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Deadlock

Deadlock

Titel: Deadlock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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getrunken hatte, fühlte ich mich besser. Mein Blick ging zu Lotty hinüber. Sie lächelte mich verschmitzt an.
    »Du bist Detektivin, Vic. Wenn du wirklich hundertprozentige Klarheit über Champs Tod haben möchtest, kannst du ja Ermittlungen anstellen.«

4
    Hafenmilieu
    Die Silos der Eudora-Getreideverschiffungsgesellschaft lagen inmitten des Labyrinths, aus dem der Hafen von Chicago besteht. Das Hafengelände folgt den Windungen des Calumet River zehn Kilometer weit nach Süden und Westen. Jeder Getreidesilo und jede Fabrik verfügt über eine eigene Zufahrtsstraße, doch keine davon ist deutlich gekennzeichnet.
    Die fünfunddreißig Kilometer von meiner Wohnung in der North Side bis zur 130sten Straße brachte ich rasch hinter mich. Gegen acht Uhr bog ich ab, verfuhr mich jedoch, sodass es bereits halb zehn war, als ich endlich das Büro der Eudora erreichte.
    Das Verwaltungsgebäude, ein moderner einstöckiger Kasten, lag am Fluss, und dahinter, im rechten Winkel dazu, ragte j ein riesiger Silo auf, der aus fast zweihundert Rundbehälter von der Höhe zehnstöckiger Häuser bestand. Am Ufer befand sich ein Schlipp, wo Schiffe festmachen konnten. Rechtsführten Eisenbahnschienen in einen Lagerschuppen. Ein paar Selbstentladewagen standen bereit, und eine kleine Gruppe von Männern mit Schutzhelmen machte einen an einem Lastenaufzug fest. Fasziniert beobachtete ich der/Vorgang: Der Wagen entschwand nach oben und im Silo. Ganz links sah ich das Heck eines Schiffs hervorlugen. Offensichtlich wurde hier Getreide verladen. Das Bürogebäude verfügte über eine modern eingerichtete Eingangshalle; aus den großen Fenstern sah man auf den Fluss. An den Wänden hingen zahlreiche Bilder zum Thema Getreideernte - Mähdrescher, kleinere Ausgaben der Mammutsilos hier im Hafen, Transportzüge, die den goldenen Schatz aufnahmen, Schiffsfracht, die gelöscht wurde. Hinter einem Marmortisch saß in der Mitte des Raumes die Empfangsdame. Sie war jung und eifrig bemüht, mir behilflich zu sein. Nach einer lebhaften Debatte mit seiner Sekretärin spürte sie den Bezirksdirektor Clayton Phillips auf. Er empfing mich im Foyer. Phillips, schätzungsweise Anfang Vierzig, mit flachsblondem Haar und hellbraunen Augen, wirkte ziemlich steif. Er war mir von vornherein unsympathisch - möglicherweise deshalb, weil er mir zu Champs Tod nicht sein Beileid aussprach, obgleich ich mich ihm als nächste Verwandte vorgestellt hatte. Bei der Vorstellung, ich könne drüben am Silo Fragen stellen, geriet er beinahe aus der Fassung, andererseits brachte er es nicht fertig, nein zu sagen. Eiskalt ließ ich ihn zappeln. Er hatte die irritierende Angewohnheit, die Augen unstet durch den Raum schweifen zu lassen, wenn ich ihm eine Frage stellte.
    »Ich brauche Ihre Zeit nicht weiter in Anspruch zu nehmen, Mister Phillips«, meinte ich schließlich. »Ich finde mich schon zurecht bei den Silos, und Fragen kann ich auch allein stellen.«
    »Ich begleite Sie natürlich, äh - äh -« Stirnrunzelnd sah er auf meine Visitenkarte. »Miss Warshawski«, kam ich ihm zu Hilfe.
    »Miss Warshawski. Der Lademeister ist bestimmt nicht begeistert, wenn Sie unangemeldet aufkreuzen.« Seine Stimme war tief, klang aber gepresst. Der ganze Mann wirkte verkrampft.
    Pete Margolis, der die Oberaufsicht in den Silos hatte, schien nicht erbaut, als wir in seinem winzigen Büro auftauchten. Ich erkannte jedoch sehr rasch, dass sich sein Unmut mehr gegen Phillips richtete. Phillips stellte mich vor als »eine junge Dame, die sich für die Silos interessiert«. Als ich Margolis meinen Namen nannte und erwähnte, dass ich Champs Cousine sei, änderte sich sein Verhalten schlagartig. Er wischte seine schmutzige Pranke an seinem Overall ab, schüttelte mir die Hand und versicherte mir, wie sehr er den Unfall meines Vetters bedauere, der bei den Männern sehr beliebt gewesen sei und den die Firma schwer vermissen würde. Unter einem Stapel von Papieren zog er einen Schutzhelm für mich hervor.
    Ohne von Phillips Notiz zu nehmen, machte er mit mir einen ausgedehnten Rundgang. Er zeigte mir, wo die Selbstentladewagen hereinkamen und wie die pneumatischen Getreideheber funktionierten, die das Getreide ins Innere des Silos beförderten. Phillips hatte sich angehängt und gab überflüssige Kommentare ab. Er besaß seinen eigenen Schutzhelm, fein säuberlich mit seinem Namen versehen; sein grauseidener Sommeranzug wirkte in der schmutzigen Anlage allerdings völlig deplatziert.
    Margolis

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