Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Titel: Deadwood - Dexter, P: Deadwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
Vom Netzwerk:
sich näher an das Fenster und ging leicht in die Knie – soweit ihm das, an der Wand stehend, möglich war –, bis sein Pimmel auf einer Höhe mit dem Spalt war.
    Er warf wieder einen Blick hinter sich – Boone hatte die Augen immer noch geschlossen – und ließ es dann fließen. Als er wieder aus dem Fenster sah – es konnte nicht länger als zwei Sekunden gewesen sein–, stand der Junge auf der anderen Seite, groß, mit dem Buch unter dem Arm, und starrte ihn an. »Du kannst dich nicht verstecken«, sagte er.
    Swearingen wich zurück, konnte aber nicht aufhören zu pinkeln. Er schrie auf, ohne Worte, es war einfach nur ein Schrei. Urin klatschte gegen die Fensterscheibe, gegen die Wand und auf seine Schuhe. Swearingen hasste es, Pisse auf den Schuhen zu haben. Der Junge hielt das Buch vor sich, und Swearingen sah auf dem Einband das Bild einer geflügelten Schlange. Er brüllte wieder und merkte, dass Boone sich auf dem Bett rührte.
    Der Junge stand regungslos da und starrte ihn über das Buch hinweg an.
    Swearingen bekam seinen Pimmel zurück in die Hose und wich weiter vom Fenster zurück. Boone hatte sich in seiner langen Unterwäsche aufgesetzt und die Füße auf den Boden gestellt. In der Hand hielt er Swearingens Geld.
    »Fünfhundert Dollar«, sagte Swearingen und deutete auf das Fenster. »Die kriegst du, sobald der da tot ist.«
    »Ich brauche Flüssigkeit«, sagte er.
    »Jetzt hast du die Gelegenheit«, sagte Swearingen. »Du musst nichts anderes tun als ihn erschießen. Ich hole dir dann sofort deine fünfhundert Dollar, auch mehr, wenn du willst.«
    Boone stand auf und ging zum Fenster. Er sah hinaus, der Junge sah herein. Boone räusperte sich. »Könntest du mir Tee holen?« fragte er. »Ich hab Gelbfieber.«
    Swearingen schaute sich im Raum um, suchte nach etwas, womit er schießen könnte, fand aber nicht mal eine Schrotflinte.
    »Ich bin im Namen des Herrn hier«, sagte der Junge.
    »Der Herr will nicht, dass ich sterbe«, konterte Boone und fing an zu husten. »Deshalb hat er dich zu mir geführt«, sagte er, »um mich zu retten.« Swearingen stand neben dem Bett und beobachtete den Jungen über Boone Mays Schulter hinweg.
    »Ich bin gekommen, um Seiner bösen Seite zu trotzen«, sagte der Junge.
    Boone May fing an zu lachen, doch aus dem Lachen wurde schnell ein Husten. »Auf welche Art des Bösen machst du denn Jagd?« fragte er. Der Junge gab ihm keine Antwort. Boone drehte sich um und sah Swearingen an. »Er ist die böse Seite«, sagte er. »Aber die erste Pflicht eines Missionars ist doch wohl, sich um die Kranken zu kümmern, oder?«
    Der Junge blieb stumm. Dann fragte er: »Was für einen Tee?«
    »Heißen Tee mit Honig.« Der Junge versuchte, um Boone herum Swearingen anzusehen. »Dafür ist später noch Zeit«, sagte Boone und schob sich in sein Blickfeld. »Wenn der Winter kommt und alles zur Ruhe kommt, dann kann man nicht viel mehr tun als das Böse jagen. Im Moment allerdings könntest du einen Mann retten, der Gelbfieber hat …« Er hustete wieder und spuckte auf den Boden.
    »Ich werde wiederkommen«, sagte der Junge. »Das Böse kann sich nicht vor dem Guten verstecken, denn sie sind von ein und demselben Herrn.«
    »Achte drauf«, sagte Boone, »dass sie dir Honig geben, denn ohne den Honig ist es sinnlos.«
    Der Junge verschwand vom Fenster, und Boone ging wieder ins Bett. Als er die Decke zurückzog, sah Swearingen eine Schrotflinte aufblitzen. »Du hast deine Kanone da?« fragte er. »Bei dir im Bett?« Boone schloss die Augen. »Wieso hast du ihn nicht einfach erschossen, wo du deine Kanone da liegen hast?«
    »Ich bin krank«, sagte er, ohne die Augen zu öffnen. »Wieso hast du ihn nicht selbst erschossen?«
    Das Gefühl von panischer Angst kehrte zurück, es war das gleiche Gefühl, das ihn erfasst hatte, als der Junge über die Straße auf das
Gem
zugekommen war. »Ich will mein Geld zurück«, sagte Swearingen. »Das Geld war dafür, jemanden umzulegen.«
    Krank, wie er war, brachte Boone immer noch ein Lächeln zustande.
    Swearingen öffnete die Tür und warf einen Blick nach draußen. Falls er wirklich Tee holen wollte, war der Junge wahrscheinlich zum Hotel rübergegangen. Swearingen erwog, in die andere Richtung zu verschwinden. »Ich habe mit einer Flinte auf ihn gezielt«, sagte er mehr zu sich selbst als zu Boone May. »Aber als ich abgedrückt habe, war er nicht mehr da. Der Junge hat was Unheimliches an sich …«
    »Ich sehe keine Gefahr«, meinte

Weitere Kostenlose Bücher