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Deadlock

Deadlock

Titel: Deadlock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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lotste sie ins Wohnzimmer und verfrachtete sie auf ein leuchtend blaues Sofa; ein ordentlich aufgeschichteter Stapel Babysachen lag auf einem Tischchen. Ich sprach besänftigend auf sie ein. Dann ging ich in die Küche und machte ihr Milch heiß. Mir selbst mixte ich einen kräftigen Schluck Gin mit einem Schuss Orangensaft.
    »Hier, trinken Sie das. Es wird Ihnen gleich besser gehen ... Also - wann haben Sie Howard zum letzten Mal gesehen?«
    Er hatte das Haus am Montag mit einem Köfferchen verlassen und gesagt, dass er am Mittwoch zurück sei. Jetzt hatten wir Freitag. Nein, er hatte nicht gesagt, wohin er wollte. Ich fragte, ob sie schon einmal etwas von Thunder Bay oder Sault Ste. Marie gehört hatte. Sie schüttelte nur stumm den Kopf und weinte leise vor sich hin.
    »Hat Howard einmal erwähnt, mit welchen Leuten er verkehrt?«
    »Nein«, schluchzte sie. »Als ich ihm sagte, dass Sie mich danach gefragt haben, hat er mich geschlagen. Und dann hat er seine Sachen gepackt und ist verschwunden. Er hat noch gesagt, dass ich nicht - nicht zu wissen brauche, wohin er fährt, weil ich doch den Mund nicht halten könne.«
    Ich verzog das Gesicht und dankte Champ und Pierre im Stillen, dass sie Howard öfter mal verprügelt hatten.
    »Hatte Howard in der letzten Zeit genug Geld?«
    Sie lebte sichtlich auf. Ja, im Frühjahr hatte er sehr gut verdient und ihr sogar zweihundert Dollar gegeben für ein hübsches Bettchen und die anderen Anschaffungen für das Baby. Ich fragte, ob sie eine Mutter oder eine Schwester habe, an die sie sich notfalls wenden könnte. Sie zuckte hilflos die Achseln. Ihre gesamte Familie lebte in Oklahoma. So empfahl ich ihr, die Feuerwehr anzurufen, falls unverhofft die Wehen einsetzen sollten. Die schickten dann schon Leute mit, die sich auskannten.
    Im Gehen bat ich sie noch, mir Bescheid zu geben, wenn Howard wieder auftauchte. »Und verraten Sie ihm um Himmels willen nicht, dass Sie mit mir gesprochen haben! Am besten rufen Sie mich vom Lebensmittelgeschäft an der Ecke aus an. Ich muss unbedingt mit ihm reden.«
    Sie warf mir einen herzzerreißenden Blick zu. Von ihr würde ich wohl kaum wieder hören ... Vermutlich überstieg es ihre Kräfte, ihren tyrannischen Ehemann zu belügen - selbst wenn es um eine Lappalie wie einen Anruf ging. Als ich sie so allein zurückließ, hatte ich ein schlechtes Gewissen - allerdings reichte es nur bis zur Ecke Addison Street/Pulaski Road. Dann war die Müdigkeit wieder stärker.
    Um zu Lottys Wohnung zu kommen, musste ich quer durch die Stadt. Ich nahm ein Taxi. Zehn Kilometer Großstadtstraßen können eine Ewigkeit sein; in meinem Dämmerzustand versetzten mich die Schaukelbewegungen der alten Kutsche zurück auf die »Lucella«. Bledsoe stand neben mir, starrte mich mit seinen unwiderstehlichen grauen Augen an und murmelte ununterbrochen vor sich hin: »Vic, ich war nicht im Flugzeug.«
    Als sich der Taxifahrer nach der Hausnummer erkundigte, fuhr ich erschrocken hoch. Noch während ich mich die Treppen zum zweiten Stock hinaufschleppte, war mir der Traum vollkommen gegenwärtig: Er enthielt eine wichtige Aussage über Bledsoe - aber ich konnte sie nicht entschlüsseln.

19
    Pavane für einen toten Hockeyspieler
    Lotty begrüßte mich mit einem Seufzer der Erleichterung. Das passte überhaupt nicht zu ihr. »Mein Gott, Vic! Du bist es! Du bist wieder da!« Sie umarmte mich stürmisch.
    »Was ist denn bloß mit dir los? Hast du nicht mehr mit mir gerechnet?« Sie hielt mich von sich weg, betrachtete mich von oben bis unten und gab mir noch einen Kuss. »Dein Schiff, Vic - die Explosion! Sie brachten es in den Nachrichten. Vier Tote, hieß es, darunter eine Frau, aber sie wollten die Namen erst bekannt geben, wenn die Familien unterrichtet worden waren. Ich hatte schon mit dem Schlimmsten gerechnet, weil ich dachte, du seist als einzige Frau an Bord gewesen.«
    Inzwischen hatte sie festgestellt, wie verwahrlost ich aussah. Sie verfrachtete mich umgehend in ihre altmodische Badewanne. Dann brachte sie zwei Gläser Scotch an. Wie bitte?
    Lotty trank doch nie harte Sachen! Offenbar war sie völlig durcheinander. Ich erzählte ihr von meiner abenteuerlichen Reise. »Ich kann einfach nicht glauben, dass Mattingly von Bledsoe angeheuert wurde«, schloss ich meinen Bericht. »Und ich glaube auch nicht, dass mich meine Menschenkenntnis so im Stich gelassen haben soll. Bledsoe und sein Kapitän haben mich zwar zur Weißglut gebracht, aber ich fand sie trotzdem

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