Decker & Lazarus 05 - Du sollst nicht luegen
gesetzt hatte, konnte ihn niemand mehr aufhalten.«
»Was machte er mit den Föten?« fragte Marge.
»Wollen Sie das genau wissen?«
»Ja«, sagte Marge.
»Er zermahlte sie und jagte die Zellen durch eine französische Presse, um sie zu öffnen. Dann wurde die DNA eliminiert und Enzyme und Proteine getrennt, um solche embryonischen Enzyme zu lokalisieren und isolieren, die möglicherweise bei Empfängern von Implantaten ein Abstoßen des Fremdkörpers verhindern.«
»Ich mußte das fragen«, sagte Marge.
»Embryogewebe – besonders in den frühen Entwicklungsstadien – ist unspezifisch«, sagte Reed. »Die Zellen haben die erstaunliche Fähigkeit, überall zu wachsen, ohne abgestoßen zu werden … vielleicht sollte ich Ihnen ein Beispiel geben.«
»Aber bitte ein kurzes, Doctor«, sagte Decker.
»Natürlich.« Reed räusperte sich. »Mal angenommen, Sie brauchen eine Niere, und ich kann eine Niere spenden. Aber das bedeutet noch lange nicht, daß Ihr Körper meine Niere annehmen wird.«
»Sie muß kompatibel sein«, sagte Marge.
»Genau!« sagte Reed. »Embryogewebe ist anders als Ihr Gewebe und als mein Gewebe. Ich kann es irgendwo in Ihren Körper injizieren, und … es besteht eine gute Chance, daß Ihr Körper es nicht abstößt, weil es nicht als fremd empfunden wird. Es ist unspezifisch. Wir beginnen alle als einzelne Zelle, der sogenannten Zygote. Während der Gestation differenzieren sich die Zellen, obwohl sie alle die gleiche DNA-Komponente haben. Ein Prozeß, den wir noch nicht so ganz verstehen. Die Zellen werden aufgefordert, Gehirnzellen oder Hautzellen oder Nierenzellen zu werden. Wenn man nun unspezifisches Embryogewebe in ein Organsystem injiziert, wird es Teil des jeweiligen Systems. Was ist nun das Besondere an Embryogewebe, daß unser Körper es akzeptiert und aufnimmt? Das ist – war es, woran King gearbeitet hat.«
Marge sah Decker an. »Das meiste hab ich verstanden. Komm mir richtig schlau vor.«
»Es klingt komplizierter, als es ist«, sagte Reed. »Ich werd’s mal vereinfachen …«
»Doctor Reed, wir brauchen nicht sämtliche medizinischen Details zu kennen«, sagte Decker. »Halten wir einfach mal fest, daß Dr. Merritt illegal mit Embryonen gearbeitet hat. Wie lange forschte er schon auf diesem Gebiet?«
»Seit Jahren. Er hat einige unglaubliche Entdeckungen gemacht! Aber er konnte seine Ergebnisse nicht publizieren, weil seine Forschungen illegal waren.«
»Warum wirkte er dann in letzter Zeit noch besessener als sonst?« fragte Decker. »Wurde ihm die Sache allmählich zu heiß? Kriegte er böse Briefe von Abtreibungsgegnern?«
»Nein, nein … zumindest nicht daß ich … es gibt immer gewisse Feindseligkeiten, wenn man Abtreibungen macht, aber …« Reed setzte sich wieder hin. »Es ging um’s Geld. Er brauchte es absolut dringend. Forschung ist teuer – all die Maschinen, die teuren Chemikalien und die ganzen Tiere, die er kaufen mußte. Das trieb ihn fast in den Ruin. Aber das war nichts Neues. Kingston hat seine Forschungen immer mit Ach und Krach finanziert. Aber er hatte das Gefühl, daß er vor einer wichtigen Entdeckung stünde. Und er brauchte Geld, um weiter daran zu arbeiten. Deshalb hat er mich wegen eines Kredits angerufen.«
»Und haben Sie ihm was gegeben?« fragte Marge.
»Ja, hab ich. Genau gesagt zwanzigtausend Dollar. Aber das war nicht genug.« Reed schüttelte den Kopf. »Ich will absolut ehrlich zu Ihnen sein. Das Geld war nicht der einzige Grund, weshalb er mich anrief. Er wollte mich aushorchen. Mutter hatte ihm einen Vorschlag gemacht.«
»Was für einen Vorschlag?« fragte Decker.
»Das … ich weiß es nicht. Ganz ehrlich, sobald ich hörte, daß es von Mutter kam, hab ich King geraten, die Finger davon zu lassen. Ich selbst habe diesen Rat immer befolgt und bin gut damit gefahren. Mutter kann ziemlich heimtückisch sein – sie spielt uns gern gegeneinander aus. King hat mir erzählt, es könnte eine Menge Geld dabei herausspringen – mehr, als sie ihm je gegeben hat.«
»Hat Ihre Mutter Kingston denn häufiger Geld gegeben?« fragte Decker.
»Ab und zu … ein Tausender hier, ein Tausender da. Aber nach dem, was Kingston mir erzählt hat, hatte ich den Eindruck, daß er … einen richtigen Batzen erwartete.«
Decker mußte daran denken, wie Davida davon sprach, wie sie ihren Söhnen dauernd Geld zusteckte. Aber es scheint nie zu reichen. Diese Aasgeier.
»Ich hab King gesagt, wenn es von Mutter käme, könnte es eigentlich
Weitere Kostenlose Bücher