Dear Germany - Dear Germany - Life without a top sheet
für britische Autoterminologie: Mein britisches englisch sprechendes Navigationsgerät fordert mich häufig auf, dem parallel carriageway zu folgen. Als ich das zum ersten Mal hörte, entgegnete ich der freundlichen britischen Stimme: »Ich würde der Aufforderung ja gerne nachkommen, wenn ich bloß wüsste, was ein parallel carriageway ist und wo ich ihn finde.« Inzwischen habe ich herausgefunden, dass die freundliche Stimme damit einfach eine Fahrbahn meint, die im amerikanischen Englisch lane genannt wird.
Nachdem ich die Britisch-Übungen schließlich durchgearbeitet hatte, meldete ich mich zur schriftlichen Prüfung an. Ich bekam eine Einladung zum Test, der, wie sich herausstellte, mitten in einem Industriegebiet stattfand. Da ich noch nicht selbst fahren durfte, musste ich den Bus nehmen, was eine weitere Herausforderung für mich war, weil ich mich bisher nur in Zug und Straßenbahn getraut hatte. Doch ich fand das Gebäude relativ problemlos und betrat es mit lautem Herzklopfen. Drinnen war es düster, kahl und entmutigend. Gemeinsam mit vielen anderen Ausländern sowie ein paar deutschen Teenagern wartete ich vor dem Prüfungsraum. Als es losging, stellte ich zuallererst sicher, dass ich den Test auch wirklich in der englischen Version erhielt. Dann nahm ich Platz und fing an. So schnell wie möglich wollte ich es hinter mich bringen, und dann nichts wie raus … Puh, geschafft! Ich gab dem Prüfer meine Unterlagen, der sie mit roter Tinte korrigierte. Zwei Fehler. Fünf durfte man haben. Hurra, bestanden! Ich schwebte aus dem Gebäude, als wäre mir eine ganze Wagenladung Steine vom Herzen gefallen. Draußen holte ich als Erstes mein Handy raus und rief überglücklich Peter und anschließend auch meine Kollegen von CBS in London an, denen ich in den letzten Tagen ständig mit meiner Prüfungsangst in den Ohren gelegen hatte. Als ich auch noch den richtigen Bus zurück erwischte, fühlte ich mich, als hätte ich das Goldene Lenkrad gewonnen.
Allerdings hielt dieses Gefühl nicht lange an, da die schriftliche Prüfung das weitaus kleinere Übel war. Jetzt war der praktische Teil an der Reihe. Das bedeutete, einen Wagen mit Schaltgetriebe zu fahren. Für Amerikaner ist das eine echte Herausforderung, weil 99 von 100 Autos in den USA Automatikwagen sind. Meine deutschen Bekannten dagegen sind größtenteils der Meinung, dass nur eine manuelle Gangschaltung etwas mit richtigem Autofahren zu tun hat. Offenbar haben die Deutschen eine gänzlich andere Auffassung von Fahrvergnügen als wir.
Mir wurde gesagt, dass man, wenn man die Fahrprüfung in Deutschland in einem Wagen mit Automatikgetriebe ablegt, nur Automatik fahren darf. Das fand ich eher unpraktisch und beschloss, es den Einheimischen gleichzutun. Glücklicherweise hatte ich in meinem früheren Leben in den Staaten mal einen Wagen mit Gangschaltung gefahren und wusste zumindest, wie man kuppelt, auch wenn das schon einige Jahre zurücklag.
Die Fahrschule war in der Kölner Innenstadt und mein Fahrlehrer ein junger Mann, der einmal als Austauschschüler in Michigan gewesen war. Das hatte den Vorteil, dass wir uns auf Englisch unterhalten konnten, wenn es auf Deutsch Verständigungsschwierigkeiten gab. Vor meiner ersten Fahrstunde in einer deutschen Großstadt hatte ich ziemlichenBammel, aber ich schlug mich wohl ganz gut. Am Ende teilte mir mein Fahrlehrer mit: »Sie brauchen keine weiteren Fahrstunden. Sie können Auto fahren.« Das hätte ich ihm auch vorher sagen können, aber die Bürokratie sah das anders. Dann kam der erlösende Satz von ihm: »Wir werden Sie zur Fahrprüfung anmelden.« Fahrvergnügen, here I come!
Zwei Wochen später war der große Tag: die praktische Führerscheinprüfung. Mein Fahrlehrer erwartete mich bereits am Treffpunkt, und kurz darauf näherte sich ein Mann in bayerischer Tracht. Er trug eine Bundlederhose, Kniestrümpfe und einen Tirolerhut mit Gamsbart. Mitten in Köln. Und es war nicht Oktoberfest. Mr. Lederhosen entpuppte sich selbstverständlich als mein Fahrprüfer. Mein Mut sank sofort. Wahrscheinlich war er ein erzkonservativer Bayer, der von Frauen am Steuer wenig hielt. Ich versuchte, mich nicht von ihm aus der Ruhe bringen zu lassen, setzte mich hinter das Steuer, stellte die Spiegel ein und wartete, dass mein Fahrlehrer und der Prüfer zu mir in den Wagen stiegen. Als Mr. Lederhosen auf dem Rücksitz Platz genommen hatte, überprüfte ich extra für ihn nochmals alle Spiegel. Die unnatürliche Stille,
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