Deadlock
Miene wandte er sich zu mir. »Ich dachte, Sie wären gekommen, weil Sie über die >Lucella< wichtige Informationen hätten. Bis jetzt haben wir aber lediglich Ihre Fragen beantwortet.«
Ich musste lachen. »Im Augenblick habe ich nichts Neues für Sie, aber warten Sie ein paar Tage! Sie haben mir einige Anregungen gegeben, die ich mir erst mal durch den Kopf gehen lassen möchte.« Ich zögerte, doch dann entschloss ich mich, ihnen von Mattingly zu erzählen. In Kürze würde ich der Polizei ja ohnedies Bericht erstatten. »Der Mann, der die Explosion ausgelöst hat, wurde nun allerdings selbst Opfer eines Mordanschlags. Wenn die Polizei seinen Mörder erwischt, kommt sie vielleicht an den Drahtzieher heran, der den Auftrag gegeben hat, die >Lucella< zu sprengen. Ich bin sicher, dass Mattingly umgebracht wurde, damit er nicht mit seiner Tat angeben konnte. Er gehörte nämlich zu den miesen Typen, die sich noch mit ihren Schandtaten brüsten.«
Der Geheimtipp, den sie hinsichtlich Mattinglys von mir erhalten hatten, munterte Hogarth und Ferrant etwas auf, auch wenn sich an ihren Zahlungsverpflichtungen dadurch nicht viel änderte. Sie verließen mit mir das Büro.
»Wissen Sie«, sagte Ferrant vertraulich, »es gibt einem schon Auftrieb, wenn man weiß, dass tatsächlich ein Bösewicht dahinter steckt.«
»Sicher«, meinte ich, als wir die verlassene Eingangshalle betraten, »aber was machen Sie, wenn sich herausstellt, dass er im Auftrag eines Ihrer Versicherungsnehmer gehandelt hat?«
»Sagen Sie doch nicht so was«, protestierte Ferrant. »Wirklich zum ersten Mal, seit ich letzten Samstag von der >Lucella< hörte, habe ich wieder Appetit - und Sie wollen ihn mir wieder verderben!«
Hogarth musste von der Northwestern Station aus den Zug nach Schaumburg nehmen. Ferrant bewohnte das Apartment der Firma Scupperfield & Plouder im Hancock-Gebäude. Ich bot ihm an, ihn in meinem Omega mitzunehmen, den ich in einer nahe gelegenen Tiefgarage geparkt hatte. Bevor ich losfuhr, sah ich unter die Motorhaube und überprüfte trotz der sichtlichen Verwunderung von Ferrant Öl, Bremsflüssigkeit und Kühler. Alles schien in Ordnung zu sein. Auf der kurzen Fahrt durch die Michigan Avenue zum Hancock-Gebäude erkundigte ich mich, ob Scupperfield & Plouder auch für den Schaden an der »Leif Eriksson« aufkommen musste. Ja, alle Schiffe der Grafalk-Linie waren bei seiner Firma versichert.
»Dadurch ist Bledsoe ja zu uns gekommen. Er kannte unsere Gesellschaft von seiner Tätigkeit bei Grafalk.«
»Ach so.« Ich fragte ihn nach seiner persönlichen Meinung über Bledsoe. »Er ist einer der fähigsten Männer in diesem Wirtschaftszweig. Die Frachtschifffahrt auf den Großen Seen - zumindest die amerikanische - hat es heutzutage nicht leicht. Die Regierung gewährt den ausländischen Reedereien gewisse Finanzhilfen, wodurch amerikanische Unternehmen ins Hintertreffen geraten. Dazu kommt, dass alteingesessene Reeder wie Grafalk eine ganz besondere rechtliche Stellung einnehmen, die es Neulingen sehr schwer macht, ins Geschäft zu kommen. Aber Bledsoe wäre es zuzutrauen. Ich hoffe nur, dass er wegen der Havarie der >Lucella< die Pole-Star-Linie nicht aufgibt.«
Er lud mich zum Abendessen ein, aber ich wollte lieber mit meinen Informationen über Mattingly zur Polizei gehen; Bledsoe und die Leute von der Versicherung wussten schon Bescheid, und obwohl ich Murray Ryerson keinen Namen genannt hatte, konnte er sich leicht mein Interesse an Mattingly erklären; schließlich war er ja nicht blöd. Bobby Mallory würde mir keine übermäßige Freundlichkeit entgegenbringen, wenn er die Geschichte erst aus dem »Herald-Star« erführe.
Mit gemischten Gefühlen bog ich in den Lake Shore Drive ein. Vor zwei Wochen hatte ich in Lebensgefahr geschwebt. Phillips war tot, und zwar höchstwahrscheinlich wegen der versteckten Drohung, die ich ihm am Samstagabend über seinen Sohn hatte zukommen lassen. Vielleicht war er in Panik geraten, hatte seinerseits gedroht, alles zu enthüllen, was er wusste, und war daraufhin umgebracht worden. Mattingly sollte vermutlich zum Schweigen gebracht werden. Und Champ war ermordet worden, weil er von Phillips' Manipulationen mit den Frachtrechnungen wusste. Wieso fuhr ich eigentlich noch munter in der Gegend herum? Wahrscheinlich hatten sie bei der Explosion der »Lucella« mit mehr Todesopfern gerechnet. Womöglich heckten sie im Augenblick einen weiteren »Unfall« für mich aus? Oder sie glaubten
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