Deadline - Rache, wem Rache gebuehrt
aus, aber wer weiß?«
»Mich hat schon ein Reporter angerufen, hier. Ist das zu fassen? Ich glaube, der Mistkerl wusste, dass du Cissys Mann bist, konnte dich im Telefonbuch nicht finden und hat dann jeden Holt mit einem J als ersten Buchstaben des Vornamens angerufen. Herrgott, ich werde meinen Eintrag ändern lassen müssen. Dad hat wahrscheinlich auch einen Anruf bekommen. Und J. J. Mach dich auf einiges gefasst. Sie sind darüber bestimmt genauso sauer wie ich. Vermutlich noch mehr.«
»Ich bin auf alles gefasst.« Jack klemmte sich das Handy zwischen Schulter und Ohr. Er suchte bereits in den Schränken nach einer Tasse, fand einen Becher aus seiner Zeit an der Uni und zog die Kanne unter der Maschine hervor, bevor der Kaffee vollständig durchgelaufen war.
»Der Typ hat dich also nicht angerufen?«
»Noch nicht. Aber unser Haus … Cissy steht nicht im Telefonbuch. Ich habe in meiner Wohnung kein Telefon. Benutze immer nur das Handy.«
»Sie werden dich schon finden.«
Dessen war er sich sogar ganz sicher. Er schenkte sich Kaffee ein. Etwas von dem schwarzen Gebräu lief aus dem Filter auf die Heizplatte und zischte. Rasch schob er die Kanne wieder unter die Maschine und lauschte auf die Fragen, mit denen Jannelle ihn bombardierte.
»Wann ist das passiert?«
»Wie?«
»Wer hat das getan?«
Ihr Gewissen meldete sich leise, und sie fragte: »Mensch, wie geht es Cissy? Du hast doch mit ihr gesprochen, oder? Du … O Gott, deswegen flüsterst du? Du bist bei ihr, stimmt’s? O Jack, nein!« Er hörte, wie sie heftig an der Zigarette zog. »Hab ich dir nicht gesagt, du sollst dich von der Zicke scheiden lassen und basta?«
Jack war nicht in der Stimmung für eine solche Diskussion.
»Was willst du, Jannelle?«, fragte er kühl.
»Antworten.«
»Warum?«
»Weil ich wissen will, was ich sagen soll, wenn die verdammten Medien sich wieder bei mir melden.«
»Was ist aus deinem Credo geworden, dass keine Publicity schlechte Publicity ist?«
»Das war vielleicht ein bisschen übertrieben. Ich denke darüber nach«, erklärte sie aus ihrer Wohnung in Sausalito.
»Versuch’s mit ›Kein Kommentar‹. Hör zu, ich muss jetzt Schluss machen, wir sprechen uns später.« Bevor sie noch ein Wort sagen konnte, legte er auf und trank einen großen Schluck Kaffee. Was war Jannelles Problem? Sie war von Natur aus herrschsüchtig und steckte ständig ihre Nase in seine Angelegenheiten.
Andererseits neigte seine ganze Familie dazu, ihm auf die Nerven zu gehen. Alle waren voreingenommen, nicht einer oder eine konnte je den Mund halten. Und alle mussten ihren Senf zu seiner Scheidung von Cissy dazugeben. Jannelle, selbst zweimal geschieden, hatte Cissy nie leiden können und drängte darauf, dass er die Trennung endgültig vollzog. Als er Jannelle von seinen Scheidungsplänen berichtete, hatte sie eine perfekt gezupfte Braue hochgezogen, ihre unglaublich langen Beine übereinandergeschlagen, sich auf ihrem Stuhl im italienischen Restaurant am Pier 39 zurückgelehnt und gelächelt. Draußen döste eine Kolonie Seelöwen in der kühlen Wintersonne auf den Docks. Drinnen bestellte Jannelle zwei Gläser Champagner und sagte: »Trinken wir auf deine wiedergewonnene Freiheit. Ich habe dir schon lange geraten, dich von der Zicke scheiden zu lassen.«
Jack war gegangen und hatte sie mit den zwei Kelchen teuren Champagners und der Rechnung zurückgelassen. Er wanderte ziellos am Wasser entlang, atmete den brackigen Geruch des Meers ein und mischte sich unter die Touristen, die den sonnigen, wenn auch windigen Tag genießen wollten.
Mit seinem Vater lief es anders. Jonathan Holt war betrübt, als er vom möglichen Ende der Ehe seines Sohnes hörte. Er hatte sich mit Jack in einer irischen Bar in der Nähe von Jacks Büro im Finanzdistrikt getroffen. »Ich hoffe, du schaffst es, das Kriegsbeil zu begraben und den Riss zu kitten«, sagte er, schlürfte sein Guinness und warf einen Blick in den breiten Spiegel hinter der Bar. Sie standen an der Theke, je einen Fuß auf den Messingumlauf gestützt. Bunte Flaschen und saubere Gläser prangten in gläsernen Regalen vor dem Spiegel. »Ein Kind ist mit betroffen, wie du weißt. Mein Enkel.«
»Ich weiß es, Dad. Beejay ist nicht nur dein Enkel, er ist auch mein Sohn.« Der alte Herr hatte stets die Angewohnheit, sich selbst in den Mittelpunkt zu rücken. Und Jonathan Holt war kein Experte in Sachen Ehe. Zwar hatten er und Jacks Mutter es fast vierzig Jahre miteinander ausgehalten,
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