Deadline 24
Hayden, und das andere Mädchen da.«
»Monnia Terleben«, sagte Monnia dumpf.
»Josslyn wird sich besinnen«, fuhr Mariposa ungerührt fort. »Noch ist sie bockig und ungehorsam, aber das wird sich legen.«
»Schließ mal lieber keine Wette drauf ab!«, fauchte Josie.
»Josslyn, mein Kind«, mahnte Mariposa nachsichtig, »warum machst du es dir nur so schwer? Du bist eine Lady, die Lords sind deine Familie. Wir sind auserwählt, wir können uns nicht einfach aus unserer Verantwortung stehlen und so tun, als wären wir gewöhnlich!«
»Ich tu nicht so, ich bin gewöhnlich!«
Ein Schuss hallte durch den Tunnel. Sally schrie auf, glaubte, Caleb und die anderen würden irgendwo in der Tiefe hingerichtet. Doch es blieb bei diesem einen Schuss.
»Das war das Zeichen. Sie sind ohne Zwischenfall angekommen«, bemerkte Mariposa zufrieden. »Jetzt gehen wir!«
Die Mädchen hielt man für weniger gefährlich, der Strick um den Hals blieb ihnen erspart. Doch jede wurde von zwei Bewachern grob an den Armen gepackt und vorwärtsgezerrt, die Fesseln schnitten in die Handgelenke, die Schultern bogen sich schmerzhaft zurück. Sally ging zwischen einem Mann und der Kettenfrau.
»Haben Sie Ihre Halskette fertig?«, fragte sie höflich, da sie es für eine gute Idee hielt, ihre Bewacherin an das fast kameradschaftliche Verhältnis zu erinnern, das für kurze Zeit zwischen ihnen bestanden hatte. Eine Kameradin bringt man nicht so schnell um, dachte sie. Doch die Kettenfrau ging nicht darauf ein.
»Schnauze!«, zischte sie grob. »Untersteh dich und ruf den Trugnebel, dann schneid ich dir die Kehle durch!«
Sally wäre froh gewesen, sie hätte diese Fähigkeit besessen. Eine Wolke oder ein Riesenhybrid hätten vielleicht für genügend Ablenkung gesorgt, sodass sie sich hätten retten können.
Aber es kam natürlich kein Trugnebel, auch nicht, als sie sich auf das magische Wort konzentrierte, auch nicht, als sie es, so laut sie es gerade noch wagte, vor sich hin murmelte. Wenn man mal ein Trugbild brauchte, ließ sich keines blicken und der Windmann genauso wenig, weder in Gestalt noch in Gedanken. Den ganzen schrecklichen Weg durch den Tunnel flehte Sally stumm um ein Wunder. Noch als sie aus dem Tunnelschlund in die riesige untere Halle mit den Gräben und den Stegen stolperten, hoffte sie, Caleb und den anderen wäre irgendetwas gelungen, irgendein genialer Coup. Doch dann, als sie die obere Halle erreichten, erstarb jede Hoffnung.
Es war dunkel, längst war die Sonne untergegangen, die gläsernen Säulen standen grau und dumpf. Die einzigen Lichtquellen bildeten die Stirnlampen der Leute und ein von einer Batterie gespeister Standscheinwerfer, den man bei der mittleren Säule aufgestellt hatte. Dort lagen, aufgereiht wie Trockenfisch, die vier Seeleute mit gefesselten Händen, ein jeder mit einem Strick um den Hals, der straff um die Säule gewickelt war und einem anderen um die Füße, der irgendwo im Dunkel verschwand. Keinen Zentimeter konnten sie sich rühren, ohne sich selbst zu erdrosseln.
»Guckt mal!«, rief Baldur, als die Mädchen herangeführt wurden. Wahllos packte er einen der Stricke, zog daran und Caleb röchelte. Baldur ließ ihn los, griff sich einen anderen Strick. »Wie Musik«, sagte er stolz. »Und ich bin der Konzertmeister.«
»Schwein«, sagte Monnia.
»Warte nur, meine Schöne!«, schmachtete Baldur und streichelte sein Bärtchen. »Du wirst auch noch für Baldur singen!«
Sally und Monnia mussten sich ebenfalls hinlegen, auch ihnen wurden die Füße gefesselt. Auf die quälenden Spannstricke aber verzichteten die Lordleute bei den Mädchen. Wahrscheinlich waren nicht mehr genug Stricke übrig.
Josie durfte sich, zwar gefesselt, doch immerhin etwas bequemer, hinsetzen und gegen die Säule lehnen.
»Hallo, Mylady Josslyn«, krächzte Sausalito.
Josie schwieg.
Baldur hockte sich im Schneidersitz neben Monnia, zündete sich eine Zigarette an und stieß versonnen den Rauch aus.
»Willst du auch?«, fragte er nach ein paar Zügen und hielt Monnia die Zigarette an den Mund. Angewidert drehte sie das Gesicht weg.
»Du rauchst nicht, was? Ist auch besser so, viel femininer, wenn du verstehst, was ich meine.« Mit der freien Hand strich er ihr das Haar aus der Stirn. »Du brauchst hier nicht gefesselt zu liegen«, raunte er. »Ich bringe dich in den Waschraum, da lassen wir es uns gut gehen, nur du und ich.«
Monnia versuchte, sich von ihm weg auf die Seite zu wälzen.
»Ah«, schnurrte
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