Deadwood - Dexter, P: Deadwood
das Messer in seiner Hand und wischte die Klinge mit seinen Fingern ab.
Er schob das Messer zurück in die Scheide und hob es einmal kurz an, um sich zu vergewissern, dass es nicht hakte. Malcolm stand noch genau da, wo er ihn verlassen hatte, mit dem Buch an seine Brust gedrückt. »Hast du ihn gesehen?« fragte er.
»Ich habe beide gesehen und ihnen den Tee gebracht.«
»Hast du auch den Bösen gesehen?«
Charley ging in Richtung Main Street, während der Junge blieb, wo er war. Charley ging zurück und nahm seinen Arm. »Komm nicht wieder her«, sagte er.
Der Junge folgte ihm in die Badlands und hatte Gedanken, die Charley nicht mochte. Er wusste nicht, worüber er nachdachte, aber er mochte es nicht. Sie gingen nach Süden die Main Street hinauf, der Junge immer einen halben Schritt hinter ihm. Von Zeit zu Zeit schaute er sich um.
Charley wusste, dass der Junge zurückgehen würde. Er hatte sich nicht geändert, nur weil er jetzt ein Prediger war.
Sie passierten die Wall Street, die Gold Street, die Lee Street und die Shine Street. Am südlichen Ende der Stadt blieb Charley stehen und musterte den Jungen von oben bis unten. »Wo schläfst du?«
Malcolm zeigte hinauf in die Berge, ungefähr in die Richtung, wo sich auch die Hütte des Flaschenfreunds befand, allerdings in einer etwas besseren Gegend. »Im Haus von Prediger Smith«, sagte er. »Aber nicht in seinem Bett. Ich schlafe da, wo er es wollte.«
»Liest du die Bibel?« Charley hätte ihn zum Lesen gern nach Hause geschickt, das erschien ihm irgendwie am sichersten.
Der Junge schüttelte den Kopf. Aber er klopfte auf das Buch in seiner Hand. »Ich trage die Bibel«, sagte er.
Charley betrachtete den Engel mit dem Schlangenkopf.
»Sie ist nicht dazu da, gelesen zu werden«, sagte der Junge. »Hier drin stehen die Träume von Hiram Smith, in denen sich die böse Seite des Herrn offenbarte.«
Charley sah das Buch an, dann den Jungen. Er fragte sich, was für Träume der Prediger wohl gehabt hatte und ob sie irgendwie dem nahekamen, was mit ihm passiert war. »Ich habe jetzt zu tun«, sagte Charley. »Bills Witwe ist in der Stadt, und ich bin zu ihrem Empfang eingeladen.« Der Junge blinzelte, rührte sich aber nicht. »Erinnerst du dich an Bill?«
Malcolm nickte. »Ich hab nichts vergessen«, sagte er, »ich hab nur vergessen, was das alles mit mir zu tun hat.« Er sagte das, als läse er aus seinem Buch vor.
»Etwas ist dir zugestoßen«, sagte Charley, und der Junge erstarrte. »Aber es spielt keine Rolle«, fügte Charley hinzu, als er sein Gesicht sah. »Du bist nicht gestorben …« Charley merkte, dass bei dem Jungen die Alarmglocken schrillten, und brachte nicht zu Ende, was er sagen wollte. »Es hat keine Eile, die Dinge in Ordnung zu bringen«, sagte er. »Warum gehst du nicht zurück zur Hütte des Priesters und ruhst dich aus?«
»Es ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, um sich auszuruhen«, antwortete der Junge.
Charley packte ihn. »Malcolm«, sagte er ruhiger, als er sich fühlte, »halt dich von diesem Hurentreiber fern.«
Der Junge schüttelte den Kopf. »Das ist kein Mensch.«
»Das sagst du jetzt schon zum zweiten Mal«, entgegnete Charley. »Und ich werde dir antworten, was ich bereits beim ersten Mal gesagt habe. Leute wie er machen Dinge, wenn sie böse werden, die sich niemand sonst auch nur im Traum ausdenken könnte.«
Der Junge blinzelte. Charley drehte ihn langsam in die Richtung, in die er kurz zuvor gezeigt hatte. »Geh jetzt zurück zur Hütte des Predigers«, sagte er.
Charley sah ihm nach, während er den Berg hinaufging. Er verschwand in einer kleinen Gruppe von Kiefern und kam kurz darauf wieder zum Vorschein. Er ging in östlicher Richtung quer über den Berg und verschwand dann wieder zwischen Bäumen. Die Hütte des Predigers musste höher liegen als die anderen, und Charley schüttelte sich bei dem Gedanken an den Aufstieg. Er wunderte sich, dass ein Prediger sich einen solchen Ort ausgesucht hatte.
Charley wartete weitere zehn Minuten, vergewisserte sich, dass der Junge nicht wieder herunterkam, und kehrte dann in die Stadt zurück. Er war in Gedanken bei dem Jungen und dachte nicht mehr an das Blut an seinen Fingern, bis er in Mrs. Langrishes Wohnzimmer stand und einem Mann namens Solomon Star die Hand schüttelte.
Solomon Star hatte winzige Hände und eine stumpfe Traurigkeit in den Augen. Charley kannte das von anderen Menschen und wusste, dass es kein vorübergehender Zustand war. Manchmal
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