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Deadwood - Stadt der Särge

Deadwood - Stadt der Särge

Titel: Deadwood - Stadt der Särge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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bitte ihre Freundin Helen.«
    »Sie hatte rötlichblondes Lockenhaar. In der Größe lagen wir gleich. Sie war ziemlich hübsch und sehr wißbegierig.«
    »Ja danke, das reicht vielleicht.«
    Ich gab mir einen innerlichen Ruck, betrat den Stepwalk, streifte fast mit der Schulter einen hellblau bemalten Pfosten und ging dann den einen Schritt auf die Straße, wobei meine Sohlen im graubraunen Staub versanken. Über dieser Stadt lag eine ungewöhnliche Atmosphäre. Ich spürte sie zwar, aber es wollte mir einfach nicht gelingen, sie so recht in Worte zu fassen.
    Das Dämmerlicht wirkte grau und gläsern, als wäre etwas anderes dabei, sich langsam und unaufhörlich dazwischen zu schieben. Und das war gar nicht mal so weit hergeholt, wenn ich an Janes Erlebnisse dachte. Sie hatte in ihrem Zimmer eine Ansicht dieser Stadt gesehen. Eine Wahrnehmung aus der Vergangenheit, und so etwas Ähnliches spürte ich auch hier. Schoben sich tatsächlich zwei Zeitebenen übereinander?
    Wenn ja, was wurde aus ihnen. Würden wir uns weiterhin in unserer Ebene bewegen können?
    Noch vermutete ich dieses Phänomen nur, doch es konnte durchaus sein, daß sich in den folgenden Minuten schon etwas änderte. Ich ging bis auf die Mitte der Straße, blieb dort stehen und drehte mich zu den beiden Frauen um, die ihren Platz nicht verlassen hatten. Sie standen vor der Schwingtür, Jane hatte einen Arm schützend über Susan Cranes Schulter gelegt.
    »Ist dir etwas aufgefallen, John?« rief sie zu mir herüber.
    »Ja, es ist die Atmosphäre, die mich nachdenklich stimmt.«
    »Wieso?«
    »Möglicherweise kommt es wieder zu einer Wahrnehmung aus der Vergangenheit, wie in deinem Zimmer.«
    »Damit rechne ich auch.« Anschließend sprach sie mit Susan, aber so leise, daß ich nichts verstehen konnte.
    Falls es tatsächlich zu diesem Phänomen kommen sollte, erlebte ich es nicht zum erstenmal. Es lag schon einige Zeit zurück, als ich einen Fall auf dem Friedhof der Verfluchten zu lösen gehabt hatte. Dort war mir ähnliches passiert.
    Allmählich senkten sich auch die kleinen Staubwolken, die meine Schuhe aufgewirbelt hatten. Trotz der hereinbrechenden Dämmerung war mein Blick jetzt sehr klar geworden. Jede Einzelheit konnte ich fast deutlich ausmachen.
    Die Fassaden der Saloons und Häuser hoben sich deutlich vor dem dunkleren Hintergrund ab. Sogar die Schrift auf den Schildern konnte ich lesen. Am Ende der Main Street, wo die felsige Landschaft begann, kam mir das Gestein vor wie die Figurengruppe eines modernen Bildhauers. Ich entdeckte keinen Menschen, sah auch keine Bewegungen.
    »Immer noch nicht?« fragte Jane.
    »Nein. Die Stadt ist ausgestorben.«
    »Was willst du denn tun?«
    »Ich komme mir vor wie der Sheriff oder der Marshai, der am Abend seine Runden dreht. Das werde ich auch. Ich sehe mir Deadwood an und gehe auch in die Bauten.«
    »Das wird keinen Zweck haben.« Jane löste sich vom Vorbau und betrat ebenfalls die Straße. »Die Häuser sind leer, John. Da hält sich niemand versteckt. Bist du sicher?«
    »Ja.«
    »Ich nicht. Zumindest den Hinkefuß möchte ich sehen.«
    Jane winkte ab. »Es wird für uns doch erst interessant werden, wenn das eintritt, was ich bereits erlebt habe. Das Übereinanderschieben der Zeiten. Dann können wir weitersehen.«
    »Bleibe du bei Susan Crane. Ich gehe und schaue mir Deadwood genauer an. Okay?«
    »Sicher.« Jane ging wieder zurück. Sie war ärgerlich, das hatte ich ihrem Gesichtsausdruck entnommen, aber hier wurde nach meinen Regeln gespielt oder gar nicht.
    Der Sand speicherte noch die Wärme des Tages. Jetzt, da die Sonne verschwunden war, spürte ich die rasch hereinbrechende Kühle, auch der Wind kam mir kälter vor.
    Herrlich sah auch der Himmel aus. Für mich war er eine Filmkulisse. So tiefblau, übersät mit zahlreichen Sternen. Dazwischen stand, wie ausgeschnitten, ein Halbmond. Sein Licht erreichte auch diese Kulissenstadt und gab ihr einen geisterhaften Anstrich. Ich hatte den Eindruck, als würde über den Hausdächern die Luft leicht vibrieren. Dabei war es nur der Sand, der darüber hinwegfegte. Ich war nicht weit gekommen, als ich die Bewegung am Ende der Straße wahrnahm. Von der rechten Seite löste sich etwas. Es schob sich aus der Dunkelheit hervor, bewegte sich weiter, und ich erkannte eine Gestalt, die quer über die Main Street gehen wollte.
    »Eine Frau…«
    Auch Susan hatte sie gesehen. Ihr Kommentar klang verzweifelt, als sie rief. »Das ist Helen. Großer Lord, es ist

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