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Dear Germany - Dear Germany - Life without a top sheet

Titel: Dear Germany - Dear Germany - Life without a top sheet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol Kloeppel
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schnell genug gehen kann, war ich von der entspannten Atmosphäre und dem gemäßigten Lerntempo sehr angetan. Hier machte es richtig Spaß, Deutsch zu lernen. Auch wenn bei der VHS der Stoff viel langsamer durchgenommen wurde, war es niemals langweilig – dafür sorgten die Kursteilnehmer selbst. Wir waren ein entschlossener Haufen, der bemüht war, seine Stimme im Deutschen zu finden.
    Unser mitreißender, junger Deutschlehrer verstand es sehr gut, uns Schülern die Gepflogenheiten seines Landes näherzubringen. So erklärte er uns das deutsche Schulsystem, das sich stark vom amerikanischen unterscheidet. Es ist derart kompliziert, dass man sich auf die Schulter klopfen kann, wenn man alles verstanden hat – vor allem auf Deutsch. Abgesehen vom deutschen Schulsystem besprachen wir auch den Karneval: »Ist jemandem von Ihnen in letzter Zeit aufgefallen, dass man in der Stadt auf seltsam kostümierte Menschen trifft, die ein merkwürdiges Verhalten an den Tag legen? Das sind die Vorboten des Karnevals.« Oder die Vorweihnachtszeit: »Die Adventszeit hat begonnen, und in der Stadt ist wieder Weihnachtsmarkt. Gehen Sie hin, achten Sie auf Besucher, die ein dampfendes Getränk in der Hand halten, und besorgen Sie sich ebenfalls einen Becher davon. Sie brauchen lediglich zu sagen: ›Einen Glühwein, bitte!‹. Der wird Ihnen sicher gut schmecken.«
    Eine der frühesten praktischen Übungen, um Deutsch zu lernen, war eine Vereinbarung, die Peter und ich gemeinsam trafen: »Lass uns unter der Woche englisch reden. Da bleibt ohnehin nur der Feierabend, um uns zu unterhalten. Und am Wochenende sprechen wir dafür ausschließlich Deutsch.« Auf diese Weise versuchten wir, samstags und sonntags, wenn wir mehr Zeit zu Hause verbrachten, unsere Gespräche auf Deutsch zu führen. Das war nicht immer einfach.
    »Sweetie, ich möchte Scotch Tape , Bisquick , Fertilizer und Toilet Bowl Cleaner auf die Einkaufsliste schreiben, aber ich kann diese Begriffe nicht im Wörterbuch finden.«
    Statt eine Antwort zu geben, stellte Peter eine Gegenfrage: »Was ist Scotch Tape ? Und was Bisquick ?«
    Sicher, Peter konnte mich beim Sprechen korrigieren und mir neue Wörter beibringen, aber für manche Sachen gibt es einfach keine richtige Übersetzung.
    Wir versuchten trotzdem unser Bestes. Das Ergebnis war, dass mein Mann unter der Woche eine normal intelligente Erwachsene als Gesprächspartnerin hatte und am Wochenende eine stammelnde Idiotin.
    In den ersten beiden Jahren in Deutschland fielen mir Unterhaltungen in der Gesellschaft von Einheimischen ungemein schwer. Nach einer Stunde konzentrierten Zuhörens schaltete mein Gehirn allmählich auf Durchzug. Und spätestens nach dem Essen war meine Aufnahmefähigkeit völlig erlahmt. An diesen Abenden fragte ich mich oft, wie diese mehrsprachigen Genies übergangslos und ohne zu ermüden von einer Sprache in die nächste wechseln können.
    »Honey, ist heute Abend jemand in der Runde, der Englisch kann?«, lautete damals meine erste Frage vor solchen Anlässen.
    Für mich war es immer eine große Erleichterung, wenn jemand dabei war, der meine Muttersprache beherrschte. Wie jeder Sprachanfänger machte ich die Erfahrung, dass man mit höchster Konzentration durchaus einer Unterhaltung in der Fremdsprache folgen kann, doch irgendwann kommt der Punkt, an dem man eine Pause benötigt. Dann beginnt das Gehirn zu streiken, weil es dringend eine Unterbrechung von dem ganzen Gebrabbel braucht, das die anderen für eine zusammenhängende Sprache halten. Zudem möchte ich gerne selbst etwas zur Unterhaltung beitragen, aber das nur in einer Sprache, die ich beherrschte. Irgendwann war ich es nämlich leid, mich wie ein Erstklässler im Körper einer Dreißigjährigen anzuhören.
    Wir Amerikaner scheinen uns zwar recht gut in unserer Muttersprache ausdrücken zu können, aber bei Fremdsprachen versagen wir jämmerlich. Während die USA in mancher Hinsicht sehr fortschrittlich sind, tun sich andererseits Bildungslücken auf, die uns, weltwirtschaftlich betrachtet, zurückwerfen.
    So setzen amerikanische Geschäftsleute sehr oft stillschweigend voraus, dass der Geschäftspartner aus Übersee Englisch sprechen kann. Ist dies nicht der Fall, versuchen sie in den meisten Fällen, das Verständigungsproblem durch lautes Reden wettzumachen. Außerdem wird der Gesprächspartner schnell als beschränkt abgetan, wenn er nur gebrochen Englisch spricht. Ist das Englisch des ausländischen Geschäftspartners

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