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Deathbook (German Edition)

Deathbook (German Edition)

Titel: Deathbook (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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Es gab drei Fenster, pro Raum eines. Sie saßen hoch in der Wand, fast schon unter der Decke, und sie waren schmal und vergittert. Die Gitter waren nicht von außen vorgeschraubt, sondern in den Beton des Mauerwerks eingelassen. Wie es sich gehörte. Tageslicht gab es hier unten kaum, und nur in der Zeit zwischen dreizehn und vierzehn Uhr schien für eine bestimmte Zeit die Sonne herein. Er schätzte, dass es zum Winter hin weniger werden würde, er war aber noch nicht lange genug hier, um es zu wissen. Wahrscheinlich würde er nicht lange genug hierbleiben.
    Die Bude war möbliert angeboten worden. Von den wenigen billigen Pressholzmöbeln ging ein klammer Geruch aus. Schon nach wenigen Tagen hatte sich dieser Geruch in seinen Haaren, seiner Haut und in seiner Kleidung festgesetzt.
    Das alles ertrug er, weil er einen Auftrag hatte. Weil er dem Tod auf der Spur war. Weil es nur so ging. Hatte nicht auch Jesus ein solches Leben auf sich genommen, weil er einen Auftrag gehabt hatte? Anders, ja schon, aber irgendwie ging es damals doch auch um den Tod.
    In seiner Wohnung angekommen, warf er die Aldi-Plastiktüte auf den billigen Tisch. Er setzte Kaffee auf, kehrte an den Tisch zurück und nahm die acht verschiedenen, überregionalen Tageszeitungen heraus. Jede hatte er an einem anderen Kiosk gekauft und natürlich erst gegen Abend, die letzten Exemplare. Es sollte ja nicht so aussehen, als hätte er ein übersteigertes Interesse an den neuesten Meldungen. Und für ihn waren sie auch am Abend noch interessant.
    Er breitete die erste Zeitung auf dem Tisch aus und begann zu blättern. Das meiste interessierte ihn nicht. Er hatte sich angewöhnt, querzulesen, sodass jede Seite nicht mehr als zwanzig Sekunden in Anspruch nahm. Nachdem er die erste Zeitung durchhatte, holte er sich einen Kaffee. Im Stehen, immer wieder an der Tasse nippend, arbeitete er die anderen Zeitungen durch. Als er bei der fünften angelangt war, hielt er plötzlich inne und richtete sich auf.
    Hatte er da nicht etwas gehört?
    Ein Geräusch?
    Eine Art Schaben an der Tür?
    Er ging hinüber, legte sein Ohr an das massive Holz und lauschte. Manchmal kamen Katzen in den Kellerabgang hinunter und kackten ihm direkt vor die Tür.
    Das Geräusch wiederholte sich nicht. Dafür sah er einen Schatten am Fenster vorbeihuschen. Hastig drückte er sich mit dem Rücken gegen die Tür, damit er vom Fenster aus nicht gesehen werden konnte. Dort wartete er ab. Er hatte über der Spüle an der gegenüberliegenden Wand einen Spiegel angebracht. In einem Winkel, der es ihm nun erlaubte, das Fenster im Auge zu behalten, ohne dass man ihn sehen konnte.
    Ja. Da war jemand.
    Jemand war vor dem Fenster stehen geblieben. Er sah ein paar Beine in Jeans und schwarze Lederschuhe. Warum verharrte die Person so lange dort? Sein Atem ging flach, Schweiß brach ihm aus. Er konnte nicht einfach abwarten. Er ging auf die Knie, legte sich bäuchlings auf den Boden und robbte durch den Wohn- und Schlafraum zum Bad hinüber. Der kleine Raum besaß eine feuerfeste Stahltür, weil es früher einmal ein Raum für Heizöltanks gewesen war. Dort war er in Sicherheit.
    Bevor er das Bad erreichte, verschwanden die Beine vor dem Fenster. Er blieb noch einen Moment liegen und wartete ab. Schließlich stand er auf. Nach und nach beruhigte sich sein Herzschlag und er konnte sich wieder seinen Zeitungen widmen.
    Leider fand er keine Meldung, die interessant klang.
    Am Ende zog er die Zeitung von vor neun Tagen heran.
    Las den Artikel, den er schon zigmal gelesen hatte, erneut.
    Von dem Mädchen, das unter mysteriösen Umständen auf den Bahngleisen ums Leben gekommen war.

T homas Resing war müde und fühlte sich, als würde er eine Grippe bekommen. Am liebsten wäre er im Bett geblieben und hätte die Schule geschwänzt, aber in diesen Dingen war seine Mutter unnachgiebig. Sie durchschaute es sofort, wenn er übertrieb und sich krank stellte.
    Also verließ er um halb acht mit mieser Laune und ohne Frühstück das Haus. Vor der Tür stopfte er sich die Ohrhörer in die Gehörgänge und spielte auf seinem Smartphone das neue Album von Rihanna ab. So laut, dass er seine Umgebung nicht mehr hören konnte. Mit den Händen in den Taschen und gesenktem Kopf trottete er zur Bushaltestelle. Ein paar Schüler und eine Handvoll anderer Leute standen dort bereits und warteten. Er stellte sich etwas abseits hin.
    Als der Bus in die Haltestelle einfuhr, überlegte er kurz, ob er einfach stehen bleiben sollte,

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