Deadline - Toedliche Wahrheit
Lebewesen gehört, sei es Mensch oder Hund, das mehr als eine entwickelt hat.«
»Ach, das war der einfache Teil«, sagte Dr. Abbey strahlend. Ihr Lächeln zeugte von unverfälschtem Berufsstolz. »Ich habe sie bei ihm ausgelöst.«
Das brachte uns alle zum Schweigen, einschließlich George. Maggie löste die Hände von dem Hund. Das entfernte Piepen der Computer, das gelegentliche Quieken oder Bellen eines Labortiers und die Schritte der übrigen Labortechniker bildeten eine seltsame Geräuschkulisse. Joe schaute zwischen den Menschen hin und her und bellte laut.
Dr. Abbey streckte die Hand aus, um ihm den Kopf zu tätscheln. »Tja, da wir offensichtlich eine Menge zu bereden haben ... wie wäre es, wenn ihr in mein Büro mitkommt? Dort habe ich Tee und Gebäck, und dort kann ich euch auch erzählen, wie es mir gelungen ist, die Naturgesetze umzukrempeln. Komm mit, Joe!« Mit einem Wink bedeutete sie uns, ihr zu folgen, und trat in das von geschäftiger Aktivität erfüllte Labor.
»Gehen wir mit?«, fragte Alaric.
»Hast du eine bessere Idee?«
»Nein«, sagte er missmutig.
»Na dann! Wir folgen also der verrückten Frau in den Tod.« Schulterzuckend und so lässig wie möglich ging ich Dr. Abbey hinterher. Der Tag wurde von Minute zu Minute interessanter. Ich konnte nur hoffen, dass wir auch noch dazu kommen würden, davon zu erzählen.
Die Natur der sogenannten Reservoirkrankheiten ist nie vollständig geklärt worden, obwohl eine ganze Reihe mehr oder weniger vernünftiger Theorien im Angebot sind. Warum wird das KA -Virus nur in bestimmten Körperregionen aktiv? Warum verbreitet es sich nicht nach den gleichen Gesetzmäßigkeiten wie sonst? Warum ist retinales KA besonders bei Frauen verbreitet, während Hirn-Rückenmarks- KA vor allem bei Männern auftritt? Niemand scheint eine Ahnung zu haben.
Was wir wissen, ist, dass die Reservoirkrankheiten sich ausbreiten. Die Anzahl der registrierten Fälle von retinalem, Hirn-Rückenmarks-, Eierstock-, Hoden- und Hypophysen- KA ist sowohl in menschlichen als auch in tierischen Wirten im Laufe der vergangenen elf Jahre um über 18% gestiegen. Es gibt Gerüchte über das Auftreten neuer Reservoirkrankheiten mit schaurigen Namen wie Herz- oder Lungen- KA . Und trotzdem weiß bislang niemand, wie es dazu kommt.
Alles in allem drängt sich die Frage auf, ob die Menschheit wirklich noch einmal davongekommen ist … oder ob das Ende lediglich um ein oder zwei Jahrzehnte aufgeschoben wurde.
Aus Epidemologie der Mauer von Mahir Gowda, 11. Januar 2041.
9
Bei »Dr. Abbeys Büro« handelte es sich um einen beschönigenden Ausdruck für ein Abteil, das nur ein kleines bisschen größer war als die umliegenden. Dazu kam, dass es mit Aktenkisten, altmodischen Computerteilen und – als Höhepunkt – durchsichtigen Plastikbehältern mit Insekten und Spinnentieren vollgestopft war. Ich habe nichts gegen Spinnen. Spinnen können kein Kellis-Amberlee übertragen. Das Gleiche gilt für riesige, fauchende Kakerlaken und sich schlängelnde Tiere mit viel zu vielen Beinen. Becks teilte mein Desinteresse allerdings nicht. Jedes Mal, wenn das Ding mit den vielen Beinen sich rührte, versank sie tiefer in ihrem Stuhl.
Das ist ein Tausendfüßler , sagte George.
»Das ist eine Lachnummer«, brummte ich und wandte meine Aufmerksamkeit wieder Dr. Abbey zu.
Sie hatte ihren Laborkittel abgestreift und anschließend eine Packung Oreo-Kekse aus einem Aktenschrank hervorgeholt und deren Inhalt auf einen Pappteller geschüttet. Jetzt hockte sie entspannt vor dem Minikühlschrank unter ihrem Schreibtisch und kramte darin herum. Joe die Dogge hatte sich zwischen ihr und uns ausgestreckt und den gewaltigen Kopf zwischen die Vorderläufe gelegt. Er wirkte entspannt, aber sein Blick blieb wachsam und behielt immer die Person im Auge, die sich zuletzt bewegt hatte. Das bedeutete, dass er die meiste Zeit zu Becks schaute, die ständig zusammenzuckte.
»Also, es gibt Apfelsaft, Wasser, Bier und irgendetwas Unbeschriftetes, bei dem es sich entweder um einen Proteinshake oder um Algen handelt.« Dr. Abbey blickte auf. »Wer will was?«
»Ich will wissen, wie es dir gelungen ist, eine Reservoirkrankheit auszulösen«, meldete sich Kelly, deren Wissensdrang anscheinend stärker war als ihre Abneigung gegen illegale Forschung.
Dr. Abbey fixierte sie mit einem ausdruckslosen Blick. »Das ist kein Getränk. Ich will wissen, wie du es verantworten kannst, ein halbes Dutzend internationaler
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