Deathkiss - Suess schmeckt die Rache
spielte, doch auf Dauer würde sie das nicht retten.
Ihre Kammer war mit einem Schrank, einer Camping-Toilette und einer Pritsche ausgestattet. Der Entführer hatte ihr einen Schlafsack gegeben, dazu ein Kissen ohne Bezug, das sie jedoch nicht benutzte, weil es unangenehm roch. Auf den moderigen Dielen lag ein großer Flickenteppich.
Die Fenster waren von außen mit Brettern vernagelt, nur durch ein Dachfenster konnte sie ein winziges Stückchen Himmel sehen und bekam ein wenig frische Luft. Ohne diese Luke wäre sie sicher vor Hitze umgekommen, denn die Holzwände waren nicht isoliert, so dass es die meiste Zeit brüllend heiß war.
Jetzt war es Nacht. Sie glaubte einen Schimmer von Mondlicht wahrzunehmen, doch abgesehen davon war es dunkel. Und still. Nur das Summen und Zirpen von Insekten war von draußen zu hören.
Der Kerl vollzog wieder einmal sein abscheuliches Ritual. Dani beobachtete ihn durch die Türritze.
Der Ablauf war jeden Abend der gleiche: Zuerst zündete er mit dem Butangasfeuerzeug das Feuer im Kamin an. Die gleiche Art Feuerzeug benutzte ihr Dad immer, um den Grill anzuzünden.
Als sie an ihren Dad dachte, krampften sich ihre Eingeweide zusammen, und sie konnte nur mühsam die Tränen zurückhalten. Sie schloss die Augen. Was, wenn er sie nicht fand? Wenn dieser Perverse seine Spuren so gründlich verwischt hatte, dass nicht einmal ihr Vater – trotz all seiner Erfahrungen als Jäger und Fährtensucher und seiner Ausbildung in der Spezialeinheit der Army – herausbekam, wo sie steckte?
Wo mochte er jetzt sein, ihr Dad? Suchte er noch nach ihr? Oder hatte er bereits aufgegeben? Nein … Das täte er nicht. Travis Settler setzte ganz sicher Himmel und Hölle in Bewegung, um sie zu finden. Wenn er doch nur bald käme. Inzwischen wünschte Dani sich inbrünstig, sie wäre nie auf die Idee gekommen, nach ihren leiblichen Eltern zu forschen. Damit hatte alles angefangen … Es war ihre Schuld.
Sie blinzelte gegen die Tränen an und ermahnte sich selbst, sich zusammenzureißen. Sie musste sich darauf konzentrieren, wie sie diesen Spinner überlisten konnte.
Er setzte inzwischen nebenan sein Ritual fort.
Das vergilbte Zeitungspapier und die dünnen Zweige im Kamin fingen augenblicklich Feuer. Gierige Flammen schlugen höher und leckten an dem Anmachholz und den kleinen Scheiten, die er auf den Rost geschichtet hatte.
Zufrieden legte er das Feuerzeug wieder auf den Kaminsims, stand barfuß da und betrachtete sich im Spiegel.
Dann folgte der wirklich sonderbare Teil: Er begann sich vor dem prasselnden Feuer langsam auszuziehen, beinahe als führte er einen bizarren Striptease auf. Nur für sich selbst, ohne weiteres Publikum.
Dani hatte natürlich noch nie einen richtigen Striptease gesehen, wusste aber alles Wichtige darüber von einer Freundin, deren alleinerziehende Mutter zum vierzigsten Geburtstag die Vorführung eines Strippers geschenkt bekommen hatte. Der Mann war zu der Feier ins Haus gekommen, hatte gesungen und sich dabei entkleidet. Danis Freundin hatte gesagt, es sei richtig ekelhaft gewesen, obwohl der Stripper ein heißer Typ in den Zwanzigern war. Er hatte die Krawatte, Smoking, Hemd und alles bis auf einen kleinen Stringtanga abgelegt.
Als Dani jetzt ihrem Entführer zusah, konnte sie der Freundin nur beipflichten. Trotzdem beobachtete sie ihn fasziniert. Was in diesem Spinner vorgehen mochte?
Zuerst knöpfte er sein Hemd auf und ließ es, ohne den Blick vom Spiegel zu wenden, zu Boden fallen. Als Dani seinen Rücken sah, schnappte sie wieder einmal nach Luft. Der Anblick war grauenhaft: Die Haut war vernarbt, von glänzenden Brandmalen bedeckt, und schien zu straff gespannt, währen der übrige Körper makellos und durchtrainiert aussah. Was war dem Mann zugestoßen? Und warum führte er sich so sonderbar auf?
Jetzt öffnete er den Reißverschluss seiner Jeans, ließ sie an den Beinen hinuntergleiten und stieß sie mit den Füßen zur Seite. Eine Unterhose schien er nicht zu tragen, oder er hatte sie zusammen mit der Jeans abgestreift. Dann stand er nackt da, dem Feuer zugewandt, mit dem Rücken zu Dani. Sein Körper war gebräunt bis auf den vernarbten Rücken und den muskulösen Hintern.
Dieser Mann war topfit, das war nicht zu übersehen. Straffe Haut, kein Gramm Fett, ein gestählter, durchtrainierter Körper, nur dass die Schultern und der halbe Rücken von diesen grauenhaften Verbrennungen entstellt waren. Sein Gesicht jedoch war unversehrt und auf brutale
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