DEAD SHOT
lebt.«
»Wir werden leben. Zumindest morgen. Was dann kommt, kann keiner garantieren.«
»Woher willst du das wissen?«
»Wenn Juba gewollt hätte, in Paris mit Gas zuzuschlagen, dann hätte er es längst getan. Warum sollte er warten? Nein, er bringt den Kampfstoff woanders hin. Vielleicht zu uns in die Staaten.«
»Siehst du, das meinte ich gerade. Der morgige Tag wird genauso schlecht wie der heutige, bis wir diesen Bastard aufhalten. Tausende Menschenleben stehen auf dem Spiel, und du und ich, wir laufen geradewegs in einen nächsten Ground Zero, um diesen Juba zu stoppen.« Sie beugte sich am Tisch vor und umschloss Kyles Hände mit ihren. »Ich möchte jetzt eine Weile kein Force Recon Marine sein, sondern einfach nur eine Frau. Ich will in den Armen eines Mannes liegen, der mir ein paar zärtliche Worte ins Ohr flüstert.«
»Ich weiß, was du meinst, Sybelle, aber ich ticke anders.«
»Oh, das weiß ich. Ich stehe im Rang sowieso über dir, und wenn ich mit dir ins Bett ginge, käme das ja fast Inzest gleich. Aber ich möchte nicht, dass du dir Sorgen machst, wenn ich für die nächsten paar Stunden ausfliege. Ich werde in ein oder zwei Clubs fahren, ein bisschen abtanzen und mir ein paar Drinks gönnen. Dann wird mich irgendein gut aussehender Typ ansprechen und mich mit in sein Apartment nehmen. Ich rate dir, es mir nachzumachen.«
»Ich soll einen Typen anquatschen?«
»Hör auf zu spinnen. Ruf bei einer Escort-Agentur an, oder vielleicht solltest du der kleinen Brünetten dort an der Bar einen Drink spendieren. Sorg einfach dafür, dass du heute Nacht nicht allein bist.« Sie drückte seine Hände, stand auf und verließ die Bar, in der Hoffnung, irgendwo in der Stadt einen guten Club aufzutreiben. Kyle sah, wie Sybelle sich an der Tür den Regenmantel überzog und zuknöpfte. Und er fragte sich, was der Mann, den sie sich für die Nacht angeln wollte, wohl zu dem Pistolenhalfter an der Wade und dem Gerber-Messer sagen würde.
Die Brünette beobachtete, dass Sybelle die Bar verließ, und schaute in Kyles Richtung. Sie trug eine Seidenbluse mit einem dezenten chinesischen Druck, einen dazu passenden Rock und elegante Schuhe. Kyle fand sie recht hübsch und schätzte, dass sie aus dem Mittleren Westen stammte. Ihr Haar trug sie schulterlang. Ein fragender Blick lag in ihren braunen Augen.
Er bestellte noch ein Bier, lehnte sich zurück und ließ seinen Gedanken freien Lauf. Wir wissen jetzt, wer Juba ist, nur das Problem wird sein, ihn zu finden. Wonach sucht er? Wie können wir ihn stellen, damit ich ihn töten kann? Er schloss die Augen und ging im Geiste noch einmal alle Fakten durch, die er bislang über Juba wusste.
»Macht es dir etwas aus, wenn ich mich zu dir setze?« Bei der leisen Frage öffnete er die Augen.
»Sicher. Nein, ich meine, überhaupt nicht«, erwiderte Kyle und kehrte in die Wirklichkeit zurück. »Bitte. Setz dich. Niemand sollte in einer Nacht wie dieser allein sein.«
Sybelle zog den tropfnassen Regenmantel aus, setzte sich neben Kyle und bestellte sich einen Drink.
Guilford, Connecticut
Christopher Lowry war fest davon überzeugt, dass er jeden finden konnte. Es war unmöglich für einen Amerikaner, vollständig von der Bildfläche zu verschwinden. Als der Vorschuss von zehntausend Dollar mit der Bitte kam, eine Person ausfindig zu machen, schenkte der Privatdetektiv sich Kaffee nach, legte den Courier zur Seite und machte sich gleich an die Arbeit. Er lebte mit seiner Frau, den fünf Kindern und den zwei Hunden in einem alten Haus in einer der vielen verwinkelten Straßen am Sachem Head Harbor, und es gab immer Rechnungen, die noch bezahlt werden mussten.
United States Marine Gunnery Sergeant Kyle Swanson. Lowry probierte erst den einfachen Weg und gab den Namen in zahlreiche Suchmaschinen ein, schaute sich die Trefferliste an und kam zu dem Schluss, dass da etwas nicht stimmte. Schließlich verfeinerte er die Suche, erhielt aber dasselbe Resultat. Danach hackte er sich in eine geheime Datenbank des Militärs, bekam jedoch keine neuen Infos und las in der Personenakte, dass der Mann auf dem Arlington National Cemetery lag. In den Archiven einiger großer Zeitungen wie der Post und der Times fand er Artikel über den Marine und die Verleihung der Ehrenmedaille. Ein Freund bei der Polizei half Lowry aus und gab den Namen in die Datenbank des National Crime Information Center ein.
Dieser Swanson war tot und begraben. Lowry trank noch etwas Kaffee und führte dann
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