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Deadline 24

Deadline 24

Titel: Deadline 24 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A John
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glaubte sie den riesigen Schlund eines Tunnels zu erkennen, doch sie war sich nicht sicher. Vielleicht formierte sich dort erneut die grässliche Schwärze, machte sich bereit, sie endgültig zu verschlingen. Sally floh, rannte die Treppe hinauf, und den ganzen, langen Weg über hatte sie zwischen den Schulterblättern das Gefühl, jemand, etwas, beobachte sie, visiere sie an wie ein Jäger die Beute.
    »Trugnebel!«, keuchte Monnia, als sie sich gemeinsam durch die Drehtür ins Freie drehten. »Ich hab ihn auch bemerkt, als ich kurz in den oberen Raum geschaut habe. Der kann einen verrückt machen mit seinen Wahngespinsten, aber wirklich gefährlich ist er nicht.«
    »Keine Spur von Carlita?«
    »Natürlich nicht«, brummte Monnia. »Wir hätten uns die ganze Suche hier sparen können. Die Kette ist von außen um das Gitter geschlungen worden, siehst du? Das kann man von innen nicht machen, da würde man sich die Arme brechen.«
    Wer aber hatte sie angebracht? Die Helikopter-Crew? Wahrscheinlich. Trotz der fünf dicken Säulen war der Platz groß genug zum Starten und Landen des Fluggeräts, und die beiden Hallen darunter mussten, wenn man von dem Trugnebel einmal absah, eine brauchbare Zuflucht bieten. Zumindest die obere Halle war bei Tag sicherlich von Licht durchflutet.
    Vielleicht machten Trugnebel ja tagsüber Pause. Hoffentlich, dachte Sally, die es schon ahnte, dass sie sich in der Morgendämmerung da unten verkriechen müssten. Es wäre kein Vergnügen, während vieler Stunden diesem bedrohlichen, wogenden Schwarz ausgesetzt zu sein oder noch schlimmeren Trugbildern. Andererseits würden sie hier vielleicht endlich die Helikopterleute finden, Paul, Caleb, Josie und die anderen. Sally dachte, dass nichts ihr Angst machen würde, wenn Caleb bei ihr wäre und den Arm um sie legte, und dann fragte sie sich, warum sie das dachte, und schalt sich eine blöde Gans. Und eine schlechte Freundin, denn Carlita kam in diesem Wunschbild nicht vor.
    »Suchen wir weiter«, seufzte Monnia.
    Sie durchkämmten die Ruinen in östlicher Richtung, flogen bis hinaus ins Geröll, geleitet von der schwachen Hoffnung, Carlita habe es irgendwie geschafft, dem alten Kurs zurück zu folgen. Doch gleichzeitig wussten beide, auch wenn sie es nicht aussprachen, dass sie sich etwas vormachten. Ihre kleine Freundin war verloren. Sie war gegen einen Stahlträger, eine Wand, einen Torbogen geprallt, es gab, weiß Gott, unzählige Möglichkeiten, in diesem Ruinenmeer zu verunglücken. Trotzdem riefen sie unermüdlich ihren Namen, bis ihre Kehlen wund und ihre Stimmen kaum mehr als ein Krächzen waren. Einmal schien es ihnen, als ob sie weit im Westen wieder das Geräusch des Helikopters hörten, kurz zuckten Blitze zwischen den Türmen auf, Donner grollte, auch wenn er sich eher wie das Brummen einer schweren Maschine anhörte. Als die Nacht sich ihrem Ende näherte, flogen sie zurück ins Zentrum der Türme, keine Rede mehr davon, nach Hause zu fliegen, ohne eine Ahnung zu haben, was Carlita widerfahren war, ohne mit Paul und den anderen gesprochen zu haben. Sally fand über die breiten, schuttfreien Straßen den Weg zurück zum Platz, sie ließen die Schweber am Rand und wankten todmüde und geschlagen auf die Treppe zu. Sie schauten sich nicht um, sonst hätten sie dort, wo der Schutt sich häufte, ein riesiges, metallenes Monster gesehen, ein gepanzertes Kettenfahrzeug.
    Sie stolperten die Treppe hinunter, tasteten nach der Stahlkette, doch sie konnten sie nicht lösen, sie war nach innen gezogen und dort verschlungen. Jetzt war ihnen auch so, als ob sie weit entfernt Stimmen hörten und – Sally schnupperte – ein ganz wundervoller Duft zu ihnen hinauswehte, rauchiger, würziger Lagerfeuerduft nach Grillwürstchen und Fleisch.
    Sie warfen sich gegen das Gitter, rüttelten an den Stäben, traten dagegen, tobten aus heiseren Kehlen, machten einen Höllenlärm, und endlich sahen sie aus dem Dunkel schwankende Lichtpünktchen herankommen, viele, zu viele. Die Helikoptercrew bestand, Paul mitgerechnet, aus sechs Leuten, doch da kamen viel mehr auf sie zu, bestimmt dreimal so viele! Sally dachte panisch an Flucht, doch wohin konnten sie sich wenden? Der Morgen graute, es wurde hell!
    Und dann waren sie da, in den langen Mänteln der Karawanenfahrer. Drei Personen bauten sich vor den anderen auf, zwei Männer und eine Frau, der Dreistern von Esperanza.
    »Sally Hayden!«, sagte Mariposa. »Dacht ich mir’s doch, dass ich dich hier

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