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Deborah Crombie - 03 Und Ruhe in Frieden 04 Kein Grund zur Trauer

Titel: Deborah Crombie - 03 Und Ruhe in Frieden 04 Kein Grund zur Trauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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bin die einzige hier, die wirklich um Matty getrauert hat, den kleinen Jungen, der frech und albern sein konnte und manchmal nachts bei Licht schlafen mußte, weil seine Träume ihm angst gemacht haben. Ihr habt nur ein Idealbild verloren.« Julias Blick flog zu Vivian Plumley, die kerzengerade und ohne eine Bewegung auf ihrem Platz saß. »Entschuldige, Plummy, das ist dir gegenüber nicht fair. Du hast ihn auch geliebt - du hast uns beide geliebt, so wie wir waren.
      Und Tommy - so krank ich damals war, ich erinnere mich noch genau, wie er hierher kam, und jetzt kann ich verstehen, was ich damals nur fühlte. Er hat bei mir gesessen und versucht, mich zu trösten, so gut er konnte, aber du warst die einzige, die ihn hätte trösten können, Mama, und du hast dich geweigert, ihn zu sehen. Du warst zu sehr damit beschäftigt, die tragische Heldin zu spielen. Er hätte Besseres verdient gehabt.«
      Mit zwei blitzschnellen Schritten überbrückte Caroline den Raum, der sie von Julia trennte. Sie hob die offene Hand und schlug ihre Tochter ins Gesicht. »Untersteh dich, so mit mir zu sprechen. Du weißt gar nichts. Du machst dich nur lächerlich mit dieser überdrehten Szene. Du machst uns alle lächerlich, und das lasse ich mir in meinem Haus nicht bieten.«
      Julia wich nicht zurück. Obwohl ihr die Tränen in die Augen sprangen, sagte sie nichts und hob auch nicht die Hand, um die weiße Stelle an ihrer Wange zu berühren.
      Vivian Plumley ging zu ihr und legte ihr behutsam den Arm um die Schultern. Sie sagte: »Vielleicht war es an der Zeit, daß endlich jemand eine Szene macht, Caro. Wer weiß, was hätte vermieden werden können, wenn diese Dinge schon vor langer Zeit einmal ausgesprochen worden wären.«
      Caroline trat zurück. »Ich wollte dich nur schützen, Julia. Immer. Und dich, Gerald«, fügte sie hinzu, sich ihrem Mann zuwendend.
      Müde sagte Julia: »Du hast dich selbst geschützt, von Anfang an.«
      »Es war doch alles gut, so wie es war«, sagte Caroline. »Warum sollte sich etwas ändern?«
      »Es ist zu spät, Mama«, entgegnete Julia, und Kincaid hörte eine unerwartete Schwingung des Mitleids. »Siehst du das denn nicht?«
      Mit flehender Geste trat Caroline zu ihrem Mann. »Gerald -«
      Er sah weg.
      In der folgenden Stille peitschte ein Windstoß prasselnden Regen an das Fenster, und das Feuer flackerte. Kincaid sah Gemma an. Er nickte kaum merklich, und sie verließ ihren Platz, um sich neben ihn zu stellen.
      »Es tut mir leid, Dame Caroline«, sagte er, »aber ich muß Sie bitten, mit uns nach High Wycombe zu kommen und Ihre Aussage zu Protokoll zu geben. Sie können in Ihrem eigenen Wagen mitkommen, wenn Sie möchten, Sir Gerald, und auf Ihre Frau warten.«
      Julia sah ihre Eltern an. Welches Urteil würde sie über sie sprechen, fragte sich Kincaid, jetzt, da sie sich als nur allzu fehlbare menschliche Wesen gezeigt hatten?
      Zum erstenmal griff Julia sich an ihre Wange. Sie ging zu ihrem Vater und berührte flüchtig seinen Arm. »Ich warte hier auf dich, Daddy«, sagte sie. Dann wandte sie sich ab und ging ohne einen Blick zu ihrer Mutter aus dem Zimmer.
      Als sie in High Wycombe angerufen und das Nötige veranlaßt hatten, entschuldigte sich Kincaid und verließ das Wohnzimmer. Oben, im zweiten Stockwerk angekommen, blieb er einen Moment stehen, um Atem zu holen, dann klopfte er leicht an die Tür zu Julias Atelier und öffnete sie.
      Julia stand in der Mitte des Raums. Sie hielt einen offenen Karton in den Armen und sah sich suchend um. »Plummy hat aufgeräumt«, sagte sie, als er hereinkam.
      Der Raum wirkte in der Tat ungewöhnlich sauber und so steril, als hätte die Entfernung von Julias Dingen ihn aller Lebendigkeit beraubt.
      »Es ist eigentlich nichts mehr hier, was ich brauche. Ich wollte mich wohl nur verabschieden.« Mit einer Kopfbewegung beschrieb sie den Raum. »Ich werde nicht wieder hierherkommen. Jedenfalls nicht so wie früher. Das hier war der Zufluchtsort eines Kindes.«
      »Ja«, sagte Kincaid. Sie würde jetzt weitergehen, ihr Leben selbst bestimmen. »Und du wirst zurechtkommen.«
      »Ich weiß.« Sie sahen einander an, und er wußte, daß er sie nicht Wiedersehen würde, daß ihr Zusammenkommen seinen Zweck erfüllt hatte. Auch er würde weitergehen, sich vielleicht ein Beispiel an Gemma nehmen - sie war ebenso verletzt worden wie er, aber sie hatte in der praktischen Art, die er so an ihr bewunderte,

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