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Deadline - Rache, wem Rache gebuehrt

Deadline - Rache, wem Rache gebuehrt

Titel: Deadline - Rache, wem Rache gebuehrt Kostenlos Bücher Online Lesen
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und ihr Bruder wäre heute noch am Leben, wenn sie nicht ausgebrochen wäre. Der Staat hatte Rory im Stich gelassen. Gewaltig im Stich gelassen.
    »Schicken Sie uns alles zu, was Sie über diesen Mann in Erfahrung bringen können«, wies er den Notarzt an, der aussah, als wäre er noch nicht einmal dreißig. »Und wir brauchen eine Autopsie.«
    »Ich habe schon in der Gerichtsmedizin angerufen«, sagte Quinn.
    »Gut. Schauen wir uns dieses Pflegeheim an. Ich fahre.«
    Eine Viertelstunde später erreichten sie das Harborside-Zentrum für betreutes Wohnen, das überhaupt nicht in Hafennähe lag, sondern höchstens, wie Paterno vermutete, vom Dach aus über Straßen und Häuserzeilen hinweg einen Blick auf die Bucht bot. Vielleicht aber auch noch nicht einmal das.
    Rory Amhursts Zimmer war klein, mit Flatterband abgesperrt, und Paterno musste sich auf dem Flur zwischen Bewohnern in Rollstühlen und mit Gehhilfen hindurchdrängen.
    »So etwas hat es noch nie gegeben, nicht in Harborside«, versicherte die Leiterin der Einrichtung, Anne Baldwin, die Paterno begleitete. Paterno versuchte, den Geruch nach Lösungsmitteln, Urin und mittäglichem Fleischgericht zu ignorieren. Unter diese deprimierenden Aromen mischte sich ein Gefühl von allgegenwärtigem Unwohlsein und Schmerz, trotz der fröhlich gelb gestrichenen Wände und des lächelnden Personals.
    Anne war dünn und nahm kein Blatt vor den Mund. Ihr blondes Haar war lockig, ihre Brille so schmal wie sie selbst, und sie trug einen adretten pinkfarbenen Pullover und eine schwarze Hose mit Bügelfalte. »Ich kann mir nicht vorstellen, wer Rory etwas zuleide tun könnte. Er war so ein netter Mensch, der Liebling des Pflegepersonals.«
    Paterno bewahrte Stillschweigen über alles, was Marla betraf. »Wie ich hörte, hatte er gestern Abend Besuch.«
    »Mary Smith, ja. Sie ist Mitglied einer hiesigen Kirchengemeinde und kommt ziemlich oft zu Besuch.«
    »Seit wann kommt sie hierher?«, fragte er, da Marla erst seit knapp einer Woche auf freiem Fuß war.
    »Seit einem Monat, es könnten auch sechs Wochen sein.«
    Das ließ ihn aufhorchen; er blieb abrupt stehen und sah Anne direkt an. »Sind Sie sicher?«
    Sie nickte so heftig, dass ihr die Brille von der Nase zu rutschen drohte. »Es war im Dezember, zur Weihnachtszeit … irgendwann zwischen Thanksgiving und Weihnachten.« Sie runzelte die Stirn über der langen, geraden Nase. »Ich weiß noch, dass sie sich bei ihrem ersten Besuch lobend über die Dekorationen geäußert hat. Unser Lichterschmuck hat ihr gefallen.«
    Also konnte Mary Smith nicht Marla Cahill sein, denn zu jenem Zeitpunkt befand sich Marla noch hinter Schloss und Riegel. »Können Sie sie uns beschreiben?«
    »O ja. Sie war etwa eins achtundsechzig groß, übergewichtig, schätzungsweise Ende fünfzig. Sie trug eine große Brille, so eine, deren Gläser in der Sonne dunkel werden.«
    »Haarfarbe?«
    »Blond, grau durchzogen. Kurzgeschnitten.«
    »Gibt es Überwachungskameras in dieser Einrichtung?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Wir wollen die Privatsphäre der Bewohner nicht beeinträchtigen.«
    »Aber auf dem Parkplatz, nicht wahr? Auf dem Grundstück?«
    Sie schüttelte wieder den Kopf. »Wirklich, Detective, Sie müssen mir glauben, wir brauchen einfach keine Kameras. Hier gibt es keine Verbrechen …« Sie hörte, was sie da sagte, und seufzte. »Tja, das hat sich jetzt wohl geändert, wie?«
    »Vielleicht besitzt jemand ein Fotohandy? Oder eine Kamera?«, fragte Janet.
    Anne stieß ein kurzes belustigtes Lachen aus. »Die Bewohner hier sind nicht unbedingt Hightechfans und unsere Angestellten wohl auch nicht. Aber ich höre mich um und gebe Ihnen Nachricht.«
    »Hätten Sie etwas dagegen, einem unserer Zeichner bei der Erstellung eines Phantombilds zu helfen?«
    »Ganz und gar nicht. Wenn ich helfen kann, natürlich.«
    Sie waren vor Rorys Zimmer angelangt. Ein Blick ins Innere reichte, um Paterno für eine ganze Weile zum Schweigen zu bringen. Eine Kommode mit einem Fernseher, ein Zweierbett, ein Rollstuhl, ein Nachttisch und ein Tischchen auf Rollen, das war Rory Amhursts ganze Einrichtung. Nicht einmal ein persönliches Bild hing an der Wand; es sah fast so aus, als hätte der Mann keine Freunde, keine Familie gehabt.
    Toll, ein Amhurst zu sein!
    Kriminaltechniker suchten bereits nach Fingerabdrücken, sammelten Beweisstücke, fotografierten den Raum, doch Paterno hätte wetten mögen, dass sie nichts finden würden. »Ich würde gern seine

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