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Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen

Titel: Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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eine Adresse.«
      »Wir finden ihn«, versprach Kincaid. »Er muß schließlich im College eine Adresse hinterlassen haben. Aber bis dahin bleibst du in Reading bei deinen Großeltern. Du willst doch sicher nicht, daß deine Großmutter deine Sachen packt, oder?« Er grinste Kit mit Verschwörermiene an, und nach einem Moment lächelte Kit widerwillig zurück.
      »Also gut. Aber ich bleibe nur einen Tag. Ich kann da überhaupt nichts machen, und sie lassen mich nicht mal fernsehen.«
      Kincaid verkniff sich jeden Kommentar. Er erinnerte sich nur zu gut an den sterilen Haushalt in Reading. Trost würde ein unglückliches Kind dort vergeblich suchen. Er ging mit Kit zum Fuß der Treppe, und als Kit zögerte, sagte Kincaid: »Ich komme gleich nach, ja?«
      Er beobachtete, wie Kit die Treppe hinauf verschwand, und von seinem Blickwinkel aus schien der Junge nur aus großen Füßen und langen Beinen zu bestehen. Dann drehte er sich um und schlenderte den Korridor entlang in Vics Arbeitszimmer. Beinahe erwartete er, sie auf ihrem Platz am Computer zu entdecken, und merkte, daß er das Unwiederbringliche noch nicht begriffen hatte. Er konzentrierte sich darauf, sich alles einzuprägen, wie das seine Art war.
      Etwas an ihrem Zimmer kam ihm seltsam vor. Er sah sich weiter um, ohne etwas zu berühren. Dann wußte er, was es war. Am Sonntag war ihr Schreibtisch mit Büchern und Papieren übersät gewesen. Alles hatte nach einem durchaus organisierten Chaos ausgesehen, in dem jedes Ding seinen angestammten Platz hatte. Wo waren die Bücher jetzt? Hatte sie sie weggeräumt? Eines lag mit der Vorderseite nach unten auf dem Boden, seine Seiten waren umgebogen. Vic war geradezu peinlich ordentlich gewesen - sie hätte ein Buch nie so liegenlassen.
      Es sei denn, sagte die unbeteiligte Stimme in ihm, sie hatte sich nicht wohl gefühlt und das Buch von seinem Platz gerissen, als sie aufgestanden war, um sich vielleicht in der Küche ein Glas Wasser zu holen.
      Das wäre eine logische Erklärung, sagte er sich und verdrängte die Gedanken an eine Vic, die krank war, Schmerzen und Angst litt, allein war. Er ignorierte also die Stimme und fuhr mit der Begutachtung ihres Schreibtischs fort. Ein dicker Stapel Manuskriptseiten lag neben dem Computer. Er schloß die Augen und dachte daran, wie es am Sonntag ausgesehen hatte ... Der Stapel war geradezu militärisch gerade gewesen. Jetzt war er schief und krumm. Dann entdeckte er, daß die Reihenfolge der Seitennumerierung nicht mehr stimmte. Er dachte daran, wieviel Vic an ihrem Buch gelegen hatte, und er fühlte, wie sich ihm die Nackenhaare sträubten.
      Er empfand plötzlich Widerwillen bei dem Gedanken, ihr Manuskript hierzulassen, ungeschützt, für jeden einsehbar. Er sah sich nach etwas um, in dem er es transportieren konnte. Auf dem Boden lag eine leere Büchertasche aus Leder : Sie erfüllte den Zweck.
      Sorgfältig steckte er die losen Seiten in die Tasche. Dann begann er, wie von einem inneren Zwang getrieben, die alte Holzkiste zu durchsuchen, die Vic offenbar als Aktenablage benutzt hatte. Sie enthielt die Original-Unterlagen für die Biographie, Briefe in einer ihm fremden energischen Handschrift und Vics Notizen, Fotos und sogar ein paar Postkarten. Er steckte all das und was ihm unter den Dingen auf ihrem Schreibtisch sonst noch wichtig schien zum Manuskript in die Tasche, brachte sie zum Wagen hinaus und schloß sie in den Kofferraum ein.
      Wieder in Vics Arbeitszimmer, schaltete er kurz den Computer ein. Offenbar hatte Vic ihre Arbeit auf der Festplatte und nicht auf einer Diskette gespeichert. Aber er hatte keine Zeit, ihre Dateien ordnungsgemäß zu öffnen. Er hatte Kit schon zu lange allein gelassen. Er konnte daher nur hoffen, daß Vics Ausdrucke auf dem neuesten Stand waren.
      Kincaid war schon auf der Treppe, als ihm einfiel, daß er weder seine Notizen über Lydias Akte noch die Durchschläge der von Vic entdeckten Gedichte bei ihren Unterlagen gefunden hatte.
      Kit saß auf seiner Bettkante, eine offene Reisetasche zu seinen Füßen. Als Kincaid hereinkam, hob er den Kopf und sagte tonlos: »Ich weiß nicht, was ich mitnehmen soll.« Das Zimmer hätte das von Kincaid sein können, als er im selben Alter wie Kit gewesen war. Es war voller Bücher, Sportgeräte und Spielsachen. In einem Regal lagen unterschiedliche Vogelnester, in einem anderen eine Steinsammlung.
      Kincaid warf einen Blick in die Tasche und entdeckte auf dem

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