Deathkiss - Suess schmeckt die Rache
Überhaupt, seit wann bist du eigentlich so versessen auf Regeln? Das sieht dir gar nicht ähnlich.«
Er stand an der Tür, der sprichwörtliche Fels in der Brandung.
»Entweder du hilfst mir, oder ich ziehe die Sache im Alleingang durch«, drohte sie und ging zum Nachttisch, wo das Telefon stand. »Ich kann Nate anrufen. Er würde bestimmt sofort herkommen. Oder ich rufe mir ein Taxi. Oder aber du fährst mich einfach dahin, wohin ich will.« Sie hob den Hörer ab.
Shea gab es auf. »Scheiße! Warum musst du nur so verflucht dickköpfig sein?«
»Ich bin eben eine Flannery«, versetzte sie. Die Pferde mochten in Sicherheit sein und die Hunde gut versorgt, in diesen Dingen hätte sie sich auf andere verlassen können. Aber ihre Tochter war verschwunden. Sie konnte nicht tatenlos herumsitzen.
»Schön. Du hast gewonnen«, knurrte Shea. »Ich kümmere mich um den Papierkram für deine Entlassung. Aber du sprichst selbst mit den Ärzten, lässt dir Anweisungen geben und Rezepte. Danach fahre ich dich nach Hause, damit du deine Sachen holen und dich umziehen kannst. Wenn du unbedingt mit Settler reden willst, dann doch nicht ausgerechnet im Krankenhaushemd.«
»In Ordnung.« Shannon musste sich eingestehen, dass er recht hatte. Wenn Settler sie in diesem Aufzug sah, würde er glauben, sie sei nicht ganz bei Verstand.
»Und noch etwas«, fuhr Shea fort. »Ich kenne den Kerl nicht, und ich traue ihm nicht über den Weg. Also werde ich dich auf keinen Fall einfach bei ihm absetzen. Wir gehen zusammen. Das ist meine Bedingung.«
Ohne zu zögern, legte Shannon den Hörer wieder auf. »Einverstanden.«
Es war an der Zeit, dass sie Travis Settler persönlich kennenlernte.
11.Kapitel
T ravis schaltete das Licht in seinem kleinen Motelzimmer aus, öffnete die Jalousien und sah aus dem Fenster. Am anderen Rand des asphaltierten Platzes stand hinter einer Reihe Minivans, Limousinen und Geländewagen ein neutrales Polizeiauto an der Straße. Derselbe silberne Ford Taurus, der ihn schon früher am Tag verfolgt hatte. Sehr unauffällig, dachte er stirnrunzelnd. Er schloss die Jalousien wieder, stellte die Klimaanlage auf höchste Stufe, schaltete den Fernseher ohne Ton ein und warf sich auf das Bett.
Was um alles in der Welt hatte sich auf Shannon Flannerys Grundstück abgespielt?
Ganz offensichtlich ging es hier um mehr als nur um Brandstiftung – jemand hatte das Feuer ganz gezielt gelegt, um Shannon in eine Falle zu locken. Sie war so darauf konzentriert gewesen, ihre Tiere zu retten, dass der Angreifer ein leichtes Spiel hatte.
Travis wischte sich den Schweiß von der Stirn. War es nicht auch denkbar, dass der Überfall gar nicht geplant war? Dass der Brandstifter, als Shannon ihm in die Quere kam, in Panik geraten war und sie niedergeschlagen hatte, um dann zu flüchten … Nein, dachte Travis. Hier steckte bedeutend mehr dahinter.
Was wusste er über Shannon Flannery? Zunächst einmal war sie Danis leibliche Mutter. Sie war nie mit dem Vater verheiratet gewesen, und das Kind hatte sie zu einer privaten Adoption freigegeben, abgewickelt über die Anwaltskanzlei Black, Rosen und Tallericco, die sich vor mehr als zehn Jahren aufgelöst hatte.
Darüber hinaus wusste er, dass sie vor Gericht gestanden hatte, weil sie beschuldigt wurde, ihren Mann ermordet zu haben. Den Aussageprotokollen zufolge war die Ehe unglücklich gewesen, und Ryan Carlyles Frau hatte per einstweiliger Verfügung erwirkt, dass er sich ihr nicht mehr nähern durfte. Gerüchte über Affären waren im Umlauf, Spekulationen, er sei ein unter dem Namen ›der unsichtbare Feuerteufel‹ bekannter Verbrecher, denn mit seinem Tod war eine Serie von Brandstiftungen plötzlich abgerissen.
Manche glaubten, Carlyle habe den Waldbrand, in dem er ums Leben kam, selbst gelegt und sei dann von den Flammen eingeschlossen worden, möglicherweise weil er beim Rückzug gestürzt war und sich verletzt hatte.
Andere glaubten, seine Frau habe es satt gehabt, von ihm betrogen und misshandelt zu werden, habe ihn in den Wald gelockt, dort irgendwie außer Gefecht gesetzt und dann Feuer gelegt. Tatsache war: Die Flammen hatten Ryan Carlyle zur Unkenntlichkeit verbrannt, gut zweihundert Hektar kalifornischer Wildnis vernichtet und drei Feuerwehrmänner in die Notfallambulanz gebracht.
Und was hat all das nun mit Dani zu tun?
Nichts! Überhaupt nichts!
Er war auf der falschen Fährte.
Travis streckte sich quer über das Bett aus, öffnete den Minikühlschrank, der
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