Decker & Lazarus 05 - Du sollst nicht luegen
sagte Marge.
»Wie du schon sagtest, man muß halt wissen, was man fragen soll.«
»Ich glaub, du hast den Kerl gut im Griff, Pete.« Marge warf sich ihre Handtasche über die Schulter. »Und wenn ich jetzt nicht mehr gebraucht werde …«
»Gib mir ungefähr eine halbe Stunde Zeit.«
»Die brauchst du nicht, aber mach mal ruhig.«
Nachdem Marge gegangen war, lehnte Decker sich gegen den Zaun, während Totes mit dem wunderschönen goldbraunen Pferd einige Übungen zum Abkühlen machte. Der Himmel war klar und wolkenlos, die Berge voller wild wachsender Blumen. Während er Totes im Sattel beobachtete, empfand Decker eine gewisse Eifersucht auf die Freiheit des Stallburschen, und auch auf seine Geschicklichkeit. Totes mochte zwar geistig nicht ganz auf der Höhe sein, doch vom Reiten verstand er jede Menge. Nach fünfzehn Minuten beschloß Totes, daß es nun reiche. Er stieg ab, nahm den Sattel herunter und führte das Pferd an den Zügeln um den Korral. Nachdem das Pferd sich genügend abgekühlt hatte, brachte Totes es in den Stall. Decker ging neben dem Pferd her und bewunderte seinen majestätischen Gang.
»Miss Brecht hat sehr schöne Tiere«, sagte Decker, als sie im Stall waren.
Totes nickte und schob das Pferd in die mittlere Box gegenüber von dem Appaloosa. Dann nahm er Striegel und Bürste und wollte sich an die Arbeit machen. Doch er hatte kaum angefangen, da hielt er schon wieder inne, drehte sich um und sah Decker an.
»Sie können sich einen Eimer ranziehen und sich setzen, wenn Sie wollen.«
»Ich steh ganz gerne.«
Totes antworte nicht. Nach einigem Zögern wandte er sich wieder dem Pferd zu.
»Ist Miss Brecht eine gute Reiterin?« fragte Decker.
»Yessir.«
»Ist das ihr Lieblingspferd?«
»Yessir.«
»Wie heißt es?«
»Apollo.«
»Apollo«, wiederholte Decker. »Nach dem Sonnengott.«
Erneut hielt Totes in seiner Arbeit inne und drehte sich zu Decker um. Er nahm seinen Cowboyhut ab, wischte sich mit einem Arm über die Stirn und setzte den Hut wieder auf. Seine Haare waren extrem kurz geschnitten – fast wie Bartstoppeln am späten Nachmittag. Die Augen waren blaßblau. Ihr Blick war leer.
»Apollo ist ein wunderschöner Name«, sagte Decker. »Lilah muß eine sehr erfahrene Reiterin sein, um mit einem Hengst umzugehen. Sie sieht nicht aus, als sei sie schwer genug, um mit ihm fertig zu werden.«
Totes antwortete nicht, sondern striegelte unbeirrt das Tier.
»Wie lange arbeiten Sie schon für Miss Brecht, Carl?«
»Fünf Jahre.«
»Hatte sie die Pferde schon, als Sie kamen?«
»Einige davon.«
»Gab es Apollo schon?«
»Yessir.«
»Wie alt ist er? Ungefähr sechs Jahre?«
»Yessir.« Unbeeindruckt.
»Gab es den Appaloosa schon, als Sie kamen?« fragte Decker. »Er sieht älter aus, vielleicht zwölf oder dreizehn.«
»Zwölfeinhalb.«
»Er ist gut in Schuß.«
»Yessir.«
»Hat Miss Brecht in den fünf Jahren, seit Sie hier arbeiten, mal mit jemandem zusammengelebt?«
Keine Antwort.
»Hat Miss Brecht mal mit ihrem Bruder Freddy zusammengelebt, dem Arzt?«
Totes zögerte, bevor er antwortete. »Nossir.«
»Sehen Sie Miss Brechts Bruder oft hier?«
Ein weiteres Zögern. »Yessir.«
»War er letzte Nacht hier?«
Totes hörte auf zu striegeln, drehte sich aber nicht um.
»Kann mich nicht erinnern.«
»Haben Sie letzte Nacht etwas Ungewöhnliches gesehen?«
»Nossir. Hab ich Ihrer Partnerin schon gesagt.«
»Das weiß ich«, antwortete Decker. »Ich versuche bloß … nun ja … ein paar Dinge rauszukriegen. Haben Sie zufällig während der Nacht irgend jemand in der Nähe von Miss Brechts Haus gesehen?«
Ein weiteres Zögern. »Nossir.«
»Haben Sie zufällig Miss Brecht letzte Nacht gesehen?«
Totes fuhr mit dem Striegeln fort, antwortete aber nicht. Decker wußte nicht, ob er über die Frage nachdachte oder ob er sie nicht mitbekommen hatte. Ihm die Antworten aus der Nase zu ziehen war, wie im Schlamm zu stochern.
»Nachts reitet sie nich, also hab ich sie wohl nich gesehn. Ich seh sie nur, wenn sie reitet.«
»Ernten Sie das Gemüse für die Beauty-Farm?«
Zögern. »Nossir.«
»Wer macht das?«
»Was?«
»Wer erntet das Gemüse für die Beauty-Farm?«
»Einer vom Haus.«
»Kennen Sie einen jungen Mann namens Mike aus der Beauty-Farm?«
»Kenn ich nich, nossir.«
Decker wartete einen Augenblick. »Carl, sahen Sie schon mal einen jungen Mann namens Mike aus der Beauty-Farm Gemüse für Miss Lilah ernten?«
»Ich seh ihn«, sagte Totes. »Aber
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