Deadline 24
wiedertreffe.«
»Die kleine Sally und die Hexe Terleben«, sagte Padrino. »Wenn ihr wollt, dass wir euch reinlassen, müsst ihr erst ›bitte‹ sagen!«
Der Dritte war ein schlanker Mann, vielleicht Ende zwanzig, mit kurzem, schwarzem Haar und einem rasanten Bärtchen. Er sagte nichts, doch seine Augen glitzerten, als er zu Monnia schaute und sein Bärtchen streichelte.
»Bitte«, sagte Sally.
Kapitel 15
Vor ein paar Stunden erst hatten die Lords das Zentrum erreicht und sich in der oberen der beiden Hallen eingerichtet. Die Gruppe bestand aus achtzehn Personen, den drei Lords und je fünf ihrer Gefolgsleute. Auch drei Memoranden, einer für jeden Lord, waren mit von der Partie. Sie hatten sich alle in Mariposas Kettenfahrzeug gedrängt, das einzige, das die Schuttlawinen überwinden und tagsüber fahren konnte. Der Rest ihrer Karawanen musste in einem Relais draußen im Ödland ausharren. Die Lords hatten den Helikopter ebenfalls gesichtet, doch ihre Versuche, ihm zu folgen, waren gescheitert.
Vorhin, so glaubte Sally zu verstehen, waren sie sogar mit einem Blitzstrahl beschossen worden und nur um Haaresbreite dem Schicksal entronnen, alle miteinander in ihrem gepanzerten Monstrum geröstet zu werden. Es wurden Vermutungen darüber angestellt, warum der Org sie nicht länger und gezielter unter Feuer genommen hatte. In diesem Zusammenhang fiel der Name Josslyn. Wer allerdings diese Josslyn war und was sie getan hatte, bekam Sally nicht heraus. Sie war sich nicht einmal sicher, ob sie sich die ganze Geschichte richtig zusammengereimt hatte, denn sie hatte nur Gesprächsbrocken aufgeschnappt und die Lücken mit ihren eigenen Überlegungen aufgefüllt.
Den Mädchen war befohlen worden, sich auf den Boden zu kauern und regungslos hocken zu bleiben, einige Meter vom Lagerplatz der Lords entfernt, die sich mit ihren Leuten um ihr Grillfeuer gruppierten. Alle verzehrten genussvoll ihr Abendessen – oder Frühstück, je nachdem, wie man es betrachtete –, Würstchen und Fleisch, Brot und Früchte, und keiner kam auf die Idee, den Mädchen etwas anzubieten. Nicht mal an ihr Wasser und die restlichen Bananen kamen sie heran, denn die Rucksäcke hatte man ihnen weggenommen. Auch ihre Taschen waren durchsucht worden, Sallys Schnappmesser, der Kompass, die Karten, Großvaters Uhr, alles futsch oder vielmehr Beute der Lords, was wohl auf dasselbe herauskam. Nur das blaue Plastikding mit dem flüsternden Tüchlein und der magischen Scheibe hatte niemand haben wollen. Sie hatten es zwar gefunden, jedoch für wertlos erachtet, und so steckte es wieder in Sallys Hosentasche. Wenigstens das, dachte sie, ist mir geblieben. Wenig genug. Nicht mal ein genaueres Bild von den Ausmaßen des Raums hatte sie. Brennend gerne wäre sie ein wenig umhergeschlendert, doch sie wagte es nicht. Die Befehle der Lords waren unmissverständlich gewesen: nicht miteinander sprechen, sich nicht rühren. Wenn doch, so würde es Prügel setzen. »Lillia habe ich zwar zurückgelassen«, hatte Mariposa drohend hinzugefügt, »doch meine Leute hier hätten nichts dagegen, euch ein wenig gutes Benehmen einzubläuen. Sie warten nur auf meinen Befehl. Schließlich hast du ihre Kollegin gedemütigt, Sally Hayden, und schwer verletzt.«
Sally entgegnete nicht, dass auch sie genügend Verletzungen aus der Begegnung mit Lillia davongetragen hatte, sie war zu eingeschüchtert, aber doch erleichtert zu hören, dass die Frau offenbar noch lebte. Sie wollte nicht bis an ihr eigenes Ende die Last mit sich herumschleppen, einen Menschen getötet zu haben, wie gemein dieser Mensch auch sein mochte.
Neben ihr hockte Monnia. Immer wieder schielte sie verängstigt zu dem dritten Lord, Stadtlord Baldur, der sie so lüstern betrachtet hatte, als sie und Sally draußen vor dem Gitter um Einlass gefleht hatten. Er schaute ebenfalls herüber und bleckte grinsend sein blendend weißes Gebiss.
Das Mahl war beendet, das Feuer ausgetreten. Die ersten Sonnenstrahlen stiegen über die Ruinen am östlichen Platzrand, trafen auf die durchsichtigen Bodenkreise und Säulen. Langsam erhellte sich der riesige Raum. Weit drüben, noch überwiegend im Dunkel, lag der Durchgang zum Treppenhaus, von wo aus man tiefer nach unten gelangte, in die Halle mit den beiden Gräben, wo Sally das magische Wort an der Säule gefunden und die Begegnung mit dem Trugnebel gehabt hatte. Sie überlegte, welche der Säulen wohl an ihrem unteren Teil die Beschriftung trug. Nicht die in ihrer Nähe,
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