Decker & Lazarus 05 - Du sollst nicht luegen
gesehen?«
Totes keuchte. »Ich … vielleicht ja.«
»Vielleicht ja«, wiederholte Decker. »Carl, haben Sie Lilah Brecht vergewaltigt?«
»Vielleicht ja.«
23
Als Marge und Decker das Dienstzimmer betraten, fiel ihnen sofort der braune Umschlag auf Marges Schreibtisch auf. Sie tauschten einen kurzen Blick. Decker schaute nach oben und sagte: »Lieber Gott, laß uns nicht wie Idioten dastehen.«
Marge lächelte nervös, während sie den versiegelten Umschlag aufriß und ein Blatt Papier herausnahm. Dann legte sie eine Hand auf ihre Brust. »Puh«
»Ist es Totes?«
Marge nickte und reichte ihm das Blatt. »Travers schreibt, er hat seine Tests mit Glanz und Gloria bestanden. Eine Sorge weniger.«
Mike Hollander kam mit einer Papiertüte in der Hand in das Dienstzimmer und steuerte sofort auf die Kaffeemaschine zu. »Wie ist die Vernehmung gelaufen?«
»Kein eindeutiges und klares Geständnis«, sagte Decker, während er den Laborbericht durchblätterte.
»Aber wir haben die Bestätigung von Buck Travers bekommen. Das ist mir allemal wichtiger als ein Geständnis.«
»Entweder haben wir es mit einem sehr verwirrten Stallburschen zu tun«, sagte Decker, »oder mit einem gewieften Schauspieler.«
»Das sind alles Schauspieler, Rabbi.« Hollander trug seinen Becher zum Schreibtisch und setzte sich hin. »Schäm dich, auf deine alten Tage so milde zu werden.«
Marge setzte sich ebenfalls. »Ich bin Petes Meinung. Ich halte Totes für ziemlich verwirrt … so einer von diesen echt Verrückten, die einen Blackout kriegen, wenn sie ein Verbrechen begehen.«
»Eine dissoziative Reaktion …«, sagte Decker.
Marge lachte. »Wir haben uns wohl schlau gemacht.«
»Ach nein.« Decker lächelte. »Erinnerst du dich noch an diesen verrückten Freund von mir? Abel Atwater? Sein Psychologe bezeichnete seine Blackouts immer als dissoziative Reaktionen.«
»Yeah, so reden die Psychologen, damit sie von Medical reichlich abkassieren können.« Hollander zog ein Doughnut aus der Tüte und biß hinein. Krümel rieselten ihm auf den Schoß. »Für eine Blackout-Diagnose würde der Staat nicht zahlen. Sonst würden sich die Psychofritzen ja an den Besoffenen dumm und dämlich verdienen.« Er biß noch einmal in sein Doughnut und redete mit vollem Mund weiter. »Deine Tochter hat angerufen, Rabbi. Ich hab dir die Nummer auf den Schreibtisch gelegt.«
»Danke, Mike.« Decker verschränkte die Arme über der Brust und lehnte sich gegen Marges Schreibtisch. Er war nicht glücklich damit, daß Totes der Übeltäter sein sollte. In früheren Fällen war er schon mit viel weniger Beweismaterial zum Bezirksstaatsanwalt gegangen und hatte ein gutes Gefühl dabei gehabt. Doch es war schließlich nicht seine Aufgabe, ein Urteil zu fällen. Er mußte Beweismaterial sammeln und vorlegen. »Die Vernehmung hat nur vierzig Minuten gedauert. Also kann uns keiner vorwerfen, wir hätten den Verdächtigen ermüdet, oder gar von polizeilicher Brutalität sprechen. Ich glaube, wir haben genug für die Grand Jury.«
»Ich ruf den Staatsanwalt an«, sagte Marge.
»Wo wir jetzt die Testergebnisse haben, müßte sich auch jemand darum kümmern, daß er eingebuchtet wird.«
»Das kann ich machen.« Hollander leckte sich die Finger ab. »Soll ich ihm einen Anwalt besorgen?«
»Das Gericht wird ihm automatisch einen zuteilen, sobald er offiziell angeklagt ist. Ich möchte erst Cindy anrufen. Dann ruf ich in Burbank an und frag, wie weit die mit dem Mord an Merritt sind. Wir haben Totes für die Vergewaltigung von Lilah, aber das erklärt noch nicht den Diebstahl oder den Mord an Merritt.«
»Ich werd einen Durchsuchungsbefehl für den Stall besorgen«, sagte Hollander. »Könnte ja sein, daß Totes dort was von dem Zeug versteckt hat.« Er hob seinen stattlichen Hintern vom Stuhl. »Ich helf ja gerne, solange mein Herz dabei nicht überstrapaziert wird.«
»Warum machst du nicht mal ’ne Diät?« fragte Marge.
»Ich bin auf Diät, Margie.«
»Auf Diät?« Marge runzelte die Stirn. »Mike, du hast gerade ein Doughnut in drei Bissen verputzt.«
»Ich weiß.« Er leckte sich erneut die Finger. »Aber das war eins ohne Marmelade drin.«
Decker telefonierte vom Umkleideraum aus, weil er dort ungestörter war als im Büro, wo alle zuhörten und so taten, als kriegten sie nichts mit. Cindy nahm beim dritten Klingeln ab.
»Hi, Prinzeßchen. Wie ist die Prüfung gelaufen?«
Sie brach in Tränen aus. Decker spürte, wie sich ihm der Magen
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