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Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen

Titel: Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Blick, bis sie wegsah. Dann stand er auf und sah ostentativ erneut auf die Uhr. »Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen ...«
      »Danke für Ihr Entgegenkommen, Mr. Lowell«, sagte Kincaid leicht sarkastisch und erhob sich ebenfalls.
      Als sie auf die Straße traten, berührte Kincaid Gemma an der Schulter. »Was war denn da drinnen los?«
      Gemma verzog wütend das Gesicht. »Ich kann Männer wie Martin Lowell nicht ausstehen, die sich einbilden, jede Frau müsse ihnen zu Füßen liegen.«
     
    Für Gemma sahen die Heron Quays gegenüber dem mittleren Teil des West India Docks im Vergleich zu der klassischen Silhouette der Canary Wharf geradezu herzerfrischend unkonventionell aus. Der Komplex war moderat in der Höhe, und seine schrägen Dächer, die rosaroten und purpurroten Seitenwände und weißen Balkone erinnerten sie an eine chaotisch angeordnete Ansammlung Schweizer Chalets. Janice hatte ihr erzählt, daß es eines der frühen Docklandprojekte darstellte und daß Lewis Finch seit dem Abschluß der ersten Bauphase in der Mitte der achtziger Jahre dort ein Büro unterhielt.
      Sie gingen am Wasser entlang. »Die Sache mit den Hammonds und den Finchs macht mich neugierig«, gestand Kincaid unvermittelt. »Vor allem, seit Hammond leugnet, etwas gegen die Familie zu haben. Glaubst du, Jo könnte ihre Mutter in diesem Punkt mißverstanden haben?«
      Gemma zuckte die Schultern. »Vielleicht ist er einfach zu höflich, um vor uns sein konservatives Klassenbewußtsein auszubreiten.«
      »Snobismus allein macht keine Familienfehde aus, und Jo Lowell ist nicht der Typ, der so was durcheinanderbringt«, murmelte Kincaid, als er die Tür mit dem Firmenemblem der »Finch Ltd.« aufstieß, dem Gemma bereits überall auf der Insel begegnet war.
      Sie atmete erleichtert auf, als sie das klimatisierte Entree der Firma betraten. Draußen in der Sonne vor der Fassade des Docks herrschten Backofentemperaturen.
      Kincaid nannte einer reichlich hektisch wirkenden Empfangsdame ihre Namen, was ihnen augenblicklich ein freundliches Lächeln einbrachte. Sie wurden nach links und in ein Büro geführt.
      Gemma registrierte als erstes den Blick auf den monumentalen Canada Tower gegenüber dem Dock, der im großen Panzerglasfenster wie ein Bild vor ihr stand. Dann richtete sich ihre Aufmerksamkeit auf den Mann, der mit ausgestreckter Hand auf sie zukam.
      Die Ähnlichkeit war unverkennbar ... und zwar nicht nur in der äußeren Erscheinung, sondern auch in der Persönlichkeit. Lewis Finch hatte dieselbe faszinierende Ausstrahlung, die sie bereits bei Gordon angezogen hatte und die bei Lewis Finch noch deutlich durch die Aura des Machtmenschen verstärkt wurde.
      »Sie haben mich gerade noch erwischt«, begann Finch und schüttelte energisch Kincaids und dann Gemmas Hand. »Bitte setzen Sie sich. Normalerweise bin ich um diese Tageszeit draußen auf den Baustellen, aber die Beamtin, die mich angerufen hat, sagte, es sei dringend.« Er war in Hemdsärmeln, hatte Krawatte und Kragen etwas gelockert, 'was allerdings jene wie selbstverständlich zur Schau getragene, lässige Eleganz nicht im geringsten minderte, die mit Geld und Erfolg einherging.
      Welche Gaben die Natur diesem Mann auch mitgegeben hatte, dachte Gemma, er hatte offenbar das Beste daraus gemacht.
      »Was kann ich für Sie tun, Superintendent?« erkundigte sich Finch und setzte sich hinter seinen Schreibtisch.
      »Sie wissen, daß Annabelle Hammond tot ist?«
      »Ich ... ja. Ich habe es erst heute morgen erfahren ... Ich bin übers Wochenende weg gewesen. Ein schrecklicher Verlust«, sagte er, und aufrichtige Trauer lag in seinen Worten. In diesem Moment wurde Gemma klar, daß Martin Lowell kein Wort des Bedauerns angesichts des Todes seiner Schwägerin über die Lippen gekommen war.
      »Kannten Sie Miß Hammond gut?«
      »Ich weiß nicht, ob irgend jemand Annabelle gut gekannt hat, Superintendent. Sie war eine sehr verschlossene Frau. Aber wir waren seit ungefähr einem Jahr befreundet. Hatten uns bei einer Bürgerversammlung hier auf der Insel kennengelernt.« Finch lächelte bei der Erinnerung daran.
      »Und Sie waren während dieser Zeit intim befreundet?«
      Finch musterte Kincaid. Gemma spürte, daß er plötzlich auf der Hut war. »Wenn Sie damit meinen, daß wir eine sexuelle Beziehung hatten, ja, die hatten wir, wann immer sich die Gelegenheit ergab. Sie müssen wissen, daß Annabelle eine sehr unabhängige

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