hawaii. Die imposante Größe der Männer gehörte zur Methode, denn sobald sie das Verhörzimmer betraten, herrschte eine bedrohliche Atmosphäre. Dann wusste jeder Verdächtige gleich, dass die Zeit der höflichen Fragen vorüber war.
Alles war genau einstudiert. Die beiden waren FBI-Agenten, keine gemeinen Schläger. Und ihr Job sah vor, den Gefangenen dazu zu überreden, die Fragen zu beantworten. Walker und Dave Hunt hatten sie auf den neuesten Stand gebracht und gaben ihnen das Protokoll der bisher gestellten Fragen. Zunächst beobachteten sie den Mann durch den Spiegel und berieten sich über die weitere Vorgehensweise.
Letzten Endes wirkte der Verdächtige durch den Wechsel von Wärme und Kälte, den Schlafentzug, das grelle Licht und die stundenlangen Verhöre doch desorientiert. Die gegensätzlichen Musikstile hatten ebenfalls Wirkung gezeigt: laute Raptexte, gefolgt von klassischer Musik, die so leise gespielt wurde, dass man die Melodie kaum hören konnte. Walker ließ nun ein beruhigendes Konzert für Flöte und Violine abspielen, verdunkelte den Raum und stellte die Zimmertemperatur ein paar Grad über normal. Behaglichkeit. Binnen fünf Minuten sackte dem Mann der Kopf auf die Brust. In diesem Moment machte Carolyn die Kameras und die Musik aus, schaltete die grelle Deckenbeleuchtung an und bat die beiden großen Agenten, das Verhörzimmer zu betreten.
Kyle Swanson hatte wiederholt isometrisches Muskeltraining betrieben, damit das Blut weiterhin durch die Extremitäten und den Kopf floss. Dabei hatte er sich so angestrengt, dass er in leichtes Schwitzen geraten war.
Nach dem Aufwachen hatte er sofort erkannt, um was für eine Art Stuhl es sich handelte, denn früher hatte er selbst einige Leute dort zum Verhör festgebunden. Auch in dem Metallrahmen dieses Stuhls waren sicherlich die Worte EIGENTUM DER REGIERUNG DER VEREINIGTEN STAATEN gestanzt. Kyle hatte sich ruhig verhalten, ahnte er doch, dass er höchstwahrscheinlich mit einer Infrarotkamera überwacht wurde. Der Frau und dem Mann, die ihn mit Fragen löcherten, hatte er nichts Verwertbares mitgeteilt. Sie würden ihn nicht umbringen, daher brauchte er nur so lange durchzuhalten, bis die Kavallerie eintraf.
Auch mit der neuen Verhörtaktik hatte er gerechnet, da er bislang nicht gerade kooperativ gewesen war. Nun überlegte er angestrengt, wie er mit der neuen Situation umgehen sollte. Er würde Schmerzen haben, so viel war klar. Die Standardpraxis der Stufe zwei sah vor, den Verdächtigen aus dem Stuhl zu holen, um ihn ordentlich in die Mangel zu nehmen.
Agent Kepo’o schüttete ihm einen Eimer kaltes Wasser über den Kopf, doch Kyle verspannte sich nicht. Er war entspannt und hellwach. Wartete auf eine Gelegenheit.
Brown stand nun neben ihm, die Hände in die Seiten gestemmt, und Kyle schielte auf die Taucheruhr am linken Handgelenk des Mannes. Die Zeiger standen fast auf sechs Uhr, aber ein kleiner Zeiger verriet die Militärzeit. Fast 18 Uhr. Eine Information umsonst. Danke, du Hüne.
»Man hat uns gebeten, Sie ein letztes Mal aufzufordern, mit den Special Agents zu kooperieren, die Ihnen Fragen gestellt haben«, sagte Brown. »Und das habe ich gerade getan, du kleines Stück Scheiße.« Er schlug Kyle hart mit der flachen Hand gegen den Kopf, der zur Seite flog.
Kepo’o versetzte ihm den zweiten Schlag von der anderen Seite, allerdings mit der Faust, die Kyle so groß wie ein Volleyball
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