Deadline - Rache, wem Rache gebuehrt
ein Ohr und griff nach dem Handy. Sie würde bald Bluetooth brauchen. Oder Ähnliches. Autofahren war auch so schon anstrengend genug.
Sie wählte Maureen Lundeens Nummer. Was für ein Name! In einem ihrer Meinung nach äußerst liebenswerten Tonfall hinterließ sie ihr die begeisterte Nachricht, sie hoffte, dass sich alles zu einem guten Ende hin entwickelte. Falls Maureen etwas benötigte – egal, was –, sollte sie sich einfach melden. Sybil wäre gern bereit, ihr bei den Kreditgebern zur Seite zu stehen, sofern sie konnte. Sie wäre jederzeit für sie da.
Kaum hatte sie aufgelegt, gab Sybil einen Würgelaut von sich. Gütiger Gott. Manchmal betrachtete sie die Fotos auf den Immobilienseiten, Gesichter von Maklern, die schon tausendmal Millionen-Dollar-Verkäufe getätigt hatten. Sie lächelten ihr entgegen, als könnten sie nie wieder damit aufhören. Wie schafften sie es, ihre Namen in die Zeitungen zu bringen? Warum entschieden die Leute sich für diese Typen als ihre Makler?
»Ich wollte, Marla Cahill hätte den Bungalow wirklich gemietet!«, sagte sie laut. »Dann käme ich in die Nachrichten. Das wäre eine tolle Reklame für mich!«
Frustriert trat sie aufs Gas. Als sie schließlich in die Wohnstraße einbog, die zu dem Bungalow führte, war sie verschwitzt, müde und durstig. Der grüne Salat, den sie sich als Mittagessen geholt hatte, war schon ein wenig welk gewesen und schwamm dazu noch in übersäuertem fettfreiem Dressing. Sie hatte ihn trotzdem gegessen, wenn ihr auch ein Cheeseburger mit Speck bedeutend lieber gewesen wäre. Aber Herrgott noch mal, Immobilienmaklerinnen in dieser Gegend sahen eben aus wie Bleistifte mit Busen. Sie musste sich vor jeder Kalorie zu viel hüten, in der Hinsicht war sie unerbittlich. Irgendwann einmal würde sie groß herauskommen. Und sie würde die Gelegenheit gnadenlos beim Schopf fassen.
Sie parkte auf der Zufahrt des Hauses, stieg aus dem Wagen und suchte nach ihren Schlüsseln. Wenn sie sie vergessen hatte und den ganzen Weg zurückfahren müsste … Aber nein, schon schlossen sich ihre Finger um den Schlüsselbund des Bungalows.
Sie sah sich über die Schulter hinweg nach Tildys Haus um. Es wirkte verlassen. Sybil winkte trotzdem, für alle Fälle, und zur Antwort bewegte sich eine Jalousie. Na gut, Tildy war auf ihrem Posten.
Sybil empfand beinahe Mitleid mit Elyse.
Sie klopfte an die Haustür und wartete. Lange Minuten verstrichen, und Sybil hob besorgt den Blick zum Himmel. Die Wolken waren grau und hingen tief, als wollten sie jeden Augenblick aufreißen und einen Wolkenbruch zur Erde schicken. Wunderbar.
Sie klopfte noch einmal, doch als niemand sich meldete, stieß sie den Schlüssel ins Schloss und öffnete die Tür.
Ein Geruch schlug ihr entgegen. Nach Fäulnis. Verdorbenem. Wie ein feuchter, unangenehmer Schlag ins Gesicht.
»O … Gott …«
Beinahe zu ängstlich, um ins Haus zu schleichen, ließ Sybil die Haustür offen, um frische Luft einzulassen, und sah sich flüchtig in den Räumen um. Äußerst spärlich eingerichtet.
Was? Ist jemand in diesem Haus gestorben?
Vielleicht hatte Mr. Timms am Ende doch Pech gehabt.
Sybil zog sich den Aufschlag ihrer Kostümjacke über den Mund und hustete ein paar Mal. »Ms. Hammersley?«, rief sie. »Sind Sie hier? Elyse?«
Behutsam tastete sie sich durch den Flur; ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken. Elyse mochte ja eine Zeitlang gekommen und gegangen sein, aber in letzter Zeit war sie eindeutig nicht mehr hier gewesen. Gestern Abend, hatte Tildy gesagt, aber da musste die alte Krähe sich getäuscht haben. Niemand konnte diesen Gestank aushalten, ohne den verwesten kleinen Katzenkadaver zu suchen und zu entsorgen.
Sie durchsuchte die oberen Zimmer, fand aber nichts, was Ursache des Gestanks hätte sein können. Am Kopf der Treppe zum Keller hielt Sybil noch einmal inne und rief: »Ms. Hammersley? Hier ist Sybil Tomini von Treasure Homes.« Keine Antwort.
»Verdammt noch mal«, schimpfte sie leise, griff erneut nach ihrem Handy und rief Rich an, einen der anderen Teilhaber von Treasure Homes. Er war ein furchtbarer Spießer, verfügte aber immerhin über einen gesunden Menschenverstand.
Eine Hand am Geländer, in der anderen das Handy am Ohr, schlich Sybil die Treppe hinunter. Der Keller war nicht fertig ausgebaut, wie sie sich erinnerte; es gab nur einen durch eine Mauer unterteilten Raum, in dem man ein Schlaf- oder Arbeitszimmer würde einrichten können. Durch eine schmale Tür
Weitere Kostenlose Bücher