Deadlock
Sonntagsausgabe des »Herald-Star« und Croissants aus dem Laden an der Ecke. Während mein Filterkaffee in die Kanne tropfte, versuchte ich es erneut bei Mattingly. Es hob niemand ab. Ob Elsie bereits in der Klinik war? Dann wählte ich Phillips' Nummer, ebenfalls ohne Erfolg. Es war fast elf; vielleicht gaben sie gerade ihre obligatorische Vorstellung in der Presbyterianischen Kirche von Lake Bluff.
Ich lehnte die Zeitung gegen die Kaffeekanne und begann mit der Lektüre. Einmal hatte ich Murray damit aufgezogen, dass ich sein Blatt nur kaufte, weil es die meisten Comics in ganz Chicago enthielt. In Wahrheit bringt es auch die besten Polizeiberichte.
Plötzlich entdeckte ich den Knüller des Tages: Mattingly in der Zeitung! Unter der Überschrift »Fahrerflucht-Opfer im Kosciuszko-Park« stand auf einer der Innenseiten folgender Bericht:
Die Leiche eines Mannes, der als Howard Mattingly identifiziert werden konnte, wurde gestern am späten Abend im Kosciuszko-Park entdeckt. Victor Golun, 23, wohnhaft in der North Central Avenue, drehte gegen zehn Uhr im Park seine Joggingrunden, als er neben einem der Trimmpfade Mattinglys Leiche hinter einem Baum versteckt fand. Mattingly, 33, war Ersatzstürmer der Chicago Black Hawks. Nach Mitteilung der Polizei wurde er von einem Auto angefahren und dann in den Park geschafft, wo er starb. Vermutlich war er seit mindestens zwanzig Stunden tot, als Golun ihn fand. Um Mattingly trauern seine Frau Elsie, 20, zwei Brüder und seine Mutter.
Ich rechnete zurück. Er war spätestens am Samstagmorgen gegen zwei Uhr gestorben, und vermutlich war er am Freitagabend überfahren und in den Park gebracht worden - möglicherweise unmittelbar nach seiner Rückkehr aus Sault Ste. Marie. Ich musste unbedingt Bobby Mallory sagen, er solle überprüfen lassen, wo überall Mattingly sich aufgehalten hatte, und zwar von dem Zeitpunkt an, als er am Freitagabend aus Bledsoes Flugzeug gestiegen war. Doch vorher wollte ich Bledsoe wegen Mattinglys mysteriösem Heimflug befragen. Seine Telefonnummer stand weder im Chicagoer Telefonbuch noch in den Telefonbüchern der Vororte. Auf gut Glück versuchte ich es bei der Pole-StarLinie, aber natürlich war am Sonntag dort niemand zu erreichen. Dann rief ich Bobby Mallory an, um mich zu erkundigen, ob es im Mordfall Henry Kelvin neue Erkenntnisse gab. »Ich habe die Schlüssel wieder bekommen und bin in die Wohnung gefahren. Einfach deprimierend. Habt ihr schon jemanden verhaftet?«
»Bezahlen sie dich etwa, Vicki? Die Familie sitzt uns tagein, tagaus im Nacken. Als ob ein Fall dadurch schneller aufgeklärt würde!«
Das hängt davon ab, wer euch im Nacken sitzt, dachte ich, behielt das aber für mich. Schließlich legte ich mehr Wert auf seine Informationen als auf seine bissigen Bemerkungen. »In der Zeitung habe ich von einem Unfall mit Fahrerflucht am Kosciuszko-Park gelesen. Dieser Mattingly hat mit Champ bei den Black Hawks gespielt, musst du wissen. Man kann nur hoffen, dass die Hawks einen anständigen Sozialplan haben -«
»Vicki, hör bloß auf! Ich mag es nicht, wenn du mit mir am Telefon über irgendwelche Verbrechen quatschst. Du willst mich damit doch nur auf die Palme bringen. Rück lieber raus, worum's dir geht!«
»Eigentlich um nichts«, erwiderte ich rasch. »Aber ich kenne seine Frau. Sie ist fast noch ein Kind und erwartet jeden Augenblick ihr erstes Baby. Der Schock könnte zu viel für sie sein.«
»Sie hat heute Früh entbunden. Unter uns gesagt - sie kann froh sein, dass sie den Kerl los ist. Das war so ein kleiner Schieber, hatte überall seine Pfoten drin. Spielschulden hatte er auch. Wenn er Mannschaftsführer gewesen wäre, hätte er glatt den Spielverlauf manipuliert.«
»Du meinst also, dass einer seiner Gläubiger das Warten satt hatte und ihn überfahren hat?«
»Ich meine überhaupt nichts, mit dem du etwas anfangen könntest. Ich hab' dir schon hundert Mal gesagt, kümmere dich nicht um Verbrechen und Verbrecher, du verbrennst dir sonst die Finger. Überlass das -«
»- der Polizei. Die wird schließlich dafür bezahlt.« Wir beendeten den Satz im Chor. »Kommt mir bekannt vor, Bobby. Vielen Dank auch. Und grüß Eileen.« Den letzten Satz fügte ich noch hastig hinzu, bevor er auflegte.
Anschließend klingelte ich Murray Ryerson aus dem Bett. »VI. wer?«, knurrte er.
»Es ist noch nicht mal elf!«
»Wach auf, Herzchen. Ich möchte mit dir plaudern.« »Vic, wenn du wüsstest, wie lange ich auf diese Worte aus
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