Deadline - Rache, wem Rache gebuehrt
so lebhaft, wie Gwen jetzt mit Jack redete, war sie fast sicher, dass sie einander kannten.
Lass es, warnte Cissy sich selbst. Du lässt dich von ihm scheiden, hast du das vergessen? Wieso interessieren dich seine Bekanntschaften? Außerdem befindest du dich auf Grans Begräbnisfeier. Reiß dich zusammen.
Trotzdem gingen ihr Gwen und Jack nicht aus dem Sinn, während sie mit einigen Damen aus dem Bridgeclub ihrer Großmutter redete, lauter Frauen über siebzig mit wachen Augen, die aufrichtig traurig darüber waren, eine gute Freundin und »skrupellose« Mitspielerin verloren zu haben.
Cissy bewegte sich durch das Gedränge von Gästen, die sich entweder aus den Kannen im Essbereich Kaffee oder Tee einschenkten oder Gläser, gefüllt mit Wein, von einem Tisch in der Ecke nahmen. Deborah, die vom Friedhof zurück war, hatte das Kommando übernommen und sorgte dafür, dass Speisen und Getränke nicht ausgingen. Sie nahm den Eintretenden die Mäntel ab und gab sie an Lars weiter. Die Fenster beschlugen, Gläser klirrten, der Geruch von brennenden Kerzen und frisch gebrühtem Kaffee zog durch die Räume. Das ganze Stimmengesumm wirkte wie eine Rauschstörung in Cissys Kopf.
»Schläft Beejay noch?«, fragte sie Tanya, als das Kindermädchen mit einem leeren Tablett vorbeikam.
Tanya nickte. Feine Haarsträhnen hatten sich aus ihrem Nackenknoten gelöst. Sie wirkte gehetzt und nervös, und Cissy konnte es ihr ausnahmsweise nicht verübeln. »Ich habe eben noch nach ihm gesehen. Er war gerade eingeschlafen, als die ersten Gäste kamen. Er war so müde, dass er bestimmt noch eine Stunde schläft.«
»Gut. Und Coco?«
Tanya verzog ärgerlich das Gesicht. »Ist in ihrem Tragekäfig in Ihrem Büro.« Sie musste die Stimme heben, um sich über den Lärm hinweg verständlich zu machen. Immer mehr Gäste trafen ein, der Lärmpegel erhöhte sich stetig. Jedes Mal, wenn die Tür geöffnet wurde, flackerten die Kerzen, doch die kühle Luft war angenehm, denn im Hausinneren stieg die Temperatur dank der neuen Heizung in Verbindung mit der Körperwärme so vieler Menschen.
Tanya belud ein Tablett mit kleinen Blätterteigpasteten, die mit Pilzen gefüllt waren, während Diedre auf einem weiteren Tablett orientalische Hühnchenspieße um eine Schale mit Erdnusssoße arrangierte. Währenddessen belud Rachelle die Glasteller einer dreistöckigen Servierplatte mit mundgerechten Sandwichhappen.
Unter »Hallo« und »Schön, Sie zu sehen« und »Vielen Dank, dass Sie gekommen sind« arbeitete Cissy sich zur Treppe vor und bemerkte Jack, der Mäntel, Schirme und Handtaschen einsammelte. Mit zwei Lederjacken und einem Schal beladen folgte er ihr die Treppe hinauf und warf die Sachen auf den stetig wachsenden Mantelhaufen auf Cissys Bett.
»Ist etwas dabei, was dir gefällt?«, fragte er. »Damit könnten wir bei eBay ein Vermögen machen.«
»Ich dachte, Lars kümmert sich um die Garderobe.«
»Er schaffte es nicht mehr allein. Eugenia hatte eine Menge Freunde.«
»Mehr, als ich ahnte. Ich hätte diese Veranstaltung besser im Gemeindesaal abhalten sollen«, sagte sie, »aber der war für einen Hochzeitsempfang reserviert, und in Grans Haus wollte ich nicht einladen.« Seit dem Tag nach dem Tod ihrer Großmutter hatte sie das große Haus nicht mehr aufgesucht.
»Wir schaffen das schon«, beruhigte Jack sie. Er sah ihr in die Augen, und sein Blick war so ernst, so besorgt, dass sie ihm beinahe geglaubt hätte. Dass sie beinahe geglaubt hätte, es gäbe noch eine Chance für sie beide.
Er ist ein Windhund, Cissy. Wie sein Vater. Genauso wie sein Bruder. Das weißt du doch. Lass dich nicht wieder einwickeln.
»Ich habe gesehen, wie du mit Gwen geredet hast.«
»Gwen Crandall? Die Trainerin.«
»Meine Trainerin.«
»Ja, deine Trainerin.«
»Woher kennst du sie?«
Er sah sie streng an, als könnte er nicht glauben, dass sie über so etwas sprachen, noch dazu zu diesem Zeitpunkt. »Ich habe sie kennengelernt, als ich für einen Artikel über Sportclubs in der Innenstadt in verschiedenen Fitnessstudios recherchiert habe. Ihr Club wurde erwähnt. Erinnerst du dich? Wir haben Boxclubs nur für Männer mit den Ausdauertraining-Einrichtungen für Frauen und den Sportangeboten von Hotels und Privatclubs verglichen.« Er hielt inne, dann sagte er: »Ich hoffe, du fragst mich aus den Gründen, die ich vermute.«
»Sie ist sehr schön.«
»Aha. Ich kenne viele schöne Frauen.«
»Tja …« Sie wandte sich ab, kam sich ziemlich dumm
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