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Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Titel: Deadwood - Dexter, P: Deadwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
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Hocke und sah dem Flaschenfreund ins Gesicht. Er erwartete, dass sich von selbst offenbarte, was Bill zugestoßen war, aber der Flaschenfreund schüttelte nur den Kopf. Ein Tropfen Blut tauchte unter dem Verband an seinem Hals auf und verschwand in seinem Hemd. »Ein Mann mit einem klitzekleinen Revolver hat das gesagt«, sagte er.
    »Nimmt er auch mal ein Bad?« fragte Charley. Der Flaschenfreund berührte seine Ohren.
    »Es ändert sowieso nichts mehr«, sagte er. »Ist jetzt kein Geheimnis mehr.«
    Das war alles, was aus ihm herauszubekommen war. Mrs. Langrishe verband ihn von oben bis unten, wobei sich ihre Zungenspitze in die Oberlippe bohrte, während sie die kleinen Knoten band. Charleys Beine hatten zu schmerzen begonnen, und er setzte sich aufs Sofa. Von dort aus bewunderte er ihre Hingabe und er bemerkte, dass der Flaschenfreund sich völlig ihren Händen anvertraut hatte. Gott hatte ihn als Schwachkopf erschaffen, ihn aber auch mit Instinkten ausgestattet, die ihn vor sich selbst schützten. Er besah sich die Wände, während Mrs. Langrishe ihre Knoten machte. »Woher ist das?« fragte er und sah eines der Theaterplakate an.
    »Es gehört zu einem Theaterstück«, sagte sie.
    Der Schwachkopf kratzte sich am Kopf. »Ich war noch nie in einem Theaterstück«, sagte er.
    »Dann müssen Sie unbedingt kommen«, sagte Mrs. Langrishe. »Vielleicht würde Mr. Utter Sie begleiten.«
    Der Schwachkopf nickte. »Wir wären hocherfreut«, sagte er.
    An diesem Abend gab Charley dem Flaschenfreund eines seiner Hemden. Dessen Hemd war nach dem Unfall voller Blut und hatte sowieso keinen Kragen. Sie nahmen beide ein Bad – er musste dem Schwachkopf für sie beide Geld geben, bevor dieser sich in die Wanne setzte – und trafen sich mit Mrs. Langrishe und ihrem Ehemann vor dem Theatereingang.
    Charley schob sich zwischen Mr. Langrishe und den Flaschenfreund, bevor sie sich die Hände schütteln konnten. »Er kann Ihnen im Moment nicht die Hand geben«, sagte Charley. »Sein Arm ist verletzt.«
    »Das tut mir leid«, sagte Mr. Langrishe und schaute sich nach anderen Theaterbesuchern um.
    »Entschuldigen Sie meinen Mann«, sagte Mrs. Langrishe, als sie die zwei zu ihren Plätzen begleitete. »Er geht so in seiner Arbeit auf …« Sie ging zwischen Charley und dem Flaschenfreund und berührte jeden von ihnen mit einer Hand. Sie drückte Charleys Arm, während sie das sagte.
    An diesem Abend stand nicht direkt ein Theaterstück auf dem Programm. Jack Langrishe hatte einige Cancan-Mädchen aus Cheyenne hergeholt, um die Woche zwischen
Camille
und
Othello
zu füllen, und unter ihnen war eine Frau namens Fannie Garrettson, die mit Handsome Banjo Dick Brown zusammengezogen war, dem berühmtesten Sänger der Black Hills. »The Days of Forty-Nine« war eines der bekanntesten Lieder von Banjo Dick, das er am Anfang und Ende jeder Vorstellung sang. Manchmal weinte er bei den letzten Worten:
    My heart is filled with the days of yore, and oft I do repline,
    For the days of old, the days of gold, the days of forty-nine
.
    Das Lied war während des kalifornischen Goldrauschs geschrieben worden, aber Goldgräber waren Goldgräber und all dem treu ergeben, was aus dem Boden kam, nicht dem Boden selbst.
    Während sich das Theater füllte, drehte der Flaschenfreund sich auf seinem Platz um und betrachtete zunächst die Leute hinter ihnen, dann die Wände und schließlich die Decke. Jack Langrishe hatte ein neues Zeltdach gebaut, das zumindest nicht durchhing. Es erinnerte Charley an den feinen Unterschied zwischen Sturheit und Dummheit.
    Die Damen im Publikum waren gekleidet, als hätten sie es eine Woche im Voraus geplant. Einige hatten Operngläser mitgebracht. Charley lächelte bei dem Gedanken, dass er dem Flaschenfreund ein Opernglas kaufen könnte. Dann wurde das Licht gedämpft und Jack Langrishe trat auf die Bühne. Er genoss den Applaus, kündigte das Programm an und sprach über seine Pläne für das kulturelle Leben in Deadwood. Am Schluss sagte er mit einer Stimme, die noch im Raum hing, als er längst die Bühne verlassen hatte: »Niemand wird uns daran hindern, ein Theater der schönen Künste zu errichten, das sich mit den prächtigsten in den Städten Europas messen kann.«
    Charley beugte sich zu Mrs. Langrishe, sog den Duft ihres Parfums ein und fragte: »Wer ist gegen ihn?«
    »Kritiker«, flüsterte sie. »Er meint die Kritiker.«
    »Wir haben die besten Absichten«, fügte er hinzu, »und das lassen wir uns von den

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